Tz. 3

Die Offenlegung von Jahresabschlüssen war vor der Bilanzrechtsreform von 1985 in den Vorschriften der §§ 309, 310 HGB a. F. sowie in gesellschaftsformbezogenen Vorschriften geregelt. Seither hat das System der handelsrechtlichen Publizität eine grundlegende Wandlung erfahren. Die Bestimmungen der §§ 325329 HGB wurden in Umsetzung der Vierten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie erlassen. Damit wurde eine rechtsformübergreifende und nach den Größenklassen der § 267 HGB gestaffelte Offenlegungspflicht für alle Kapitalgesellschaften eingeführt. Vor dieser Reform mussten, abgesehen von der Publizität für Großunternehmen nach dem PublG von 1969, nur Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien den Jahres- und gegebenenfalls den Konzernabschluss publizieren (§§ 177, 335 AktG i. d. F. von 1965). Weder die Personenhandelsgesellschaften noch die GmbH oder die GmbH & Co. waren der Offenlegungspflicht unterworfen. Für Personenhandelsgesellschaften außerhalb des PubG ist es bei dieser Rechtslage geblieben, während die GmbH und die GmbH & Co., letztere allerdings in Deutschland mit einiger Verspätung (dazu sogleich, vgl. Tz. 4), in das Publizitätssystem des Kapitalgesellschaftsrechts einbezogen worden sind.

 

Tz. 4

Die Einbeziehung der GmbH & Co. in die Offenlegungspflicht erfolgte in Deutschland mit erheblicher Verzögerung. Der Grund dafür lag darin, dass man der in der Praxis überaus beliebten und verbreiteten Rechtsform der GmbH & Co. KG den Gang in die Rechnungslegungspublizität ersparen wollte, weil man ein Offenlegung insoweit für überflüssig und der Rechtsform abträglich ansah. Formal ließ sich das einfach mit dem Hinweis begründen, dass es sich bei der GmbH & Co. KG der Sache nach um eine Personenhandelsgesellschaft handelt. Nach langen Auseinandersetzungen und um Zweifeln an der Einbeziehung der GmbH & Co. in den Anwendungsbereich der Vierten Richtlinie zu begegnen, verabschiedete der europäische Gesetzgeber im Jahre 1990 die GmbH & Co. KG-Richtlinie.[1] Sie wurde allerdings erst mit siebenjähriger Verspätung durch das die sogenannte GmbH & Co-Richtlinie-Gesetz umgesetzt, nachdem Deutschland dazu durch den EuGH im Jahre 1999 in der Rechtssache Tomberger verurteilt worden war.[2]

 

Tz. 5

Auch die Umsetzung der Sanktionierung verzögerte sich in Deutschland. Es bedurfte erst einer Klage vor dem EuGH und einer Verurteilung Deutschlands in der Rechtssache Daihatsu im Jahre, damit die Vorschrift des § 335 Abs. 1 HGB richtlinienkonform dahin geändert wurde, dass nicht lediglich ein eng umgrenzter Kreis von potenziellen Antragstellern das Verfahren auf Festsetzung eines Zwangsgeldes einzuleiten berechtigt ist, sondern jedermann diesen Antrag stellen kann.[3] Auch diese Anpassung wurde durch das GmbH & Co-Richtlinie-Gesetz vorgenommen.

[1] Richtlinie 90/605/EWG v. 16.11.1990, ABl. EG 1990, L 317, 60.
[2] EuGH, Urt. v. 22.04.1999, Rs. C-272/97, Slg. 1999, I-2175 (Tomberger).
[3] EuGH, Urt. v. 04.12.1997, Rs. C-97/96, Slg. 1997, I-6843 (Daihatsu).

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