Tz. 419

Immaterielle Vermögenswerte

Der Erwerbsmethode folgend sind in der Konzernbilanz alle vom Erwerber im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses erworbenen immateriellen Vermögenswerte gesondert anzusetzen. Dieses Ansatzgebot gilt sowohl für die bereits vor dem Unternehmenszusammenschluss im Abschluss des erworbenen Unternehmens angesetzten Vermögenswerte als auch für die nicht angesetzten immateriellen Vermögenswerte. Nach den Bestimmungen des IFRS 3 ist ein immaterieller Vermögenswert immer dann anzusetzen, sofern der zugrunde liegende Sachverhalt die in IAS 38 für diese Kategorie von Vermögenswerten festgelegten Definitionskriterien erfüllt. Zu einem Ansatz kommt es demnach bei Identifizierbarkeit des immateriellen Vermögenswerts, während die zuverlässige Wertbemessung unterstellt wird.[569]

 

Tz. 420

Die Hauptschwierigkeit bei der Identifizierung der immateriellen Vermögenswerte besteht darin, dass diese vor dem Hintergrund der weitreichenden Bilanzierungsverbote zu einem beträchtlichen Teil nicht in der fortlaufenden Bilanzierung des erworbenen Unternehmens zu finden sind. Dies trifft vor allem auf die sich einer rechtlichen Absicherung entziehenden immateriellen Vermögenswerte zu. Hierzu gehören u. a. Betriebsgeheimnisse, Kundenbeziehungen, langfristig entwickelte Fertigungsverfahren oder ein bestehender Mitarbeiterstamm.[570]

Die Grundlage des Ansatzes von erworbenen immateriellen Vermögenswerten bildet somit ein systematischer Identifikationsprozess, bei dem sämtliche bisher nicht angesetzte potenzielle immaterielle Vermögenswerte auf ihre mögliche Ansatzfähigkeit zu untersuchen sind.[571]

IFRS 3.B31 ff. enthalten Bestimmungen zum Ansatz immaterieller Vermögenswerte, die sich weitgehend auf die Ansatzkriterien des IAS 38 beziehen. Dass das Kriterium der Identifizierbarkeit wiederholt genannt wird, ist auf die Abgrenzungsschwierigkeiten einzeln identifizierbarer immaterieller Vermögenswerte vom goodwill zurückzuführen.[572] So liegt gemäß IFRS 3.B31 f. ein identifizierbarer immaterieller Vermögenswert vor, sofern Separierbarkeit gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn ein Vermögenswert alleine oder im Zusammenhang mit anderen Vermögenswerten bspw. veräußert, verpachtet oder lizensiert werden kann. Daneben gilt ein Vermögenswert als separierbar, sofern er auf einem vertraglichen oder sonstigen Recht beruht. Zur Konkretisierung dieser Kriterien enthalten IFRS 3.IE16 ff. eine nicht abschließende Auflistung immaterieller Vermögenswerten, die bei Vorliegen eines Unternehmenszusammenschlusses selbständig zu erfassen sind:[573]

 
Gruppe immaterieller Vermögenswerte Auf vertraglichen/sonstigen Rechten ­beruhend Nicht auf vertraglichen/sonstigen Rechten beruhend, aber separierbar
absatzmarktbezogen
(IFRS 3.IE18–22)

- Warenzeichen, Firmenlogos, etc.

- Aufmachung und Design

- Internetadressen

- Zeitungstitel

- Wettbewerbsverbote (vertraglich)
 
kundenbezogen
(IFRS 3.IE23–31)

- Auftragsbestand

- Aufträge in Bearbeitung

- vertragliche Kundenbeziehungen

- Kundenlisten

- nicht vertragliche Kundenbeziehungen

künstlerisch

(IFRS 3.IE32 f.)

- Theaterstücke, Opern, Ballettstücke

- Bücher, Zeitschriften, Zeitungen

- Kompositionen, Liedtexte

- Werbemelodien

- Gemälde, Fotos

- Videoaufzeichnungen, Filme

- Musikvideos, Fernsehprogramme
 
vertragsbezogen
(IFRS 3.IE34–38)

- Lizenzen, Stillhaltevereinbarungen

- Werbeverträge

- Fertigungsaufträge

- Geschäftsführungsverträge

- Dienstleistungs- und Lieferverträge

- Leasingverträge

- Baugenehmigungen

- Franchiseverträge

- Betreiber- und Senderechte

- Förderungs- und Abbaurechte

- Verwaltungs-/Abwicklungsverträge

- Arbeitsverträge
 
technologiebezogen
(IFRS.IE39.44)

- Patente

- EDV-Software

- Betriebsgeheimnisse (z. B. Formeln)

- nicht patentierte Technologien

- Datenbanken

Erworbene immaterielle Vermögenswerte gemäß IFRS 3

 

Tz. 421

In einigen Fällen bestehen Interdependenzen zwischen verschiedenen immateriellen Vermögenswerten oder zwischen immateriellen und materiellen Vermögenswerten, die bei der Frage nach dem Ansatz eines immateriellen Vermögenswerts zu beachten sind. Vor diesem Hintergrund kann bspw. der Ansatz eines immateriellen Vermögenswerts aus Wesentlichkeitsgründen unterbleiben, sofern zwar Werttreiber identifizierbar sind, der abgrenzbare Wertbeitrag primär jedoch einem sog. leading asset zuordenbar ist.[574]

 

Tz. 422

Eventualschulden

Die Bilanzierung von Eventualschulden wird generell durch die Bestimmungen des IAS 37 geregelt, wonach ein Passivierungsverbot mit gleichzeitiger Pflicht einer Anhangangabe besteht (IAS 37.27 f.). Nach IFRS 3.23 gelten die Vorschriften des IAS 37 jedoch nicht für die im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses übernommenen Eventualschulden. Stattdessen hat der Erwerber diese zum Erwerbszeitpunkt anzusetzen, sofern es sich um eine gegenwärtige Verpflichtung handelt, die aufgrund früherer Ereignisse entstanden ist und deren beizulegender Zeitwert verlässlich ermittelbar ist. Es kommt demnach selbst dann zu einem Ansatz einer Eventualschuld, wenn es unwahrscheinlich ist, dass ...

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