I. § 326 HGB

 

Tz. 36

 

§ 326 Größenabhängige Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften und ­Kleinstkapitalgesellschaften bei der Offenlegung

(1) 1Auf kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1) ist § 325 Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, daß die gesetzlichen Vertreter nur die Bilanz und den Anhang einzureichen haben. 2Der Anhang braucht die die Gewinn- und Verlustrechnung betreffenden Angaben nicht zu enthalten.

(2) 1Die gesetzlichen Vertreter von Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) können ihre sich aus § 325 Absatz 1 bis 2 ergebenden Pflichten auch dadurch erfüllen, dass sie die Bilanz in elektronischer Form zur dauerhaften Hinterlegung beim Betreiber des Bundesanzeigers einreichen und einen Hinterlegungsauftrag erteilen. 2§ 325 Absatz 1 Satz 2, Absatz 1a und 1b ist entsprechend anzuwenden. 3Kleinstkapitalgesellschaften dürfen von dem in Satz 1 geregelten Recht nur Gebrauch machen, wenn sie gegenüber dem Betreiber des Bundesanzeigers mitteilen, dass sie zwei der drei in § 267a Absatz 1 genannten Merkmale für die nach § 267 Absatz 4 maßgeblichen Abschlussstichtage nicht überschreiten.

1. Einleitung

a) Überblick

 

Tz. 37

Die Vorschrift des § 326 HGB sieht Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften und die ihnen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften i. S. v. § 264a HGB sowie für Kleinstkapitalgesellschaften i. S. d. MicroBilG 2012 vor, weil die (vollständige) Aufstellung und Offenlegung der Rechnungslegung bei solchen Gesellschaften mit unverhältnismäßigen Kosten und mit Wettbewerbsnachteilen verbunden wäre.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 38

Die Bestimmung des § 326 Abs. 1 HGB übernimmt das Mitgliedstaatenwahlrecht gem. Art. 47 Abs. 2 der Vierten Richtlinie in das deutsche Recht und dient der Erleichterung gegenüber den Offenlegungspflichten des § 325 HGB für kleine Kapitalgesellschaften. Hingegen wurde Abs. 2 durch das MicroBilG 2012 neu angefügt. Er dient der weiteren Entlastung kleinster Kapitalgesellschaften durch eine vollständige Befreiung von der Offenlegungspflicht, an deren Stelle dann die bloße Hinterlegung beim Bundesanzeiger tritt.[55] Durch das BilRUG 2015 wurde präzisiert, dass Kleinstkapitalgesellschaften mit der Hinterlegung der Bilanz nicht alle Pflichten gem. § 325 HGB, sondern nur die Pflichten zur Offenlegung des Jahresabschlusses erfüllen können. In dem seltenen Fall, indem eine Kleinstkapitalgesellschaft einen Konzernabschluss aufstellen muss, bleibt die Pflicht zur Offenlegung dieses Konzernabschlusses unberührt.[56]

[55] Dazu Haller, DB 2012, 2109.
[56] BilRUG-RefE, 84.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 39

§ 326 Abs. 1 HGB gilt für sämtliche kleinen Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB, und zwar unabhängig von der Rechtsform. Kleine Aktiengesellschaften und kleine GmbHs sind gleichgestellt.[57] Die Größenklassen wurden im Zuge der Umsetzung der Bilanzrichtlinie 2013 durch das BilRUG 2015 angehoben, um den Mittelstand weiter zu entlasten. Da danach sind kleine Kapitalgesellschaften nunmehr solche, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmalen nicht überschreiten: 6 Mio. EUR Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages, 12 Mio. EUR Umsatzerlöse in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag und im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer. Die Erleichterung gelten nicht für den Konzernabschluss, ebenso wenig für kapitalmarktorientierte Gesellschaften i. S. d. § 264d HGB, die den organisierten Markt i. S. v. § 2 Abs. 5 WpHG in Anspruch nehmen oder die Zulassung ihrer Wertpapiere zum Handel in einem solchen Markt beantragt haben, und auch nicht für Kreditinstitute sowie Versicherungsunternehmen.[58]

 

Tz. 40

Abs. 2 gilt für Kleinstkapitalgesellschaften i. S. v. § 267a HGB, das sind kleine Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmalen nicht überschreiten: 350.000 EUR Bilanzsumme; 700.000 EUR Umsatzerlöse und im Jahresdurchschnitt zehn Arbeitnehmer.

[57] Bericht des Rechtsausschusses zum BiRiLiG, BT-Drucks. 10/4268, 121.
[58] Kersting, in: GroßKo-HGB, § 326 HGB Rn. 3.

d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven

 

Tz. 41

Durch das MicroBilG 2012 wurde die Tendenz der weiteren Auffächerung der Größenklassen im Bereich der Rechnungslegung und insbesondere ihrer Offenlegung fortgesetzt. Das ist einerseits positiv zu bewerten, weil es dem Umstand Rechnung trägt, dass Bilanzrecht herkömmlich "von oben nach unten" konzipiert ist, indem es in der für große Publikumsaktiengesellschaften entwickelten Form auf kleinere Gesellschaften erstreckt wird. Mit den Erleichterungen für kleine Gesellschaften entspricht der deutsche Gesetzgeber dem im europäischen Rahmen vorgegebenen Ansatz des think small first (vgl. dazu Kapitel 1 Tz. 62). Zugleich begegnet der Gesetzgeber damit der in jüngerer Zeit verschiedentlich geäußerten Kritik, man treibe es in Deutschland und Europa mit der Unternehmenspublizität zu weit.[59] Andererseits ist nicht zu verkennen, dass mit der immer weiteren Auffächerung der Größenklassen das Bilanzrecht an Transparenz und auch an Rechtssicherheit verliert. Im Schrifttum ist in diesem Zusammenhang bereits von einer inflationären Entwi...

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