Tz. 21

Gem. § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB wird für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet. Die Differenzierung ist wichtig, weil die Haftungsgrenzen des § 323 Abs.  2 HGB nur bei Fahrlässigkeit greifen. Fahrlässig handelt der, der die Pflichten eines fachlich qualifizierten und sorgfältig arbeitenden Abschlussprüfers außer Acht lässt.[61] Vorsätzlich handelt derjenige, der mit Wissen und Wollen gegen die Pflichten des Abschlussprüfers verstößt, wobei der Schaden nicht vom Vorsatz erfasst sein muss.[62] Unter Rückgriff auf § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB wird vertreten, dass der Abschlussprüfer sich hinsichtlich des Verschuldens entlasten muss.[63] Die Gegenansicht will unter Verweis auf § 323 HGB als Sondertatbestand und den drohenden Umfang der Haftungsgefahren dem Anspruchsteller die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens auferlegen.[64] Eine gesetzlich fixierte Beweislastumkehr fehlt auch in § 43 Abs.  2 GmbHG – muss aber hineingelesen werden.[65] Mit der Beweislastumkehr bei Pflichtverletzungen in Vertragsverhältnissen durch § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB ist spätestens seit der Schuldrechtsreform eine grundlegende Wertungskorrektur eingetreten. Auch hinsichtlich des Schadens überzeugt die Argumentation nicht so ganz. Es gibt genügend gefahrträchtige Berufe, bei denen ein Fehlverhalten enorme Schäden verursacht. Letztlich muss differenziert werden: Keinesfalls kann eine Beweislastumkehr zu Lasten des Gehilfen eingreifen. Deren Nennung in § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB führt zu einem gesetzlichen Schuldverhältnis wie es § 823 BGB kennt, jedoch wird auf diese Weise das Vermögen als primäres Rechtsgut geschützt. Hinsichtlich des Abschlussprüfers kann mit Blick auf die Haftungsgrenze in § 323 Abs.  2 HGB eine ausreichende Privilegierung mit Blick auf Schäden und Folgeschäden angenommen werden. Die Beweislastumkehr des § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB ist daher anzuwenden. Der Abschlussprüfer muss sich für fehlendes Verschulden entlasten. Es ergibt keinen Sinn, warum sich jede andere Berufsgruppe hinsichtlich einer Schlechterbringung ihrer Leistung entlasten muss, jedoch Abschlussprüfer nicht.[66] Es ist aber richtig – wegen der exorbitanten Haftungsverschärfung einschließlich des Verlustes von Versicherungsschutz gem. § 103 VVG[67] – dem Anspruchssteller die Beweislast für ein vorsätzliches Handeln des Abschlussprüfers aufzuerlegen.[68]

 

Tz. 22

Der Abschlussprüfer haftet für eigenes und fremdes Verschulden. Grundsätzlich trifft ihn ein eigenes Verschulden bei der Auswahl seiner Gehilfen.[69] Deren Verschulden bei Ausübung ihrer Tätigkeiten wird ihm zudem gem. § 278 BGB zugerechnet.[70]

[61] Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 32.
[62] Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 32.
[63] Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 120; Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 42; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 323 HGB Rn. 7; Müller, in: KK-RechnR, § 323 HGB Rn. 69.
[64] Schmidt/Feldmüller, in: BeckBilKo, § 323 HGB Rn. 106; noch vor dem Inkrafttreten von § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB zum 1.1.2002 ADS, § 323 HGB Rn. 102 ff.
[65] BGH v. 4.11.2002, II ZR 224/00, BGHZ 152, 280 (283); Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 GmbHG Rn. 36.
[66] Der Sache nach auch Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 120.
[68] Tendenziell auch ADS, § 323 HGB Rn. 104.
[69] ADS, § 323 HGB Rn. 111; Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 32; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 323 HGB Rn. 7.
[70] Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 32.

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