bb1) § 342b Abs.  7 HGB als Anspruchsgrundlage?

 

Tz. 125

Teilweise klingt in der Literatur an, § 342b Abs.  7 HGB sei selbst Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des geprüften Unternehmens gegen die DPR.[252] Indes sprechen Wortlaut, Systematik und Gesetzesbegründung gegen diese Auffassung. Der Wortlaut des § 342b Abs.  7 HGB formuliert lediglich, dass die Prüfstelle nur für Vorsatz hafte. Anders als § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB, der die Haftung des Abschlussprüfers betrifft, werden gerade keine Haftungsvoraussetzungen normiert. Eine echte Anspruchsgrundlage für eine Haftung der DPR enthält ausdrücklich § 342c Abs.  1 Satz 1 HGB, falls diese gegen ihre Verschwiegenheitspflichten verstößt. Hätte der Gesetzgeber eine eigenständige Anspruchsgrundlage auch bei Verstößen gegen die Pflichten zur gewissenhaften und unparteilichen Prüfung konstituieren wollen, hätte er diese Pflichten mit in § 342c Abs.  1 Satz 1 HGB aufnehmen können; dass er dies nicht getan hat, spricht systematisch gegen die Auffassung, § 342b Abs.  7 HGB sei eine Anspruchsgrundlage. Schließlich hat der Gesetzgeber selbst erklärt, er gehe davon aus, dass als Anspruchsgrundlage insbesondere § 826 BGB in Betracht komme. Dies erweist sich zwar im Ergebnis als unzutreffend (dazu sogleich), belegt aber, dass der Gesetzgeber mit § 342b Abs.  7 HGB keine eigene Anspruchsgrundlage schaffen wollte.

[252] Hucke, in: Baetge/Kirsch/Thiele, BilanzR, § 342b HGB Rn. 110.

bb2) § 280 Abs.  1 BGB

 

Tz. 126

Als Anspruchsgrundlage kommt entgegen häufig vertretener Auffassung,[253] die auch der Gesetzgeber – zu Unrecht – seinen Ausführungen zugrunde legte,[254] insbesondere § 280 Abs.  1 BGB in Betracht. Die Norm ermöglicht eine Haftung im Falle der Verletzung von Pflichten, die Inhalt einer Sonderverbindung sind. Erforderlich ist ein Schuldverhältnis; ein solches kommt nicht nur durch Verträge zustande, sondern auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung von Verträgen oder durch "ähnliche geschäftliche Kontakte" (§ 311 Abs.  2 BGB). Eine solche Sonderverbindung liegt vor, wenn die DPR eine Prüfung vornimmt und das Unternehmen an der Prüfung mitwirkt. Sie entsteht durch die Erklärung zur Mitwirkung, was aus § 342b Abs.  4 Satz 1 HGB folgt.[255] Dabei werden die Pflichteninhalte gem. § 342b Abs.  7 HGB Bestandteil dieser schuldrechtlichen Sonderverbindung (§§ 311 Abs.  2 Nr. 3, 241 Abs.  2 BGB). Verletzt die DPR ihre Pflichten zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung, so liegt darin zugleich eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs.  1 Satz 1 BGB.

 

Tz. 127

Gem. § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB wird im Falle einer Pflichtverletzung grds. vermutet, dass der Verletzende diese zu vertreten hat, ihn also ein Verschulden trifft. Zu vertreten hat der Schuldner gem. § 276 Abs.  1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit. Die DPR müsste demnach grds. beweisen, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, also weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat; die Pflichtverletzung müsste zuvor das geprüfte Unternehmen beweisen. Allerdings normiert § 342b Abs.  7 2. Halbsatz HGB eine rechtspolitisch und rechtsdogmatisch zu Recht kritisierte[256]Haftungsbegrenzung auf vorsätzliche Verstöße. Soll diese nicht leerlaufen, ist sie auf die schuldrechtliche Haftung zumindest insoweit zu übertragen, als sie vorsätzliches Handeln verlangt. Ob damit zugleich auch die Beweislastregelung des § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB außer Kraft zu setzten ist, es also bei der üblichen Beweislastverteilung bleibt, wonach derjenige die ihm günstigen Tatsachen (hier also das Verschulden der DPR) zu beweisen hat, der sich auf sie beruft, ist offen. Die Frage stellt sich in ähnlicher Weise im Rahmen der Abschlussprüferhaftung gem. § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB. Teilweise wird aus der Eigenständigkeit der Anspruchsgrundlage, die das Verschulden als Anspruchsvoraussetzung und nicht – wie § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB – als Einwendung formuliert gefolgert, dass die Beweislastregel des § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB nicht gelten soll, der Anspruchssteller also beweisbelastet bleibt.[257] Ob dies für die Abschlussprüferhaftung zutrifft,[258] kann hier dahinstehen. Denn anders als § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB stellt § 342b Abs.  7 HGB keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern allein eine Haftungsprivilegierung dar. Sachliche Gründe dafür, dass die Beweislastregelung des § 280 Abs.  1 Satz 2 BGB hier nicht gelten soll, sind nicht ersichtlich.

[253] Grottel, in: BeckBilKo, § 342b HGB Rn. 17; Hucke, in: Baetge/Kirsch/Thiele, BilanzR, § 342b HGB Rn. 110; Paal, in: MüKo-HGB, § 342b HGB Rn. 53 f.
[254] BT-Drucks. 15/3421, 15.
[255] Zutreffend Hommelhoff, in: GroßKo-AktG, § 342b HGB Rn. 69.
[256] Claussen/Mock, in: KK-RechnR, § 342b HGB Rn. 38; Paal, in: MüKo-HGB, § 342b HGB Rn. 53 f.
[257] Schmidt/Feldmüller, in: BeckBilKo, § 323 HGB Rn. 106; ohne Begründung ebenso Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 323 HGB Rn. 34; im Ergebnis wohl auch Bertram, in: Bertram u. a., HGB, § 323 HGB Rn. 81.
[258] Dagegen die überwiegende juristische Literatur, vgl. Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 120; Habersack/...

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