Tz. 214

Ordnungsbewehrt sind demnach die Offenlegungspflichten gem. § 325 HGB: Bei KapGes davon erfasst sind der Jahresabschluss, der Lagebericht und andere Unterlagen der Rechnungslegung, namentlich der Bestätigungsvermerk, der Bericht des Aufsichtsrats, der Vorschlag und der Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses sowie Änderungen des Jahresabschlusses oder Bestätigungsvermerks (§ 325 Abs. 1 Satz 1–3 HGB). Nicht erfasst wird der sog. Bilanzeid (zu § 331 HGB vgl. Tz. 56 ff.). Eine GmbH muss keine Angaben über die Ergebnisverwendung machen, wenn sich anhand der Angaben die Gewinnanteile von natürlichen Personen feststellen lassen, die Gesellschafter sind (§ 325 Abs. 1 Satz 4 HGB). Kleine KapGes (§ 267 Abs. 1 HGB) müssen nur Bilanz und Anhang einreichen (§ 326 Abs. 1 HGB), bei Kleinstbetrieben (§ 267a HGB) genügt die dauerhafte Hinterlegung der Bilanz in elektronischer Form (§ 326 Abs. 2 HGB). Im Konzern offenlegungspflichtig sind entsprechend Konzernabschluss, Konzernlagebericht und die zuvor genannten Unterlagen (§ 325 Abs. 3 HGB).

 

Tz. 215

Offenlegung heißt Einreichung beim Betreiber des Bundesanzeigers (§ 325 Abs. 1 Satz 1 HGB) i. V. m. dem Auftrag zur Veröffentlichung (§ 325 Abs. 2 HGB). Die Einreichung muss in elektronischer Form[255] und fristgerecht (§ 325 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 HGB) erfolgen. Der Verhängung geht zudem die Androhung und das Verstreichenlassen der Nachfrist gem. § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB voraus. Ein Ordnungsgeld scheidet aus, wenn unrichtige oder unvollständige Unterlagen offengelegt werden; insoweit greifen § 331 Nr. 13a bzw. § 334 Abs. 1 HGB. Selbst die Einreichung einer Nullbilanz, d. h. eines Bilanzrahmens, der keine Ziffern außer Null enthält, soll nach neuer Rechtsprechung[256] die Offenlegungspflicht dem Grunde nach erfüllen (zweifelhaft).

 

Tz. 216

Unmöglichkeit schließt die Ahndung eines Unterlassens aus (Grundsatz "impossibilium nulla est obligatio").[257] Allerdings gestattet § 335 Abs. 1 Satz 3 HGB die Anknüpfung an ein Vorverschulden (Grundsatz der "omissio libera in causa"),[258] wenn die Offenlegung unterbleibt, weil schon die Aufstellung des Jahres- oder Konzernabschlusses oder die unverzügliche Erteilung des Prüfauftrags versäumt wurde. Können die Kosten für eine externe Bilanzaufstellung nicht aufgebracht werden, steht dies (bei eigenem fachlichen Unvermögen) einer Ahndung ebenfalls entgegen;[259] u. U. wird man die Verantwortlichen aber auf eine mangelnde Rücklagenbildung verweisen können.[260] Allerdings wird man bei einer KapGes in diesem Fall auch einen Insolvenzantrag stellen müssen (§ 15a InsO); ab dann wird kein Ordnungsgeldverfahren mehr durchgeführt, da der Insolvenzverwalter alle Rechnungslegungspflichten zu erfüllen hat (vgl. Tz. 213). Unmöglich ist die Offenlegung auch bei Verlust von Rechnungslegungsmaterialien; die Gesellschaft muss aber alles Zumutbare unternehmen, die Unterlagen zu beschaffen (ggf. auch auf dem Rechtsweg).[261] Die Anknüpfung an ein etwaiges Vorverschulden darf allerdings nicht so weit führen, dass beliebige andere Pflichten über § 335 HGB durchgesetzt werden: So z. B. nicht die Pflicht einen Aufsichtsrat zu bilden, wenngleich dies zur Folge hat, dass kein Bericht des Aufsichtsrats vorgelegt werden kann; die Haftung wäre ansonsten uferlos.[262]

[256] LG Bonn v. 15.03.2013, 37 T 730/12, NZG 2013, 1157.
[257] Rspr.-Überblick bei Kaufmann/Kurpat, MDR 2014, 1 (3 f.).
[258] Dieser Rechtsgedanke kommt im Strafrecht dann zur Anwendung, wenn dem Handlungspflichtigen aufgrund vorheriger Handlungen oder Versäumnisse vorgeworfen werden kann, dass er im entscheidenden Augenblick nicht in der Lage war, das Erforderliche zu tun. Vgl. Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, Vor § 13 StGB Rn. 144 m. w. N.; krit. aber Baier, GA 1999, 272.
[259] LG Bonn v. 16.09.2009, 30 T 366/09; vgl. auch zur Parallelproblematik beim Bankrott Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 283 StGB Rn. 47a m. w. N.
[261] Vgl. OLG Köln v. 28.08.2000, 2 Wx 55/99; LG Bonn v. 21.10.2013, 12 T 325/13; Kaufmann/Kurpat, MDR 2014, 1 (3).

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