Tz. 54

In Abhängigkeit zur Rechtsform des zu prüfenden Unternehmens ist das Wahlverfahren unterschiedlich strukturiert. Insbesondere bei Aktiengesellschaften ist die Vorgehensweise – vor dem Hintergrund der sachlichen Erfordernisse großer Publikumsgesellschaften – äußerst förmlich geregelt. Bei den übrigen Rechtsformen ist das Vorgehen zwar an das der Aktiengesellschaften angelehnt, in einzelnen Bereichen können jedoch Abweichungen bestehen.[51]

 

Tz. 55

Bei Aktiengesellschaften wird die Wahl des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung gem. § 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG zwingend vorgeschrieben, wodurch eine möglichst unparteiische und von den Organen der Aktiengesellschaft unabhängige Prüfung sichergestellt werden soll.

Durch EU-Verordnung, geltend ab dem 17.06.2016, wurden die Anforderungen an das Auswahlverfahren für den Abschlussprüfer bei sog. Unternehmen von öffentlichem Interesse[52] wie folgt festgelegt:[53] Die Gesellschaft hat, sofern keine größenabhängige Erleichterung i. S. v. Art. 16 Abs. 4 EU-VO greift, künftig Ausschreibungsunterlagen zu erstellen,[54] in denen unter anderem die Art der durchzuführenden (Konzern-)Abschlussprüfung zu konkretisieren ist und die Auswahlkriterien für die Bewertung der Vorschläge der Abschlussprüfer darzustellen sind. Nachdem das Auswahlverfahren durchgeführt wurde, muss der Prüfungsausschuss eine Empfehlung an den Aufsichtsrat zur Auswahl des Abschlussprüfers abgeben, die künftig auch zu begründen ist, und mindestens zwei Vorschläge zu enthalten hat. Der Vorschlag an die Hauptversammlung für die Bestellung des Abschlussprüfers muss die Empfehlung des Prüfungsausschusses und seine Präferenz enthalten. Weicht der Aufsichtsrat von der Empfehlung des Prüfungsausschusses ab, so hat er dies gegenüber der Hauptversammlung zu begründen. Das Wahlrecht der Hauptversammlung ist unbeschränkt und es besteht keine Bindungswirkung an die Vorschläge des Aufsichtsrates.[55]

Für den Wahlvorgang bestehen umfassende aktienrechtliche Bestimmungen. Die Einberufung der Hauptversammlung obliegt dem Vorstand. Dieser hat auf Vorschlag des Aufsichtsrats die Wahl des Abschlussprüfers als Tagesordnungspunkt bekannt zu geben. Aktionäre haben dabei die Möglichkeit zur Unterbreitung von Wahlvorschlägen. Gem. § 133 Abs. 1 AktG ist für den Wahlbeschluss die einfache Mehrheit ausreichend, wenngleich die Satzung abweichende Regelungen aufweisen kann. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften ist der Wahlbeschluss in der Hauptversammlung notariell zu beurkunden, während bei den übrigen Aktiengesellschaften eine vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnete Niederschrift ausreicht, falls es nicht durch andere Tagesordnungspunkte (u. a. Beschlussfassung zu Kapitalmaßnahmen) der notariellen Beurkundung bedarf.[56]

 

Tz. 56

Bei der KGaA wählt – korrespondierend zur Aktiengesellschaft – die Hauptversammlung den Abschlussprüfer (§ 285 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AktG), wobei den persönlich haftenden Gesellschaftern kein Stimmrecht zusteht. Gleichwohl steht ihnen nach § 285 Abs. 3 AktG das Recht zu, die Ersetzung des Abschlussprüfers zu betreiben.[57]

Bei der GmbH wird der Abschlussprüfer i. d. R. von den Gesellschaftern gewählt. Es besteht die Möglichkeit, diese Kompetenz im Gesellschaftsvertrag auf andere Gremien – Aufsichtsrat, Beirat oder Gesellschafterausschuss – zu übertragen. Nicht gestattet ist eine Übertragung auf die Geschäftsführung. Der Ablauf des Wahlvorgangs liegt primär im Kompetenzbereich der Gesellschafter bzw. kann im Zuge des Gesellschaftsvertrags gestaltet werden. Möglich ist daher bspw. auch eine ausschließlich schriftliche Beschlussfassung ("Umlaufverfahren").[58]

Bei der KapCo-Gesellschaft gem. § 264a HGB ist eine Wahl des Abschlussprüfers durch die Gesellschafter vorzunehmen. Bei der KG sind die Kommanditisten einzubeziehen. In Übereinstimmung zur GmbH ist die Übertragung der Wahlkompetenz auf ein anderes Gremium auch bei der KapCo-Gesellschaft gestattet.[59]

 

Tz. 57

Das Verfahren zur Wahl des Abschlussprüfers für den Konzernabschluss ist identisch mit der Wahl des Abschlussprüfers für den Jahresabschluss des Mutterunternehmens. Sofern von einer gesonderten Wahl des Konzernabschlussprüfers abgesehen wird, ist der Prüfer des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens auch als bestellter Konzernabschlussprüfer anzusehen (§ 318 Abs. 2 Satz 1 HGB).[60]

 

Tz. 58

Gem. nach AReG neu eingefügtem § 318 1b HGB-E sind Vereinbarungen, die die Wahlmöglichkeiten nach Abs. 1 auf bestimmte Kategorien oder Listen von Abschlussprüfern beschränkt, nichtig.

[51] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 318 HGB Rn. 6.
[52] BT-Drucks. 18/7902, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der RL 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei PIE (AReG).
[53] Europäische Union, Verordnung (EG) Nr. 537/2014 des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlich...

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