Tz. 125

Im schwebenden zivilgerichtlichen Rechtsstreit kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlage der Handelsbücher einer Partei anordnen. Dabei ist unerheblich, ob die Parteien ihre Behauptung durch Vorlage eigener oder gegnerischer Handelsbücher beweisen wollen und welche Partei die Beweislast trägt. Allerdings ist die Voraussetzung für die Anordnung der Vorlage die Überzeugung des Gerichts, dass die Vorlage zur Aufklärung vorgetragenen Sachverhalte dienen kann.[162] Auf den Vorlegungsantrag (§ 421 ZPO) einer Partei betreffend eine kaufmännische Urkunde, die der Gegner nach § 257 HGB aufzubewahren verpflichtet ist, und auf die Erklärung des Gegners, er besitze sie nicht mehr, kann das Gericht auch ohne förmliches Beweisverfahren den behaupteten möglichen Inhalt als bewiesen ansehen, vgl. § 444 ZPO.[163] Umgekehrt kann sich im Fall der Vernichtung nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist die Beweislast umkehren.[164] Der Gerichtsvollzieher darf Unterlagen, für die eine Aufbewahrungspflicht nach § 257 HGB besteht, nicht nach § 885 Abs. 4 Satz 2 ZPO vernichten.[165]

[162] ADS, § 257 HGB Rn. 7.
[163] OLG Düsseldorf, MDR 1973, 592.
[164] BGH, WM 1972, 281; OLG Bamberg, WM 1995, 918; offen gelassen hingegen von OLG Bamberg, WM 2006, 907.
[165] LG Koblenz, MDR 2006, 473.

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