a) Tauglicher Täter

 

Tz. 123

Zum Begriff des Abschlussprüfers gelten die Ausführungen zu § 332 HGB (vgl. Tz. 96). Der Begriff des Prüfungsgehilfen wird von der h. M. weiter ausgelegt als bei § 332 HGB, so dass auch einfache Büro- und Schreibkräfte erfasst sind, da diese gleichermaßen Einblick in die Angelegenheiten der Gesellschaften und verbundenen Unternehmen erhalten.[173] Ebenfalls Verbotsadressaten sind Beschäftigte der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e. V. Diese geht als privatrechtliches Gremium i. S. d. § 342 b Abs. 1 HGB möglichen Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften durch kapitalmarktorientierte Unternehmen nach (bei Vorliegen bestimmter Anhaltspunkte, auf Verlangen der BaFin oder im Wege von Stichproben). Keine Prüfstelle in diesem Sinne ist die BaFin selbst,[174] für deren Mitarbeiter gilt aber § 353b Abs. 1 StGB.

[173] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 17; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 6; vgl. auch Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 StGB Rn. 64; a. A. Quedenfeld, in: MüKo-HGB, § 333 HGB Rn. 7; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 14.
[174] Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 7.

b) Tatgegenstand

 

Tz. 124

Tatgegenstand sind Geheimnisse der KapGes (vgl. Tz. 125 ff.), bei Beschäftigten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e. V. darüber hinaus jede weitere Erkenntnis über das Unternehmen (vgl. Tz. 129), die dem Täter bei der Prüftätigkeit (vgl. Tz. 130) bekannt geworden sind.

aa) Geheimnis der Kapitalgesellschaft

 

Tz. 125

Als Gesellschaftsgeheimnis geschützt sind Informationen über äußere und innere Tatsachen, die einen wirtschaftlichen Bezug zur Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen haben. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind die praktisch wichtigsten Anwendungsfälle, wobei Betriebsgeheimnisse (Herstellungs- und Fertigungsverfahren, Erfindungen, Rezepte, Konstruktionspläne etc.) den technischen Bereich und Geschäftsgeheimnisse (Angebote, Bankverbindlichkeiten, Beteiligungsverhältnisse, Bezugsquellen, Bieterlisten, Kalkulationsunterlagen, Zahlungskonditionen etc.) den kaufmännischen Bereich betreffen,[175] ohne dass eine Abgrenzung im Einzelnen notwendig wäre. Es muss sich allerdings um eine nicht offenkundige Tatsache handeln (objektives Element, vgl. Tz. 126), bezüglich derer ein Geheimhaltungswille (subjektives Element, vgl. Tz. 127) und ein individuelles und objektiv anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse (normatives Element, vgl. Tz. 128) besteht.

 

Tz. 126

Objektives Element: Ein Geheimnis darf nur einem eng begrenzten Personenkreis legal zugänglich sein. Offenkundige Tatsachen stehen dagegen dem beliebigen Zugriff Dritter offen, etwa im Internet, Zeitschriften, durch Publikation bei Patentanmeldung etc. Eine Zusammenfassung offenkundiger Einzelinformationen kann allerdings ein Geheimnis verkörpern, sofern die Zusammenfassung der Einzelelemente einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil birgt (Mosaiktheorie).[176]

 

Tz. 127

Subjektives Element: An die Manifestation des Geheimhaltungswillens sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen.[177] Er fehlt allerdings, wenn das zuständige Organ der Gesellschaft ausdrücklich oder konkludent den Willen zur Offenbarung zum Ausdruck bringt. Ein pflichtwidriger Offenbarungswille beseitigt den Geheimnischarakter aber nicht (was u. a. bei § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu Widersprüchen führen würde), es sei denn, dass der pflichtwidrige Wille bereits zur Offenkundigkeit geführt hat.[178]

 

Tz. 128

Normatives Element: Ein erkennbares und objektiv anzuerkennendes Geheimhaltungsinteresse liegt dann vor, wenn der Gesellschaft durch das Bekanntwerden Schaden droht, etwa durch Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit, Minderung des Ansehens oder Vertrauensverlust. Nach h. M. erfasst werden dabei auch rechts- und sittenwidrige Geheimnisse, so z. B. Informationen über Kartell- und Submissionsabsprachen, Steuer-, Zoll- und Umweltstraftaten, Verstöße gegen das AWG, Insiderdelikte etc.[179] Dies gilt hier auch gegenüber staatlichen Stellen; soweit dem Berufsgeheimnisträger ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. §§ 53 Abs. 1 Nr. 3, 53a StPO etc. (vgl. Tz. 138) zusteht, muss er davon Gebrauch machen. Im Einzelfall kommt jedoch eine Rechtfertigung nach § 34 StGB in Betracht (vgl. Tz. 140).

[175] Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 16 m. w. N.
[176] BGH v. 27.01.1955, StE 22/54, BGHSt 7, 234 (zu § 93 StGB a. F.); krit. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 93 StGB Rn. 12 f.
[177] Für den generellen Verzicht auf diese Voraussetzung Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 40.
[178] Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 26, vgl. auch Kiethe, in: MüKo-StGB, § 404 AktG Rn. 29.
[179] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 45; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 21; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 13; vgl. auch Janssen/Maluga, in: MüKo-StGB, § 17 UWG Rn. 35 ff.; gegen die undifferenzierte Einbeziehung von illegalen Geheimnissen bei § 17 UWG allerdings Erb, Inwieweit schützt § 17 UWG ein ausländisches Bankgeheimnis?, in: Heinrich/Jäger/Schünemann (Hrsg.), Strafrecht als Scientia U...

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