aa) Schadensposten

 

Tz. 23

Ein typischer Fall liegt in den Kosten für die erneute Prüfung des JA. Die Kosten für die erneute Aufstellung des JA müssen ihm nicht auferlegt werden, weil eine neue Aufstellung sowieso nötig ist.[71] Das ist nur anders, wenn der JA zutreffend aufgestellt worden war und der Mangel allein aus dem Bereich des Prüfers stammt. So kann es sein, dass ein Abschlussprüfer nicht über den nach § 319 Abs.  1 Satz 3 HGB erforderlichen Qualitätsnachweis verfügt. Trotz Heilung eines Mangels gem. § 256 Abs.  6, Abs.  1 Nr. 3 AktG darf die Gesellschaft den JA erneut aufstellen und prüfen lassen, um sich von der Richtigkeit der Zahlenwerte zu überzeugen. Eine derartige "Herausforderung" hat der Bundesgerichtshof als Schaden akzeptiert.[72]

 

Tz. 24

Sind falsche Zahlenwerte im JA angesetzt worden, haftet der Abschlussprüfer auch für darauf basierende Ausschüttungen an Gesellschafter, wenn diese z. B. wegen § 62 Abs.  1 Satz 2 AktG nicht zurückzuerlangen sind.[73] Schwierigkeiten bestehen im GmbH-Recht, wenn § 32 GmbHG den Rückgriff auf die Gesellschafter verhindert. Hier nimmt das Gesetz nicht allein wegen des Vertrauensschutzes zugunsten der Gesellschafter an, dass auf eine Rückzahlung vorläufig verzichtet werden kann. Vielmehr zeigt es, dass es aus Perspektive der Gesellschaft und ihrer Gläubiger keiner Rückzahlung bedarf, weil § 31 GmbHG bei späterer Notwendigkeit gleichwohl einen Rückzahlungsanspruch gewährleistet. Daher kann nur bei fehlender Möglichkeit der Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Gesellschafter aus § 31 GmbHG ein Schaden angenommen werden.

 

Tz. 25

Eine Erhöhung der Passivposten durch Verschleppung des Insolvenzantrags wegen fehlerhafter Prüfung eines JA soll in Höhe des durch Insolvenzverschleppung entstandenen Schadens auch zu einem Schadensposten führen.[74] Hierbei handelt es sich nicht um ein originäres Schadensinteresse der Gesellschaft selbst, sondern um einen Quotenschaden der Gläubiger. Anders als der zum Insolvenzantrag verpflichtete Geschäftsführer kann der Abschlussprüfer selbst bei richtiger Prüfung nicht auf den Insolvenzantrag hinwirken, weil er insoweit nicht berechtigt ist. Im Vergleich mit der zurückhaltend bejahten Dritthaftung des Abschussprüfers und dem dort für eine etwaige Haftung u. a. notwendigen konkreten Vertrauen in den JA erscheint eine Haftung in diesem Fall überzogen.[75]

 

Tz. 26

Überhöhte Tantiemen sind ebenso ersatzfähiger Schaden wie wegen Bezugnahme auf einen unzutreffenden JA gezahlte gewinnabhängige Zinsen bzw. Gewinnausschüttungen (z. B. bei partiarischen Darlehen oder atypisch stillen Gesellschaften),[76] soweit diese von den Empfängern nicht zu erlangen sind. Wurde zu Unrecht der uneingeschränkte (bzw. eingeschränkte) Bestätigungsvermerk verweigert, können sich ersatzfähige Schäden – sofern sich die insoweit erforderliche Kausalität im konkreten Fall bejahen lässt – aus überhöhten Finanzierungs- und Kreditkosten für die Gesellschaft ergeben.[77]

[71] Weilep, Die Nichtigkeit des Jahresabschlusses, Frankfurt u. a. 2011, 378.
[73] Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 98; Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 58; Schmidt/Feldmüller, in: BeckBilKo, § 323 HGB Rn. 107.
[74] LG München, v. 14.03.2008, 14 HK O 8038/06, ZIP 2008, 1123 (1126); zustimmend Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 101.
[75] Wie vorliegend wohl auch Gottwald, in: MüKo-BGB, § 328 BGB Rn. 238.
[76] Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 99.
[77] Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 100; Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 35.

bb) Schadensumfang

 

Tz. 27

Gem. § 323 Abs.  2 HGB ist der Haftungsumfang auf 1 Mio. EUR beschränkt; bei einer AG, deren Aktien zum Handel am regulierten Markt zugelassen sind, ist die Haftung auf 4 Mio. EUR beschränkt. Das alles gilt nur, wenn der Abschlussprüfer lediglich fahrlässig gehandelt hat. Für diese Differenzierung beim Schaden nach Vorsatz und Fahrlässigkeit soll es allein auf das eigene Verschulden ankommen.[78] Wenn der Gehilfe z. B. vorsätzlich handelt, bleibt es beim fahrlässigen Verhalten des Abschlussprüfers und nur der Gehilfe kann sich nicht auf § 323 Abs.  2 HGB berufen. Handelt hingegen ein Organ der Abschlussprüfungsgesellschaft vorsätzlich, wird das analog § 31 BGB der Abschlussprüfungsgesellschaft zugerechnet.[79] Fraglich ist, ob bereits die Kenntnis vom vorsätzlichen Handeln des Gehilfen zur Zurechnung seines Vorsatzes führt. Diese Frage ist für Fälle positiver Kenntnis nicht von Bedeutung, weil der Abschlussprüfer die Ergebnisse seines Gehilfen übernimmt und dadurch selbst vorsätzlich handelt. Jedoch stellt der BGH – z. B. in Verjährungsfragen – Organisationsmängel bzw. Überwachungsmängel einer Kenntnis gleich. Durch unterlassene Kontrolle soll sich niemand vor der Kenntnis und damit begründeten Arglist verstecken können.[80] Das ist übertragbar. Wäre das vorsätzliche Fehlverhalten des Gehilfen bei richtiger Organisation erkannt worden, muss Vors...

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