a) Überblick

 

Tz. 27

Die Vorschrift des § 325a HGB regelt die Offenlegungspflichten für inländische Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 28

Die Vorschrift wurde im Jahr 1993 durch das Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Zweigniederlassungsrichtlinie)[45] eingefügt.[46] Durch das Euro-Bilanzgesetz von 2001 wurde die Option geschaffen, die Abschlussunterlagen der Zweigniederlassung in englischer Sprache bzw. in einer vom Register der Hauptniederlassung beglaubigten Abschrift der fremdsprachlichen Rechnungslegung einzureichen (Abs. 1 Satz 3 Nr. 1). Durch das BilMoG 2009 wurde im Wege des Verweises auf § 329 Abs. 4 HGB (vgl. Tz. 90) klargestellt, dass der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers das Bundesamt für Justiz auch bei einem Verstoß gegen § 325a HGB zu unterrichten hat.

[45] Richtlinie 89/666/EWG, ABl. 1989, L 395/36.
[46] BGBl. 1993 I, 1282.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 29

§ 325a HGB ist in subjektiver Hinsicht anzuwenden auf inländische Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat. Der Begriff der Zweigniederlassung ist nicht legal definiert. Man versteht darunter eine in personeller und sachlicher Hinsicht eigenständig bestehende Organisation eines kaufmännischen Unternehmens, die in räumlicher Trennung von der Hauptniederlassung dauerhaft selbstständig am Geschäftsverkehr teilnimmt.[47] Zum Kreis der ausländischen Kapitalgesellschaften wird man mit Blick auf die GmbH& Co.-Richtlinie auch die ausländischen Entsprechungen der in § 264a HGB den Kapitalgesellschaften gleichgestellten Personengesellschaften zählen müssen.[48] Die räumliche Beschränkung auf Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat entspricht nicht den Vorgaben der Elften Richtlinie, die in Art. 7 sogenannte Drittstaatengesellschaften ausdrücklich einbezieht. § 325a HGB findet auch Anwendung auf Gesellschaften mit Register Sitz in einem anderen EU Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat, die ihren Verwaltungssitz im Inland haben (Scheinauslandsgesellschaften). Dies folgt nach zutreffender Ansicht aus der Maßgeblichkeit der §§ 13d ff. HGB auch für Auslandsgesellschaften mit inländischem Verwaltungssitz.[49]

[47] Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB § 13 HGB Rn. 3.
[48] Zetzsche, in: KK-RechnR, § 325a HGB Rn. 10; anders Zimmer, in: GroßKo-HGB-Bilanzrecht, § 325a HGB Rn. 4

d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven

 

Tz. 30

Für das deutsche Recht war die Bilanzpublizität der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Hauptniederlassung über das inländische Handelsregister eine ganz wesentliche Neuerung.[50] Offenbar vor dem Hintergrund der damals noch generell herrschenden Sitztheorie stellt die Norm allerdings abweichend von der Richtlinie nicht auf die Gesellschaft, sondern auf die Hauptniederlassung ab. Dies ist im Wege der richtlinienkonforme Auslegung zu korrigieren, d. h. offenzulegen sind die nach dem Gesellschaftsstatut erstellten Rechnungslegungsunterlagen der Gesellschaft.[51]

[50] Merkt, Unternehmenspublizität, 134 f.
[51] Schumann, ZIP 2007, 1189 (1191).

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