aa) Regelungsgehalt

 

Tz. 51

Nach § 331 Nr. 3 HGB macht sich strafbar, wer als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer KapGes zum Zwecke einer Befreiung nach § 291 Abs. 1 und 2 HGB oder § 292 HGB einen ausländischen Konzernabschluss oder Konzernlagebericht offenlegt, bei dem die Verhältnisse des Konzerns unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sind. Die Vorschrift schließt eine Strafbarkeitslücke für die Fälle, in denen ein inländisches Mutterunternehmen niedrigerer Stufe die Aufstellung eines eigenen Konzernabschlusses oder Konzernlageberichts zur Vermeidung von Doppelaufstellungen ersetzen darf.

 

Tz. 52

§ 291 HGB betrifft den Fall eines deutschen Mutterunternehmens, das zugleich Tochter­unternehmen eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem EU/EWR-Staat ist. Der Konzernabschluss bzw. Konzernlagebericht des ausländischen Mutterunternehmens höherer Ordnung hat dann befreiende Wirkung, wenn er bestimmten harmonisierten Anforderungen entspricht (§ 291 Abs. 2 HGB) und einschließlich des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks über dessen Versagung nach den für den entfallenden Konzernabschluss und Konzernlagebericht maßgeblichen Vorschriften in deutscher Sprache offengelegt wird. § 292 HGB (bis zum 23.07.2015 mit Verweis auf die Konzernabschlussbefreiungsverordnung,[91] die nun in § 292 HGB überführt wurde) eröffnet eine entsprechende Möglichkeit für (im Hinblick auf Aufstellung und Prüfung) gleichwertige Konzernabschlüsse nichteuropäischer Mutterunternehmen.

[91] BGBl. I 1991 2122.

bb) Voraussetzungen

 

Tz. 53

Taugliche Täter sind nur die vertretungsberechtigten Organmitglieder (vgl. Tz. 30) einer KapGes, Aufsichtsratsmitglieder sind schon vom Wortlaut her nicht erfasst. Zum Problem des faktischen Organs vgl. Tz. 13 f., zur Möglichkeit der Teilnahme durch Angestellte, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte vgl. Tz. 16. Die Vorschrift richtet sich nicht nur gegen die Organe inländischer KapGes, die von der Befreiungsmöglichkeit der §§ 291, 292 HGB Gebrauch machen, sondern auch gegen Organe ausländischer Unternehmen, die ihrerseits die Befreiungstatbestände in Anspruch nehmen.[92] Die Offenlegung kann dabei sowohl durch das befreite Mutterunternehmen niedriger Stufe als auch durch dessen Mutterunternehmen erfolgen.[93]

 

Tz. 54

Tatmittel ist der ausländische, nicht ordnungsgemäß aufgestellte Konzernabschluss bzw. Konzernlagebericht. Maßstab für die Unrichtigkeit (vgl. Tz. 34 ff.) oder das Verschleiern (vgl. Tz. 37) sind dabei die ausländischen Rechnungslegungsvorschriften,[94] namentlich das harmonisierte (RL 83/349/EWG und RL 84/253/EWG) Recht eines anderen EU/EWR-Mitgliedstaates (§ 291 HGB) oder das gleichwertige Recht eines Nicht-EU-/EWR-Staates (§ 292 HGB). Die Bezugnahme auf ausländisches Recht ist zulässig und mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar (vgl. Tz. 25).[95]Tathandlung ist die Offenlegung (§ 325 Abs. 3 HGB), d. h. die Einreichung zum elektronischen Bundesanzeiger und anschließende Bekanntmachung.

[92] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 331 HGB Rn. 143.
[93] Krit. Waßmer, in: MüKo-BilR, § 331 HGB Rn. 78.
[94] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 331 HGB Rn. 154; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 331 HGB Rn. 80.
[95] Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, München 2012, 181 f., 298, 386; ebenso Ransiek, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, VIII/1 Rn. 76.

cc) Innere Tatseite/Irrtümer

 

Tz. 55

§ 331 Nr. 3 HGB stellt vorsätzliches (vgl. Tz. 41 ff.) und, wie bei Nr. 1a, auch leichtfertiges Handeln (vgl. Tz. 47) unter Strafe. Die Offenlegung muss zum Zweck einer Befreiung nach §§ 291 Abs. 1 und 2, 292 HGB erfolgen (zur Absicht vgl. Tz. 47).

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