a) Prüfungsumfang

 

Tz. 85

Die Prüfung durch den Betreiber des Bundesanzeigers beschränkt sich nach Abs. 1 Satz 1 auf die fristgerechte Einreichung und die Vollzähligkeit der Unterlagen. Welche Unterlagen im Einzelfall eingereicht werden müssen, folgt aus den Regelungen des § 325 Abs. 1, 2, 3 und 3a HGB. Dabei geht es um den Jahresabschluss bzw. den IFRS-Einzelabschluss und den Konzernjahresabschluss, den Lagebericht bzw. Konzernlagebericht, den Vorschlag und den Beschluss über die Ergebnisverwendung, den Bestätigungsvermerk, den Bericht des Aufsichtsrats, die ggf. erforderliche Entsprechenserklärung und den ggf. erforderlichen Bilanzeid. Die Prüfung umfasst nicht den Inhalt der Dokumente wie etwa Aufstellungserleichterungen. Geprüft werden ausschließlich die formalen Voraussetzungen, etwa die Größenkriterien für die Offenlegungserleichterungen nach §§ 326327a HGB oder die Voraussetzungen für einen IFRS-Einzelabschluss nach § 315a HGB. Materielle Prüfungen, etwa die Einhaltung der einschlägigen IFRS, sind nicht Bestandteil des Prüfungsprogramms. Geprüft wird nur die Einreichung der Unterlagen, nicht jedoch die Bekanntmachung im Bundesanzeiger (keine Bekanntmachungsprüfung).[88] Ebenso wenig wird geprüft, ob die Form- und Inhaltsstrenge gem. § 328 HGB eingehalten oder die Formblätter gem. § 330 HGB verwendet wurden (keine Formprüfung).[89] Ob die Einreichung fristgemäß erfolgt ist, beurteilt sich nach § 325 Abs. 1a Satz 1 und 2 HGB. Die Fristprüfung umfasst die Prüfung, ob die nach § 325 Abs. 1 Satz 2 HGB bestimmte Einjahresfrist bzw. die nach § 325 Abs. 4 Satz 1 HGB bestimmte Viermonatsfrist eingehalten wurde, ferner ob die Einreichung im Sinne von § 325 Abs. 1a Satz 2 HGB unverzüglich (vgl. Tz. 14) erfolgt ist.

[88] Drinhausen, in: MüKo-BilR, § 329 HGB Rn. 7.
[89] Zetzsche, in: KK-RechnR, § 329 HGB Rn. 19.

b) Informationsrechte des Bundesanzeigers

 

Tz. 86

Kann der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers anhand der vorhandenen bzw. allgemein zugänglichen Informationen die Berechtigung zur Inanspruchnahme größenabhängige Erleichterungen bei der Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses oder der Erleichterung gem. § 327a HGB nicht überprüfen, so kann er unter gewissen Voraussetzungen die für die Feststellung des Eingreifens der Erleichterung erforderlichen Angaben (Umsatzerlöse, durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer, Angaben zur Eigenschaft als Kapitalgesellschaft im Sinne des § 327a HGB) verlangen. Allerdings setzt dieses Informationsrecht voraus, dass die Prüfung nach Abs. 1 Anlass zur Annahme gibt, die Erleichterungen seien zu Unrecht in Anspruch genommen worden. Jedoch ergibt sich ein Anhaltspunkt nicht bereits daraus, dass das Unternehmen für seine Größenklasse keine Nachweise erbracht hat.[90] Vielmehr muss sich aus den dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers zugänglichen Informationen ergeben, dass die Größenkriterien überschritten sein könnten. Insofern bedarf es einer begründeten Annahme.[91] Entsprechende Zweifel können sich aus der Bilanzsumme ergeben. Fehlen entsprechende Anhaltspunkte, so darf eine Überprüfung von Amts wegen nicht vorgenommen werden. Liegen Anhaltspunkte vor, so steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Betreibers des elektronischen Bundesanzeigers, ob dem Verdacht weiter nachgegangen wird oder nicht.[92]

 

Tz. 87

Zur Aufklärung des Sachverhaltes kann der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers von der Gesellschaft innerhalb angemessener Frist die Übermittlung der Umsatzerlöse und der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer, ggf. erstreckt auf mehrere Geschäftsjahre, verlangen. Ferner können Angaben zur Eigenschaft als Kapitalgesellschaft im Sinne des § 327a HGB verlangt werden, etwa Angaben zu den von der Gesellschaft begebenen Schuldtiteln, ihrer Stückelung sowie ihrer Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt. Einen Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erleichterungen hat das Unternehmen nicht zu führen. Ebenso wenig überprüft der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers die Richtigkeit der von der Gesellschaft auf Anfrage übermittelten Auskünfte.[93]

 

Tz. 88

Ein besonderes Informationsrecht steht dem Betreiber des Bundesanzeigers in den Fällen des § 325a Abs. 1 Satz 3 HGB zu. Können im Falle der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft die offenzulegenden Unterlagen nicht in deutscher oder englischer Sprache vorgelegt werden, weil die Amtssprache am Sitz der Hauptniederlassung eine andere Sprache ist, so kann im Einzelfall die Vorlage einer Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden.

[90] Kersting, in: GroßKo-HGB, § 329 HGB Rn. 8.
[91] ADS, § 329 HGB Rn. 20.
[92] Marsch-Barner, Kommentar zu § 329 HGB, in: Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN-Kaufrecht, 8. Aufl., Köln 2015, Rn. 4.
[93] ADS, § 329 HGB Rn. 22.

c) Rechtsfolgen bei Verstoß

 

Tz. 89

Zunächst ordnet § 329 Abs. 2 Satz 2 HGB an, dass die in Anspruch genommenen Erleichterungen als zu Unrecht in Anspruch genommen gelten (Fiktion), wenn die Kapitalgesellschaft die fristgemäße Mitteilung im Verda...

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