aa) Verfolgung

 

Tz. 194

Im Bußgeldverfahren gilt (anders als im Strafverfahren) das Opportunitätsprinzip. Die Verfolgung geschieht zwar von Amts wegen, liegt aber im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde, § 47 Abs. 1 OWiG.

 

Tz. 195

Verfolgungsbehörde ist im Falle von § 334 Abs. 1 und 2a HGB das Bundesamt für Justiz, § 334 Abs. 4 HGB. Im Fall des § 334 Abs. 2 HGB nunmehr die neue Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle als zentrale Aufsichtsbehörde über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften. Die Verfolgungsbehörde erlässt einen Bußgeldbescheid (§§ 65, 66 OWiG). Der Betroffene kann gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen (§ 67 OWiG). Ist der Einspruch zulässig, so prüft die Verwaltungsbehörde, ob sie den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt. Hält sie ihn aufrecht, ist eine gerichtliche Entscheidung erforderlich. Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Bonn (Sitz des Bundesamts für Justiz) bzw. das zuständige Amtsgericht am künftigen Standort der Abschlussprüferaufsichtsstelle, dort jeweils der Einzelrichter (§ 68 Abs. 1 OWiG). Das Verfahren richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten (§ 71 Abs. 1 OWiG). Das Gericht entscheidet grundsätzlich durch Urteil, ggf. auch durch Beschluss (§ 72 OWiG). Rechtsmittel ist die Rechtsbeschwerde, deren Zulässigkeit sich nach § 79 Abs. 1 OWiG bestimmt. Zuständig ist das Oberlandesgericht (soweit das Bundesamt für Justiz entscheidet: Köln); das Verfahren ist revisionsähnlich ausgestaltet. Zum Sonderfall des Übergangs vom Bußgeld- zum Strafverfahren vgl. § 81 OWiG.

 

Tz. 196

Bei geringfügigen Verstößen ist gem. § 56 Abs. 1 OWiG auch die Durchführung eines Verwarnungsverfahrens denkbar. In diesem Fall wird das Verfahren beendet, die Tat kann nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist (§ 56 Abs. 4 OWiG). Die Verwarnung wird nur wirksam, wenn der Betroffene sich mit ihr einverstanden erklärt und ggf. ein Verwarnungsgeld von 5–55 EUR entsprechend der Bestimmung der Verwaltungsbehörde freiwillig zahlt (§ 56 Abs. 2 OWiG). Auch eine Verwarnung ohne Verwarngeld ist denkbar. Kosten werden nicht erhoben.

 

Tz. 197

Auch in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft die Tat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zu prüfen. Die Sache kann dann als Strafverfahren durch Anklage an das Strafgericht gebracht werden, welches auch über die Ordnungswidrigkeit mitentscheidet (§ 82 Abs. 1 OWiG). Lässt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung nur unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zu, wird vom Straf- zum Bußgeldverfahren übergegangen (§ 82 Abs. 2 OWiG).

bb) Konkurrenzen

 

Tz. 198

Tateinheit zwischen einzelnen Ordnungswidrigkeiten (§ 19 Abs. 1 OWiG) liegt vor, wenn eine Handlung gegen mehrere Tatbestände, z. B. mehrere Varianten des § 334 Abs. 1 HGB, verstößt. In diesem Fall wird nur eine Geldbuße festgesetzt. Tatmehrheit (§ 20 OWiG) liegt dann vor, wenn mehrere Handlungen gegen einen Tatbestand oder gegen mehrere Tatbestände verstoßen. In diesem Fall werden, ohne dass wie im Strafrecht eine Gesamtstrafe gebildet würde, mehrere Geldbußen festgesetzt und addiert.

 

Tz. 199

Treffen Straftat und eine Ordnungswidrigkeit zusammen, wird gem. § 21 OWiG nur das Strafgesetz angewandt. Dies wird vor allem relevant in Bezug auf die §§ 331, 332 HGB. Es müssen aber nicht dieselben Rechtsgüter betroffen sein. Wird keine Strafe verhängt (Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, §§ 153, 153b, 154 StPO, nicht jedoch nach § 153a StPO) kann die Tat wieder als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden (§ 21 Abs. 2 OWiG).[234] Ein rechtskräftiger Freispruch erstreckt sich jedoch auch auf die Ordnungswidrigkeit.[235]

[234] Waßmer, in: MüKo-BilR, § 334 HGB Rn. 88; krit. Mitsch, in: Senge (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 4. Aufl., München 2014, § 21 OWiG Rn. 31.
[235] Mitsch, in: Senge (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 4. Aufl., München 2014, § 21 OWiG Rn. 21.

cc) Rechtsfolgen

 

Tz. 200

Der Mindestbetrag einer Geldbuße beträgt 5 EUR (§ 17 Abs. 1 OWiG), der Höchstbetrag 50.000 EUR (§ 334 Abs. 3 HGB). Im Falle des § 334 Abs. 2a HGB kommt auch eine Qualifikation nach § 333a HGB (Straftat) in Betracht (vgl. Tz. 152 ff.).

 

Tz. 201

Bei der Bußgeldbemessung (§ 17 Abs. 3 OWiG) berücksichtigt die Verfolgungsbehörde die Vorbelastung (frühere Verstöße) des Täters, die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und den Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters sind in Betracht zu ziehen; nur bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie in der Regel unberücksichtigt. Ansonsten gelten die Ausführungen zu § 331 HGB (vgl. Tz. 79) entsprechend. ...

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