Tz. 124

Tatgegenstand sind Geheimnisse der KapGes (vgl. Tz. 125 ff.), bei Beschäftigten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e. V. darüber hinaus jede weitere Erkenntnis über das Unternehmen (vgl. Tz. 129), die dem Täter bei der Prüftätigkeit (vgl. Tz. 130) bekannt geworden sind.

aa) Geheimnis der Kapitalgesellschaft

 

Tz. 125

Als Gesellschaftsgeheimnis geschützt sind Informationen über äußere und innere Tatsachen, die einen wirtschaftlichen Bezug zur Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen haben. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind die praktisch wichtigsten Anwendungsfälle, wobei Betriebsgeheimnisse (Herstellungs- und Fertigungsverfahren, Erfindungen, Rezepte, Konstruktionspläne etc.) den technischen Bereich und Geschäftsgeheimnisse (Angebote, Bankverbindlichkeiten, Beteiligungsverhältnisse, Bezugsquellen, Bieterlisten, Kalkulationsunterlagen, Zahlungskonditionen etc.) den kaufmännischen Bereich betreffen,[175] ohne dass eine Abgrenzung im Einzelnen notwendig wäre. Es muss sich allerdings um eine nicht offenkundige Tatsache handeln (objektives Element, vgl. Tz. 126), bezüglich derer ein Geheimhaltungswille (subjektives Element, vgl. Tz. 127) und ein individuelles und objektiv anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse (normatives Element, vgl. Tz. 128) besteht.

 

Tz. 126

Objektives Element: Ein Geheimnis darf nur einem eng begrenzten Personenkreis legal zugänglich sein. Offenkundige Tatsachen stehen dagegen dem beliebigen Zugriff Dritter offen, etwa im Internet, Zeitschriften, durch Publikation bei Patentanmeldung etc. Eine Zusammenfassung offenkundiger Einzelinformationen kann allerdings ein Geheimnis verkörpern, sofern die Zusammenfassung der Einzelelemente einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil birgt (Mosaiktheorie).[176]

 

Tz. 127

Subjektives Element: An die Manifestation des Geheimhaltungswillens sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen.[177] Er fehlt allerdings, wenn das zuständige Organ der Gesellschaft ausdrücklich oder konkludent den Willen zur Offenbarung zum Ausdruck bringt. Ein pflichtwidriger Offenbarungswille beseitigt den Geheimnischarakter aber nicht (was u. a. bei § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu Widersprüchen führen würde), es sei denn, dass der pflichtwidrige Wille bereits zur Offenkundigkeit geführt hat.[178]

 

Tz. 128

Normatives Element: Ein erkennbares und objektiv anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse liegt dann vor, wenn der Gesellschaft durch das Bekanntwerden Schaden droht, etwa durch Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit, Minderung des Ansehens oder Vertrauensverlust. Nach h. M. erfasst werden dabei auch rechts- und sittenwidrige Geheimnisse, so z. B. Informationen über Kartell- und Submissionsabsprachen, Steuer-, Zoll- und Umweltstraftaten, Verstöße gegen das AWG, Insiderdelikte etc.[179] Dies gilt hier auch gegenüber staatlichen Stellen; soweit dem Berufsgeheimnisträger ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. §§ 53 Abs. 1 Nr. 3, 53a StPO etc. (vgl. Tz. 138) zusteht, muss er davon Gebrauch machen. Im Einzelfall kommt jedoch eine Rechtfertigung nach § 34 StGB in Betracht (vgl. Tz. 140).

[175] Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 16 m. w. N.
[176] BGH v. 27.01.1955, StE 22/54, BGHSt 7, 234 (zu § 93 StGB a. F.); krit. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 93 StGB Rn. 12 f.
[177] Für den generellen Verzicht auf diese Voraussetzung Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 40.
[178] Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 26, vgl. auch Kiethe, in: MüKo-StGB, § 404 AktG Rn. 29.
[179] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 45; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 21; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 13; vgl. auch Janssen/Maluga, in: MüKo-StGB, § 17 UWG Rn. 35 ff.; gegen die undifferenzierte Einbeziehung von illegalen Geheimnissen bei § 17 UWG allerdings Erb, Inwieweit schützt § 17 UWG ein ausländisches Bankgeheimnis?, in: Heinrich/Jäger/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als Scientia Universalis: Festschrift für Claus Roxin zum 80. Geburtstag am 15. Mai 2011, Berlin 2011, 1103 (1106).

bb) Erkenntnis über das Unternehmen

 

Tz. 129

Gegenüber den Beschäftigten der Prüfstelle (vgl. Tz. 123) stehen auch weitere Erkenntnisse über ein Unternehmen unter strafrechtlichem Schutz. Hierunter fällt z. B. die Planung, eine Prüfung einzuleiten, ebenso die Tatsache, dass eine Prüfung durchgeführt wurde, Einzelheiten des Prüfungsvorgangs, etwa die Mitwirkung des Unternehmens oder dessen Weigerung, sowie das von der Prüfstelle gefundene Prüfungsergebnis.[180]

[180] Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 32.

cc) Prüfungskausale Kenntnisnahme

 

Tz. 130

Das Geheimnis (vgl. Tz. 125 ff.) muss dem Täter bei Prüfung des Jahresabschlusses, eines Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a HGB oder des Konzernabschlusses, d. h. bei den Pflichtprüfungen, bekannt geworden sein. Nicht erfasst ist das Bekanntwerden i. R. anderer Prüfungen (zu anderen Strafvorschriften aber vgl. Tz. 121). Bei Beschäftigten der Prüfstelle muss ein Zusammenhang mit deren Prüfungstätigkeit bestehen. In zeitlicher Hinsicht muss die Tätigkeit als Abschlussprüfer, Prüfungsgehilfe oder Beschäftigter einer Prüfstelle bei Kenntniserlangung ...

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