Tz. 6

Die Offenlegungspflicht ist nach der Grundkonzeption des handelsrechtlichen Bilanzrechts subjektiv beschränkt auf eine

  • erste Kategorie der Kapitalgesellschaften und der Personenhandelsgesellschaften in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft & Co. (§ 325 i. V. m. §§ 264, 264a HGB) sowie auf eine
  • zweite Kategorie der großen Gesellschaften (§ 1 und PublG i. V. m. § 325 HGB).

Darin spiegelt sich das Grundverständnis der Unternehmenspublizität wieder, dass nämlich Publizitätspflichten in Abhängigkeit von der Teilnahme am Markt statuiert werden (Publizität als Korrelat der Marktteilnahme) und Rechnungslegungspublizität nur von solchen Unternehmen verlangt wird, die entweder wegen der besonderen Struktur ihres Unternehmensträgers (Kapitalgesellschaften und Kapitalgesellschaften & Co.) oder wegen ihrer schieren Größe (Bilanzsumme, Umsatzerlös, Arbeitnehmerzahl) den Markt besonders intensiv in Anspruch nehmen.[4] Die besonders intensive Inanspruchnahme des Marktes ergibt sich bei den Kapitalgesellschaften sowie Kapitalgesellschaften und Co. aus der typischen Organisations- und Haftungsstruktur des Unternehmensträgers: Sowohl die Trennung von Unternehmensinhaberschaft und Unternehmensleitung (separation of ownership and control) als auch die Beschränkung der Haftung der Unternehmensinhaber rechtfertigt die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses. Bei den wegen der schieren Größe publizitätspflichtigen Unternehmen ergibt sich die Rechtfertigung für die Offenlegungspflicht aus dem Umfang der Inanspruchnahme des Marktes für Unternehmensfinanzierung. Für beide Kategorien handelt es sich wohl gemerkt um Typisierungen. Allerdings erweisen sich diese Typisierungen als überzeugende und tragfähige Grundlage für die Auferlegung von Publizitätspflichten, die sich auch in der verfassungsrechtlichen Prüfung als recht robust erwiesen hat (vgl. Tz. 8).[5]

 

Tz. 7

In tatsächlicher Hinsicht stellt es sich so dar, dass in Deutschland gegenwärtig etwa 970.000 GmbHs, 17.000 AGs, 250 KGaAs, 20.000 ausländische Kapitalgesellschaften (insbesondere englische limited companies), 8.000 Genossenschaften und geschätzt deutlich mehr als 100.000 Kapitalgesellschaften und Co. der Offenlegungspflicht unterliegen.[6] Nach Schätzungen im Schrifttum kommen von diesen etwa 1,1 Mio. offenlegungspflichtigen Unternehmen rund 1 Mio. Unternehmen der Offenlegungspflicht nach.[7]

[4] Grundlegend zum Konzept der Unternehmenspublizität, Merkt, Unternehmenspublizität.
[5] Näher Zetzsche, in: KK-RechnR, Vorb. § 325 HGB Rn. 30 f.
[6] Angaben nach DB – Status Recht 2008, 390.
[7] Schlauß, DB 2011, 805.

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