aa) Fehler in den Vorperioden

aa1) Grundsatz der erfolgsneutralen rückwirkenden Korrektur

 

Tz. 90

IAS 8.42 und .46 schreiben den Grundsatz der rückwirkenden Feh­lerkor­rek­tur vor. Sie han­deln nicht von der Korrektur fehler­hafter bereits veröffentlichter Ab­schlüsse und schreiben diese, anders als die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung (vgl. DRS 13.26) auch nicht vor. Stattdessen sehen IAS 8.42 und .46 vor, dass der Feh­ler einer früh­eren Periode im ersten nach Entdeckung des Feh­lers auf­zu­stellenden Abschluss korrigiert wird.[193] Da­zu sind die Anfangssalden des Ab­schlusses (Eröf­f­nungs­bilanzwerte) und alle dargestellten Vorjahres- und Ver­gleichs­werte in der laufenden Periode erfolgs­neutral, aber in der Fehlerperiode erfolgswirksam zu korrigieren.[194] Ein Beispiel dazu geben die Anwen­dungsleitlinien zu IAS 8 (vgl. IAS 8.IG Example 1). Auch die Zeitreihen von Finanzkennzahlen werden nach IAS 8.46 so weit zurück angepasst, wie dies durchführbar ist. Die Ver­mö­gens-, Finanz- und Ertragslage und deren Entwicklung werden danach auf der Grundlage der be­richtigten Vorjahreswerte dargestellt. Sämtliche Informationen des Abschlusses sind damit so darzu­stel­len, als ob keine fehlerhaften Abschlüsse erstellt worden wären (vgl. IAS 8.5). Nur in der als Vergleichswert darzustellenden Ergebnisrechnung der Vorperiode, in der Eigen­kapitalveränderungsrechnung (vgl. Kapitel 12) und im Anhang (vgl. IAS 8.49) wird der Prozess der Fehlerkorrektur dargestellt.

 

Tz. 91

 

BEISPIEL

Bei Aufstellung des Abschlusses für X5 wird entdeckt, dass eine Lieferung im Geschäftsjahr X4 deren Wert 7 % des Jahresumsatzes betrug, schon am 28.12.X4 ausgeführt worden war und daher die Forderung der Periode X4 zuzurechnen ist.

Lösung:

 
  X5 X4 Korr X4 alt X3
Erlöse 100 107 100 100
Ergebnis vor Steuern 50 57 50 50
Steuern 15 17 15 15
Gewinn 35 40 35 35

Die Korrektur wird sich im Abschluss X5 nicht auf das Ergebnis der Periode X5, sondern nur auf das Ergebnis der Vergleichswerte für die Periode X4 aus.

[193] Zur abweichenden Fehlerfolge der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung nach DRS 13.25: "Die Auswirkungen aus der Korrektur von Fehlern sind grundsätzlich im Ergebnis der Berichtsperiode zu berücksichtigen".
[194] Mit Beispielen Zülch/Willms, in: MüKo-BilR, IAS 8 Rn. 52.

aa2) Einschränkungen der rückwirkenden Anpassung

 

Tz. 92

IAS 8.43–.47 regeln Ausnahmen vom Grundsatz der erfolgsneutralen rückwirkenden Kor­rek­tur. Soweit die Korrektur der Anfangssalden und Vorjahreswerte undurchführbar (impractible) ist, muss die Bi­lanzkorrektur nicht rückwirkend durchgeführt werden. Undurchführbar ist die rückwir­ken­de Kor­rektur nach der Definition in IAS 8.5, wenn die Anfangssalden und Vorjahres­werte "trotz aller angemessenen Anstrengungen" (every reasonable effort) nicht zutreffend ermittelt werden können. Mit dieser Formel werden der Grundsatz der Verlässlichkeit und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz adressiert.[195] Bei der Bemessung des ge­bo­tenen Aufwands ist eine Abwägung zwischen dem Gewicht des Fehlers (Relevanz), der Bedeu­tung der zutref­fenden Darstellung des Fehlers für die Abschlussadressaten (Wesentlich­keit) und der Kosten der rückwirkenden Korrektur vorzunehmen. Unterbleiben kann die rück­wir­kende Kor­rektur auch, soweit die Beschaffung der erforderlichen Sachverhaltsinformationen objektiv un­möglich ist, etwa weil die erforderlichen Daten aus Datenschutzgründen gelöscht werden mussten. In der Praxis kommt die in dieser Einschränkung zum Ausdruck kommende Anwendung des Wesentlichkeitsgrundsatzes selten zur Anwendung. Die Regel läuft in den meisten Fällen leer, es ist zu korrigieren.

Die IAS 8.50–.52 regeln weitere, in IAS 8.47 Satz 3 adressierte, Leitlinien zur Beurteilung der Un­durch­führbarkeit einer rückwirkenden Korrektur.

Die Durchführbarkeit ist periodenbezogenen zu beurteilen. Soweit eine rückwirkende Kor­rektur teilweise durchführbar ist, muss sie vorgenommen werden, soweit das möglich ist. Nach IAS 8.44 sind dann die Eröff­nungs­bilanz- und die Vergleichswerte mit den Werten anzusetzen, die sich aus der durch­führ­baren Korrektur ergeben. Nur im Einzelfall kann die rückwir­kende Korrektur eines wesentlichen Fehlers vollständig unterbleiben (vgl. IAS 8.44 und IAS 8.45).[196]

[195] Ähnlich Küting u. a., DB Beilage Nr. 7/2007 zu Heft Nr. 45, 1 (18): Merkmal der Verlässlichkeit und Abwägung von Kosten und Nutzen.
[196] Zülch/Willms, in: MüKo-BilR, IAS 8 Rn. 55: Fallweise Beschränkung auf die Berichtsperiode.

aa3) Angabepflichten

 

Tz. 93

Jede Fehlerkorrektur ist nach IAS 8.49 im Anhang zu erläutern. Darzustellen ist, gekenn­zeich­net als "Fehler"[197] und übereinstimmend mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung (vgl. DRS 13.32), die Art des Fehlers, die Art seiner Korrektur und, soweit das verhältnismäßig ist, die betragsmäßige Korrektur für jeden einzelnen berichtigten Posten in jeder früher dargestellten Periode, bzw. die betragsmäßige Korrektur am Anfang der frühesten dargestellten Periode. So­weit eine rück­wir­kende Korrektur unterblieben ist, weil sie nicht durchführbar war, ist dar...

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