Tz. 227

Die rechtliche Bedeutung des Bestätigungsvermerks liegt in erster Linie darin, dass der Jahresabschluss ohne sein Vorliegen nicht festgestellt (vgl. § 316 Abs. 1 Satz 2 HGB) bzw. der Konzernabschluss nicht gebilligt werden kann (vgl. § 316 Abs. 2 Satz 2 HGB). Ein ohne vorliegenden Bestätigungsvermerk festgestellter Jahresabschluss einer prüfungspflichtigen AG ist nach § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG nichtig. Allerdings ist es für die Feststellung und damit auch für den Gewinnverwendungsbeschluss unerheblich, in welcher Form der Bestätigungsvermerk erteilt wurde (uneingeschränkt, eingeschränkt) oder ob er versagt wurde.[410] Den Aufsichtsrat treffen in einem solchen Fall jedoch gesteigerte Sorgfaltspflichten, d. h. er hat den Einwendungen des Abschlussprüfers nachzugehen und nach § 171 Abs. 2 Satz 3 AktG bzw. § 52 Abs. 1 GmbHG dazu Stellung zu nehmen. Wenn er den Jahresabschluss dennoch feststellt, hat der Aufsichtsrat des Weiteren zu begründen, warum er keine Einwendungen gegen den Jahresabschluss erhebt.[411] In anderen Fällen, wie der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 209 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 AktG, §§ 57e Abs. 1 und 57f Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 GmbHG), der Änderung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung (§ 173 Abs. 3 Satz 1 AktG) oder der Ausgabe von Aktien an Arbeitnehmer unter Verwendung eines Teils des Jahresüberschusses zur Deckung der Einlagenverpflichtung (§ 204 Abs. 3 Satz 1 AktG), ist das Vorliegen eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks hingegen gesetzlich vorgeschrieben.[412] Des Weiteren kann ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk oder ein Versagungsvermerk ein Anhaltspunkt für Organisationsmängel oder Pflichtverletzungen der gesetzlichen Vertreter sein und sich hinsichtlich der Entlastung der Gesellschaftsorgane nachteilig auswirken.[413] Die geprüfte Gesellschaft hat einen Rechtsanspruch auf die Erteilung eines Bestätigungsvermerks bzw. eines Versagungsvermerks, denn nur dadurch wird die Beendigung der Prüfung als Voraussetzung für die Feststellung des Jahresabschlusses dokumentiert.[414] Der Anspruch kann in Form einer Leistungsklage durchgesetzt werden.[415]

 

Tz. 228

Das AReG, das zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der EU-Abschlussprüfungs-Richtlinie[416] sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Abschlussprüfungs-Verordnung[417] im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse dient, hat mehrere Änderungen im § 322 HGB vorgenommen:

  • Klarstellung in Abs. 1, dass der Bestätigungsvermerk der Schriftform bedarf
  • Hinweis im neuen Abs. 1a, dass der Abschlussprüfer bei der Erstellung des Bestätigungsvermerks die ISA anzuwenden hat; offen ist hierbei die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang die Europäische Kommission von dieser Möglichkeit zukünftig Gebrauch macht
  • Gesetzliche Verankerung in Abs. 4, dass ein sonstiger ergänzender Hinweis nicht nur bei einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk, sondern auch bei einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk und einem Versagungsvermerk möglich ist, wobei die Umstände, die zur Einschränkung bzw. zur Versagung geführt haben, nicht Gegenstand des Hinweises sind
  • Regelung von Gemeinschaftsprüfungen im neuen Abs. 6a; danach soll die Beurteilung des Prüfungsergebnisses einheitlich erfolgen; sofern dies ausnahmsweise nicht möglich ist, sind die Gründe hierfür darzulegen
  • Klarstellung in Abs. 7 Satz 1, dass mit der Ortsangabe bei der Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks bzw. des Vermerks über seine Versagung der Ort der Niederlassung des Abschlussprüfers gemeint ist
  • Ergänzung in Abs. 7 Satz 1, wonach bei Gemeinschaftsprüfungen alle bestellte Personen zu unterzeichnen haben

Der im RefE noch vorgesehene neue § 322a HGB[418], der einem einheitlichen Bestätigungsvermerk für alle Abschlussprüfungen, unabhängig von insbesondere der Größe des geprüften Unternehmens, und somit der Vergleichbarkeit von Prüfungsergebnissen, der Transparenz und letztendlich dem Vertrauen der Adressaten in das Prüfungsergebnis, dienen sollte, wurde im RegE gestrichen. Im RefE wurde angeführt, dass, da für Bestätigungsvermerke zur Prüfung von Unternehmen des öffentlichen Interesses die Regelungen des Art. 10 der EU-Verordnung unmittelbar gelten werden, es zur Wahrung der Einheitlichkeit des Bestätigungsvermerks unumgänglich sei, diese materiellen Vorgaben auf die Beurteilung der Prüfung sonstiger Unternehmen zu erstrecken.[419] Die Schlussfassung sieht hingegen davon ab, die neuen Regelungen der EU-Verordnung auf alle Unternehmen zu übertragen, und zieht es vor, eine mögliche Ausdehnung auf alle Unternehmen erst nach Beobachtung der ersten Erfahrungen mit dem erweiterten Bestätigungsvermerk zu prüfen.

[410] Habersack/Schürnbrand, § 322 HGB, in: Staub (Hrsg.), Großko-HGB, § 322 HGB Rn. 3.
[411] Plendl, in: IDW, WP-Hdb. I, Q Rn. 415.
[412] ADS, § 322 HGB Rn. 33 ff; Ebke, in: MüKo-HGB, § 322 HGB Rn. 3.
[413] Wiedmann, in: Ebenroth u. a., HGB, § 322 HGB Rn. 6.
[414] Elkart/Naumann, WPg 1995, 357 (359).
[415] ADS, § 322 HGB ...

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