Tz. 122

Eine Haftung der DPR kommt aus verschiedenen Gründen in Betracht. Einen besonderen Haftungstatbestand normiert § 342c Abs.  1 Satz 4 HGB, der Verstöße gegen die dort besonders verankerte Verschwiegenheitspflicht der DPR betrifft (vgl. dort). Verstöße gegen die Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung können ebenfalls eine Haftung begründen.

aa) Pflichteninhalt

aa1) Gewissenhafte Prüfung

 

Tz. 123

Die Anforderung einer gewissenhaften Prüfung gehört zu den Kardinalpflichten jedes Wirtschaftsprüfers (§ 43 Abs.  1 WPO) und wird über § 342b Abs.  7 HGB auch für die DPR statuiert. Dementsprechend kann zur Konkretisierung des Gebotes auf § 4 der Berufssatzung der Wirtschaftsprüfer zurückgegriffen werden, wobei gewisse Anpassungen erforderlich sind (bspw. soweit Anforderungen an die Annahme durch den Prüfungsauftrag durch den Wirtschaftsprüfer angesprochen sind). Insbesondere zählen zu den Anforderungen, die sich daraus für eine gewissenhafte Prüfung ergeben:

  • Bindung an das Gesetz und die Beachtung fachlicher Regeln des Berufsstandes
  • Hinreichende Sachkunde

aa2) Unparteiische Prüfung

 

Tz. 124

Auch die Anforderung einer unparteiischen Prüfung gehört zu den Kardinalpflichten der Wirtschaftsprüfer gem. § 43 Abs.  1 WPO. Gem. § 20 der Berufssatzung der Wirtschaftsprüfer bedeutet Unparteilichkeit, keinen der Beteiligten zu benachteiligen oder zu bevorzugen. § 14 VerfO-DPR nennt beispielhaft Gründe, wann eine Person nicht an einer Prüfung durch die DPR mitwirken darf. Gem. § 13 Abs.  2 VerfO-DPR geltend diese Ausschlussgründe auch, wenn sie lediglich auf den Ehe- oder Lebenspartner der am Prüfungsverfahren beteiligten Person zutreffen. § 14 VerfO-DPR nennt insbesondere folgende Ausschlussgründe:

  • Es besteht die Besorgnis der Befangenheit, insbesondere weil Beziehungen geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art vorliegen.
  • Explizit darf eine Person insbesondere dann nicht in das Prüfverfahren einbezogen werden, wenn

    • sie Anteile oder nicht unwesentliche finanzielle Interessen an dem zu prüfenden Unternehmen besitzt,
    • sie als Vorstand, Aufsichtsrat oder Arbeitnehmer für das zu prüfende Unternehmen tätig war,
    • sie innerhalb der letzten drei Jahre an der Buchführung oder der internen Revision des zu prüfenden Unternehmens mitgewirkt oder für dieses bestimmte Dienstleistungen erbracht hat, die für die Rechnungslegung von Relevanz waren,
    • sie in den vergangenen drei Jahren an der Abschlussprüfung beteiligt war oder an dem gewählten Abschlussprüfer finanzielle Interessen hat.

bb) Anspruchsgrundlagen

bb1) § 342b Abs.  7 HGB als Anspruchsgrundlage?

 

Tz. 125

Teilweise klingt in der Literatur an, § 342b Abs.  7 HGB sei selbst Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des geprüften Unternehmens gegen die DPR.[252] Indes sprechen Wortlaut, Systematik und Gesetzesbegründung gegen diese Auffassung. Der Wortlaut des § 342b Abs.  7 HGB formuliert lediglich, dass die Prüfstelle nur für Vorsatz hafte. Anders als § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB, der die Haftung des Abschlussprüfers betrifft, werden gerade keine Haftungsvoraussetzungen normiert. Eine echte Anspruchsgrundlage für eine Haftung der DPR enthält ausdrücklich § 342c Abs.  1 Satz 1 HGB, falls diese gegen ihre Verschwiegenheitspflichten verstößt. Hätte der Gesetzgeber eine eigenständige Anspruchsgrundlage auch bei Verstößen gegen die Pflichten zur gewissenhaften und unparteilichen Prüfung konstituieren wollen, hätte er diese Pflichten mit in § 342c Abs.  1 Satz 1 HGB aufnehmen können; dass er dies nicht getan hat, spricht systematisch gegen die Auffassung, § 342b Abs.  7 HGB sei eine Anspruchsgrundlage. Schließlich hat der Gesetzgeber selbst erklärt, er gehe davon aus, dass als Anspruchsgrundlage insbesondere § 826 BGB in Betracht komme. Dies erweist sich zwar im Ergebnis als unzutreffend (dazu sogleich), belegt aber, dass der Gesetzgeber mit § 342b Abs.  7 HGB keine eigene Anspruchsgrundlage schaffen wollte.

[252] Hucke, in: Baetge/Kirsch/Thiele, BilanzR, § 342b HGB Rn. 110.

bb2) § 280 Abs.  1 BGB

 

Tz. 126

Als Anspruchsgrundlage kommt entgegen häufig vertretener Auffassung,[253] die auch der Gesetzgeber – zu Unrecht – seinen Ausführungen zugrunde legte,[254] insbesondere § 280 Abs.  1 BGB in Betracht. Die Norm ermöglicht eine Haftung im Falle der Verletzung von Pflichten, die Inhalt einer Sonderverbindung sind. Erforderlich ist ein Schuldverhältnis; ein solches kommt nicht nur durch Verträge zustande, sondern auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung von Verträgen oder durch "ähnliche geschäftliche Kontakte" (§ 311 Abs.  2 BGB). Eine solche Sonderverbindung liegt vor, wenn die DPR eine Prüfung vornimmt und das Unternehmen an der Prüfung mitwirkt. Sie entsteht durch die Erklärung zur Mitwirkung, was aus § 342b Abs.  4 Satz 1 HGB folgt.[255] Dabei werden die Pflichteninhalte gem. § 342b Abs.  7 HGB Bestandteil dieser schuldrechtlichen Sonderverbindung (§§ 311 Abs.  2 Nr. 3, 241 Abs.  2 BGB). Verletzt die DPR ihre Pflichten zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung, so liegt darin zugleich eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs.  1 Satz 1 BGB.

 

Tz. 127

Gem. § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB wird im Falle einer Pflich...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


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