Tz. 126

§ 258 Abs. 1 HGB erlaubt über §§ 422, 423 ZPO hinaus dem Gericht, zur Klärung erheblicher streitiger Tatsachen die Vorlegung der Handelsbücher einer kaufmännischen Partei anzuordnen, auch von Amts wegen und nicht nur in Handelssachen. Die Anordnung ist auch nach Fristablauf noch möglich (§ 257 Abs. 4 HGB). § 258 HGB gilt analog im aktienrechtlichen Spruchstellenverfahren (vgl. § 306 AktG).[166] Diese Anordnungsmöglichkeit ist allerdings nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift auf Handelsbücher beschränkt. Die Vorlage von Handelsbriefen und sonstigen Unterlagen i. S. v. § 257 Abs. 1 HGB kann nicht nach dieser Vorschrift angeordnet werden.

 

Tz. 127

Über die handelsrechtlichen Bestimmungen der §§ 257 ff. HGB hinaus kann das Gericht nach §§ 422, 423 ZPO von der verpflichten Prozesspartei die Vorlegung von Urkunden, auch von Handelsbüchern, Handelsbriefen und anderen kaufmännischen Unterlagen (§ 257 Abs. 1 HGB) verlangen. § 422 ZPO setzt aber eine Vorlegungspflicht nach bürgerlichem Recht voraus. Dabei erfasst § 423 ZPO allerdings auch nur die in den Händen des Gegners befindlichen Urkunden, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat. Bürgerlich-rechtliche Pflichten zur Herausgabe oder Vorlegung i. S. v. § 422 ZPO begründen etwa die § 809 BGB (Besichtigung einer Sache) und § 810 BGB (Einsicht in Urkunden).[167] Bei Leugnen des Besitzes oder Nichtvorlegung richten sich die Rechtsfolgen nach § 426 ZPO (Vernehmung des Gegners über den Verbleib) und § 427 ZPO (Folgen der Nichtvorlegung durch Gegner). Die Vorlegungspflicht für Steuerzwecke ist in § 97 AO geregelt.

[166] BayObLG, ZIP 1993, 675.
[167] Zum Verfahren siehe OLG Frankfurt, WM 1980, 1246.

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