1. Erstkonsolidierung

a) Goodwill

 

Tz. 622

Der goodwill wird in IFRS 3.Anhang nur indirekt als Residualgröße definiert. So verkörpert dieser einen Vermögenswert, der zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen aus anderen im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses erworbenen, nicht einzeln identifizierten und separat angesetzten Vermögenswerten darstellt.

Der im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses erworbene goodwill ist nach Auffassung des Standardsetzers zweifelsfrei als Vermögenswert einzustufen (IFRS 13.BC312 ff.), woraus sich eine unmittelbare Aktivierungspflicht ableitet. Mit Blick auf die fehlende individuelle Identifizierbarkeit des goodwill ist dieser nicht direkt ermittelbar. Der goodwill wird in Form einer Residualgröße getrennt von den identifizierbaren Vermögenswerten berechnet und angesetzt.[835]

 

Tz. 623

Grundsätzlich ergibt sich der goodwill gem. IFRS 3.32 aus der Summe des beizulegenden Zeitwerts der übertragenen Gegenleistung, dem Wert der Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter (entweder zum beizulegenden Zeitwert oder zum anteiligen Wert des Nettovermögens) sowie dem beizulegenden Zeitwert ggf. bereits vor Kontrollerlangung bestehender Altanteile abzüglich des beizulegenden Zeitwerts des erworbenen identifizierbaren Nettovermögens.

 

Tz. 624

Nachfolgende Darstellung fasst die Vorgehensweise zur Entstehung eines positiven (goodwill) bzw. negativen Unterschiedsbetrags gemäß IFRS 3 zusammen:[836]

Die Ermittlung des Unterschiedsbetrags

 

Tz. 625

 

BEISPIEL

Beispiel für die Berechnung des goodwill[837]

Die XY-AG nimmt einen Erwerb von 80 % der Anteile an der ABC-AG vor. Die XY-AG gibt neben einer geleisteten Barzahlung i. H. v. 200.000 EUR zusätzlich Aktien an den Veräußerer aus, die einen beizulegenden Zeitwert i. H. v. 600.000 EUR aufweisen. Die erworbenen Vermögenswerte und Schulden weisen einen beizulegenden Zeitwert i. H. v. 800.000 EUR auf. Die Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter werden mit einem beizulegenden Zeitwert von 200.000 EUR bemessen.

Die Berechnung des goodwill ist wie folgt vorzunehmen:

 
  Betrag in EUR

Übertragene Gegenleistung

 Aktien

 Barzahlung

600.000

200.000
Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter 200.000
Zwischensumme 1.000.000
Erworbene Vermögenswerte und Schulden - 800.000
goodwill 200.000

Berechnung des goodwill

 

Tz. 626

IFRS 3.19 gewährt das Wahlrecht, die nicht beherrschenden Anteile zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten und somit auch den goodwill, der auf diese Minderheiten entfällt, zu aktivieren. Wird der auf das gesamte Unternehmen bezogene goodwill erfasst, handelt es sich um die sog. full-goodwill-Methode.[838]

Daneben hat das erwerbende Unternehmen auch die Möglichkeit, die nicht beherrschenden Anteile nur mit dem Anteil am beizulegenden Zeitwert des Nettovermögens zu bestimmen, d. h. die sog. purchased-goodwill-Methode käme zur Anwendung. Der nicht beherrschende Anteil wird in diesem Fall als Prozentwert des Nettovermögens berechnet. Im Vergleich zur full-goodwill-Methode ist der sich ergebende goodwill folgerichtig um den auf die nicht beherrschenden Anteile entfallenden Teil des goodwill niedriger.[839]

 

Tz. 627

Nachfolgendes Beispiel verdeutlicht die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der full-goodwill-Methode und der purchased-goodwill-Methode:

 

BEISPIEL

Full-goodwill-Methode versus purchased-goodwill-Methode[840]

Die XY-AG erwirbt 80 % der Anteile an der ABC-AG für 360.000 EUR und erlangt auf diese Weise die Beherrschungsmöglichkeit. Die übrigen 20 % der Anteile an der ABC-AG werden an einer Börse gehandelt und weisen einen Marktwert i. H. v. 90.000 EUR auf. Das vollständig identifizierbare Nettovermögen hat einen beizulegenden Zeitwert i. H. v. 330.000 EUR.

Bei Anwendung der full-goodwill-Methode ergibt sich ein goodwill i. H. v. 120.000 EUR ((360.000 EUR + 90.000 EUR) - 330.000 EUR = 120.000 EUR). Im Ergebnis kommt es zu einem "Mehrheiten-goodwill" i. H. v. 96.000 EUR (80 %) und einem "Minderheiten-goodwill" i. H. v. 24.000 EUR (20 %).

Bei Anwendung der purchased-goodwill-Methode ergibt sich demgegenüber ein goodwill i. H. v. 96.000 EUR (360.000 EUR - (330.000 EUR x 0,8) = 96.000 EUR). Im Ergebnis kommt es zu einem "Mehrheiten-goodwill" i. H. v. 96.000 EUR. Ein "Minderheiten-goodwill" liegt hingegen nicht vor.

Letztlich ergibt sich bei Anwendung der full-goodwill-Methode ein im Vergleich zur purchased-goodwill-Methode um 24.000 EUR höherer goodwill.

[835] Berndt/Gutsche, in: MüKo-BilR, IFRS 3 Rn. 82.
[836] In Anlehnung an Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 231.
[837] In Anlehnung an Buschhüter, in: Buschhüter/Striegel, IFRS, IFRS 3 Rn. 117.
[838] Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 31 Rn. 134. Für eine kontroverse Würdigung der full-goodwill-Methode Freiberg/Haaker, PiR 2013, 22 (22 f.).
[839] Berndt/Gutsche, in: MüKo-BilR, IFRS 3 Rn. 99.
[840] In Anlehnung an Berndt/Gutsche, in: MüKo-BilR, IFRS 3 Rn. 102.

b) Negativer Unterschiedsbetrag

 

Tz. 628

Neben dem in der Praxis geläufigen Erwerb zu einem Preis oberhalb des Marktwerts und der damit einhergehenden Entstehung eines goodwill, ist es in Ausnahmefällen auch d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


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