Tz. 86

Kann der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers anhand der vorhandenen bzw. allgemein zugänglichen Informationen die Berechtigung zur Inanspruchnahme größenabhängige Erleichterungen bei der Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses oder der Erleichterung gem. § 327a HGB nicht überprüfen, so kann er unter gewissen Voraussetzungen die für die Feststellung des Eingreifens der Erleichterung erforderlichen Angaben (Umsatzerlöse, durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer, Angaben zur Eigenschaft als Kapitalgesellschaft im Sinne des § 327a HGB) verlangen. Allerdings setzt dieses Informationsrecht voraus, dass die Prüfung nach Abs. 1 Anlass zur Annahme gibt, die Erleichterungen seien zu Unrecht in Anspruch genommen worden. Jedoch ergibt sich ein Anhaltspunkt nicht bereits daraus, dass das Unternehmen für seine Größenklasse keine Nachweise erbracht hat.[90] Vielmehr muss sich aus den dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers zugänglichen Informationen ergeben, dass die Größenkriterien überschritten sein könnten. Insofern bedarf es einer begründeten Annahme.[91] Entsprechende Zweifel können sich aus der Bilanzsumme ergeben. Fehlen entsprechende Anhaltspunkte, so darf eine Überprüfung von Amts wegen nicht vorgenommen werden. Liegen Anhaltspunkte vor, so steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Betreibers des elektronischen Bundesanzeigers, ob dem Verdacht weiter nachgegangen wird oder nicht.[92]

 

Tz. 87

Zur Aufklärung des Sachverhaltes kann der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers von der Gesellschaft innerhalb angemessener Frist die Übermittlung der Umsatzerlöse und der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer, ggf. erstreckt auf mehrere Geschäftsjahre, verlangen. Ferner können Angaben zur Eigenschaft als Kapitalgesellschaft im Sinne des § 327a HGB verlangt werden, etwa Angaben zu den von der Gesellschaft begebenen Schuldtiteln, ihrer Stückelung sowie ihrer Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt. Einen Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erleichterungen hat das Unternehmen nicht zu führen. Ebenso wenig überprüft der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers die Richtigkeit der von der Gesellschaft auf Anfrage übermittelten Auskünfte.[93]

 

Tz. 88

Ein besonderes Informationsrecht steht dem Betreiber des Bundesanzeigers in den Fällen des § 325a Abs. 1 Satz 3 HGB zu. Können im Falle der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft die offenzulegenden Unterlagen nicht in deutscher oder englischer Sprache vorgelegt werden, weil die Amtssprache am Sitz der Hauptniederlassung eine andere Sprache ist, so kann im Einzelfall die Vorlage einer Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden.

[90] Kersting, in: GroßKo-HGB, § 329 HGB Rn. 8.
[91] ADS, § 329 HGB Rn. 20.
[92] Marsch-Barner, Kommentar zu § 329 HGB, in: Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN-Kaufrecht, 8. Aufl., Köln 2015, Rn. 4.
[93] ADS, § 329 HGB Rn. 22.

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