a) Überblick
Tz. 91
Nach § 332 HGB kann sich ein Abschlussprüfer oder Gehilfe eines Abschlussprüfers wegen Verletzung der Berichtspflicht oder der unrichtigen Erteilung eines Bestätigungsvermerks strafbar machen. Schutzzweck ist nach ganz h. M.[139] allein das Vertrauen in die Redlichkeit der Prüfberichterstattung durch ein unabhängiges Kontrollorgan, mit Konsequenzen für das Verständnis des Begriffs der Unrichtigkeit. Die Verantwortung für die objektiv zutreffende Darstellung der Lage des Unternehmens trägt allein die Leitung der bilanzierenden Gesellschaft. Zu sonstigen allgemeinen Fragestellungen vgl. Tz. 11 ff.
b) Entstehungsgeschichte
Tz. 92
Zur Geschichte der Bilanzdelikte vgl. Tz. 4 ff. Die Vorschrift wurde bereits durch das BiRiLiG vom 19.12.1985 eingeführt. Sie hat bisher keine wesentlichen Änderungen erfahren.
c) Geltungsbereich
Tz. 93
Die Strafvorschrift des § 332 HGB gilt wie § 331 HGB grundsätzlich nur für Prüfungen bei KapGes (vgl. Tz. 22). Bestimmte KapCo-Gesellschaften, namentlich GmbH & Co KG, AG & Co KG und andere Konstruktionen, werden aber auch hier über § 335b HGB (vgl. Tz. 228 f.) in den Anwendungsbereich einbezogen. Jeweils unabhängig von der jeweiligen Rechtsform erfassen §§ 340m, 341m HGB zudem Kredit-, Finanzdienstleistungs-, Zahlungsinstitute, insbes. genossenschaftliche Banken und Sparkassen, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds.
Tz. 94
Erfasst sind allerdings nur Tathandlungen i. R. d. Pflichtprüfungen, also der Jahresabschlüsse (§ 264 Abs. 1 HGB), IFRS-Einzelabschlüsse (§ 325 Abs. 2a HGB), Lageberichte (§ 289 HGB), Konzernabschlüsse (§ 290 HGB), IFRS-Konzernabschlüsse (§ 315a HGB), Konzernlageberichte (§ 315 HGB), Zwischenabschlüsse eines Kreditinstituts (§ 340a Abs. 3 HGB) und entsprechende Konzernzwischenabschlüsse (§ 340i Abs. 4 HGB). Bei Gründung-, Sonder-, Due Diligence- und sonstigen freiwilligen Prüfungen greifen allerdings die § 403 AktG, § 150 GenG, § 18 PublG und § 314 UmwG.
d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven
Tz. 95
Die kriminalpolitische Bedeutung der Vorschrift ist bisher sehr gering.[140] Es finden sich keine veröffentlichten Entscheidungen. Neben den oben (vgl. Tz. 7 und 27 zu § 331 HGB) genannten Gründen dürfte speziell bei § 332 HGB eine Rolle spielen, dass die Unrichtigkeit ausschließlich subjektiv, d. h. aus Sicht des Prüfers, zu bestimmen ist (vgl. Tz. 100), was den Anwendungsbereich einschränkt und die Nachweisbarkeit nochmals erschwert. Die mit dem subjektiven Unrichtigkeitsbegriff einhergehende Pönalisierung des (sonst bei den §§ 331 ff. HGB) straflosen (untauglichen) Versuchs ist dagegen überflüssig. De lege ferenda wäre also an eine Angleichung an den objektiven Unrichtigkeitsbegriff des § 331 HGB (vgl. Tz. 34) zu denken. Zum Teil wird darüber hinaus eine Strafbarkeit wegen Leichtfertigkeit gefordert, um auch Fälle zu erfassen, in denen sich die Unrichtigkeit dem Prüfer "aufdrängen" musste (vgl. Tz. 47 zu § 331 HGB).[141]
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