aa) Regelungsgehalt

 

Tz. 45

Nach § 331 Nr. 1a HGB wird bestraft, wer als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer KapGes zum Zwecke der Befreiung (§ 325 Abs. 2a Satz 1, Abs. 2b HGB) einen Einzelabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 315a Abs. 1 HGB) offenlegt, in dem die Verhältnisse der KapGes unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sind. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass große KapGes (§ 267 Abs. 3 HGB) statt einem Jahresabschluss nach HGB auch einen nach IFRS aufgestellten Einzelabschluss vorlegen können (zur Verfassungsmäßigkeit der Verweisung vgl. Tz. 19). IFRS-Abschlüsse kleiner KapGes wirken dagegen nicht befreiend und werden auch nicht von Nr. 1a erfasst, wenn sie zu Informationszwecken offengelegt werden.

bb) Voraussetzungen

 

Tz. 46

Zum tauglichen Täterkreis gehören die vertretungsberechtigten Organe einer KapGes (vgl. Tz. 30), nicht jedoch die Aufsichtsratsmitglieder (anders § 331 Nr. 1 HGB). Zum Problem des faktischen Organs vgl. Tz. 13 f., zur Möglichkeit der Teilnahme durch Angestellte, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte vgl. Tz. 16. Tatmittel ist der aus einer Bilanz, einer GuV sowie aus dem Anhang bestehende Einzelabschluss. Die Verhältnisse der KapGes müssen unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sein; dazu gilt das zur Nr. 1 Gesagte (vgl. Tz. 29 ff.) entsprechend. Maßstab für die Unrichtigkeit sind allerdings die Bewertungsregeln der IFRS, auf die in § 315a Abs. 1 HGB Bezug genommen wird sowie die nach § 325 Abs. 2a Satz 3, 4 HGB weiter anwendbaren handelsrechtlichen Vorschriften. Die (dynamische) Verweisung auf internationale Rechnungslegungsstandards ist zulässig und mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar (vgl. Tz. 19). Dem Anwender werden insoweit größere bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten in Form von Wahlrechten, Beurteilungs-, Prognose-, und Ermessensspielräumen zugestanden, als es nach dem HGB der Fall ist.[86]Tathandlung ist die Offenlegung (§ 325 Abs. 1 HGB), d. h. die Einreichung zum elektronischen Bundesanzeiger und anschließende Bekanntmachung. Eine Strafbarkeit durch Unterlassen (§ 13 StGB) kommt dann in Betracht, wenn der Verantwortliche nachträglich von der Unrichtigkeit erfährt (vgl. Tz. 38).

[86] Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 331 HGB Rn. 71.

cc) Innere Tatseite/Irrtümer

 

Tz. 47

§ 331 Nr. 1a HGB stellt vorsätzliches (vgl. Tz. 41 ff.) und im Unterschied zu § 331 Nr. 1, 2, 3a und 4 HGB auch leichtfertiges Handeln unter Strafe. Letzteres kann insbesondere mit Blick auf das Merkmal der Unrichtigkeit praktisch bedeutsam werden: Der völlige Verzicht auf die Überprüfung eines von Angestellten der Buchhaltung erstellten Abschlusses lässt zwar noch nicht auf einen Eventualvorsatz (vgl. Tz. 44), regelmäßig jedoch auf einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit schließen. Die Offenlegung muss zum Zweck der Befreiung nach § 325 Abs. 2a HGB erfolgen; fehlt diese Absicht[87] ist der Tatbestand nicht erfüllt.

[87] Zu den Vorsatzformen vgl. etwa Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 15 StGB Rn. 64 ff.

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