a) Aufzubewahrende Unterlagen
Tz. 122
Abs. 1 bestimmt, welche Unterlagen geordnet (vgl. dazu Tz. 45) aufzubewahren sind, und gibt dabei einen Überblick über die verschiedenen kaufmännischen Unterlagen, darunter die Handelsbücher, die Handelsbriefe und die Buchungsbelege. Abs. 2 definiert die Handelsbriefe. Darunter versteht das HGB nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen, also etwa die Offerte und die Annahme, die Mängelrüge aus einem Handelsgeschäft i. S. v. §§ 343, 344 HGB. Davon zu unterscheiden ist der Begriff des Geschäftsbriefs (§§ 37a, 125a HGB). Die Aufbewahrung kaufmännischer Unterlagen beim Handelsregister ist in § 8a HGB geregelt. Die Einreichung von Jahres- und Konzernabschlüssen samt Unterlagen zum Handelsregister ist nur noch in elektronischer Form vorgesehen, § 8a Abs. 1 HGB, § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB.[156]
b) Aufbewahrungsform
Tz. 123
Abs. 3 erlaubt für alle aufzubewahrenden Unterlagen mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse verschiedene Formen der Aufbewahrung, auch als Wiedergabe auf einem Bild- oder anderen Datenträger, soweit dies den GoB entspricht und die Übereinstimmung mit dem Original, jederzeitige Verfügbarkeit und prompte Lesbarkeit sichergestellt sind.[157] Damit ist § 257 HGB weniger großzügig als § 8a Abs. 1 HGB, der auch für die Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse die elektronische Form vorsieht, soweit es um die Eintragung in das Handelsregister geht.
c) Aufbewahrungsfrist
Tz. 124
Die Aufbewahrungsfrist ist für die unterschiedlichen kaufmännischen Unterlagen gestaffelt. Nach Abs. 4 beträgt die Aufbewahrungsfrist zehn Jahre für Handelsbücher, Inventare, Bilanzen, Lageberichte nebst Organisationsunterlagen und für Buchungsbelege (Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 und 4). Für alle sonstigen Unterlagen des Kaufmanns beträgt die Aufbewahrungsfrist sechs Jahre (Abs. 4 i. V. m. Abs. 1). Entsprechendes gilt für Bild und Datenträger. Die Aufbewahrungsfrist beginnt nach Abs. 5 in der Regel mit dem auf die letzte Eintragung in den Büchern bzw. in der elektronischen Rechnungslegung folgenden Schluss des Kalenderjahres. Das Geschäftsjahr ist insofern ohne Bedeutung.[158] Für die Aufbewahrung nach Steuerrecht gelten nach der AO grundsätzlich die gleichen Fristen, sofern nicht in anderen Gesetzen kürzere Fristen zugelassen sind. Anders als im Handelsrecht läuft die Aufbewahrungsfrist nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 AO). Ablaufhemmungstatbestände finden sich in § 171 AO.[159] Die Aufbewahrungsfrist kann Auskunftsansprüche begrenzen.[160] Sie kann ferner als Richtwert für die Verwirkung von Ansprüchen aus Bankgeschäften herangezogen werden.[161]
BEISPIEL
Für Unterlagen aus dem Jahr 02 endet die Aufbewahrungsfrist bei zehnjähriger Fristdauer am 31. Dezember 2012 um 24 Uhr bei sechsjähriger Fristdauer am 31. Dezember 2008 um 24 Uhr.
d) Beweiswert
Tz. 125
Im schwebenden zivilgerichtlichen Rechtsstreit kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlage der Handelsbücher einer Partei anordnen. Dabei ist unerheblich, ob die Parteien ihre Behauptung durch Vorlage eigener oder gegnerischer Handelsbücher beweisen wollen und welche Partei die Beweislast trägt. Allerdings ist die Voraussetzung für die Anordnung der Vorlage die Überzeugung des Gerichts, dass die Vorlage zur Aufklärung vorgetragenen Sachverhalte dienen kann.[162] Auf den Vorlegungsantrag (§ 421 ZPO) einer Partei betreffend eine kaufmännische Urkunde, die der Gegner nach § 257 HGB aufzubewahren verpflichtet ist, und auf die Erklärung des Gegners, er besitze sie nicht mehr, kann das Gericht auch ohne förmliches Beweisverfahren den behaupteten möglichen Inhalt als bewiesen ansehen, vgl. § 444 ZPO.[163] Umgekehrt kann sich im Fall der Vernichtung nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist die Beweislast umkehren.[164] Der Gerichtsvollzieher darf Unterlagen, für die eine Aufbewahrungspflicht nach § 257 HGB besteht, nicht nach § 885 Abs. 4 Satz 2 ZPO vernichten.[165]
e) Anordnung der Vorlegung im Rechtsstreit
Tz. 126
§ 258 Abs. 1 HGB erlaubt über §§ 422, 423 ZPO hinaus dem Gericht, zur Klärung erheblicher streitiger Tatsachen die Vorlegung der Handelsbücher einer kaufmännischen Partei anzuordnen, auch von Amts wegen und nicht nur in Handelssachen. Die Anordnung ist auch nach Fristablauf noch möglich (§ 257 Abs. 4 HGB). § 258 HGB gilt an...
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