aa) Regelungsgehalt

 

Tz. 160

Die Vorschrift des § 334 HGB erfasst Verstöße gegen bestimmte Rechnungs­legungsvorschriften bei KapGes (vgl. Tz. 165 f.). Insgesamt wird der Unrechtsgehalt einer Straftat nach den §§ 331333 HGB aber nicht erreicht, so dass nach Einschätzung des Gesetzgebers die Schwelle eines strafbedürftigen Verhaltens nicht überschritten wird. Auf Rechtsfolgenebene reicht damit eine schlichte Geldbuße als nicht ehrenrührige Pflichtenmahnung aus; eine zusätzliche Belastung des Täters mit dem Ausspruch eines sozialethischen Unwerturteils ist dagegen nicht erforderlich, solange keine qualifizierenden Umstände i. S. d. § 333a HGB (vgl. Tz. 152 ff.) hinzukommen.

bb) Sonderdelikt

 

Tz. 161

Die Vorschrift ist ein Sonderdelikt (vgl. Tz. 12 ff.). Als tauglicher Täter von § 334 Abs. 1 Nr. 1–6 HGB kommt grundsätzlich nur ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats einer KapGes und der sonst erfassten Unternehmen in Betracht (vgl. Tz. 165 ff.). Insoweit gelten die Ausführungen zu § 331 HGB (vgl. Tz. 30) entsprechend. Zur KapCo-Gesellschaft siehe § 335b HGB (vgl. Tz. 228 f.). Tauglicher Täter von § 334 Abs. 2 HGB ist grundsätzlich nur der Abschlussprüfer (vgl. Tz. 96 zu § 332 HGB), bei § 334 Abs. 2a HGB die Mitglieder des Prüfungsausschusses (vgl. Tz. 189).

 

Tz. 162

Der Einheitstäterbegriff des § 14 OWiG hebt allerdings – abweichend vom Strafrecht – die Unterschiede zwischen Täterschaft, Anstiftung und Beihilfe auf. Beteiligen sich mehrere an einer Ordnungswidrigkeit, reicht es gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 OWiG aus, dass das ahndungsbegründende persönliche Merkmal bei einem der Beteiligten vorliegt.

cc) Bestimmtheitsgrundsatz und Blankettcharakter

 

Tz. 163

Das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG gilt auch für Bußgeldtatbestände, da diese erst nach Inkrafttreten des Grundgesetzes formal aus dem Strafrecht ausgegliedert wurden. Allerdings stellt die verfassungsrechtliche Rechtsprechung hier keine allzu hohen Anforderungen.[218] § 334 HGB ist weitestgehend als Blankettnorm ausgestaltet (insoweit abweichend von § 331 HGB, vgl. Tz. 17 ff.). Dies ergibt sich zwangsläufig daraus, dass in § 334 Abs. 1 Nr. 1–6 HGB ausdrücklich auf einzelne Pflichten nach den §§ 242 ff. HGB verwiesen wird, in § 334 Abs. 2 HGB auf bestimmte Ausschlussgründe, in § 334 Abs. 2a HGB auf eine EU-Verordnung. Dass sich die Handlungsbeschreibung nahezu komplett außerhalb der Sanktionsnorm befindet, ist dem Grunde nach unproblematisch. Die Verweisung muss aber als solche eindeutig sein;[219] die Gesetzgebungstechnik ist insoweit durchaus fehleranfällig.[220] Die blankettausfüllenden Normen und ihre Auslegung müssen zudem den Anforderungen des Bestimmtheits- bzw. Analogieverbots genügen, da sie den Charakter einer Strafnorm annehmen;[221] ansonsten ist eine Ahndung ebenfalls nicht möglich. Zum Verweis auf Verordnungen als unmittelbar inhaltsbestimmendes Europarecht vgl. Tz. 188. All dies schließt natürlich nicht aus, dass einzelne Ausfüllungsnormen ihrerseits rechtsnormative Tatbestandsmerkmale enthalten (zu den Folgen vgl. Tz. 17 ff. zu § 331 HGB). Zu Irrtumsfragen bei § 334 HGB vgl. Tz. 193.

[218] Vgl. etwa BVerfG v. 14.05.1969, 2 BvR 238/68, BVerfGE 26, 41 zum "Groben Unfug" nach § 360 StGB a. F. Nach BVerfG v. 25.07.1962, 2 BvL 4/62, BVerfGE 14, 245 (251) sind die Strafbarkeits­voraus­setzungen umso präziser zu bestimmen, je schwerer die angedrohte Strafe ist.
[219] Schuster, Strafnormen und Bezugsnormen, 261.
[220] Vgl. die Bsp. bei Waßmer, in: MüKo-BilR, § 334 HGB Rn. 28, 55, 67.
[221] Vgl. auch Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 334 HGB Rn. 41.

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