aa) Auslegung der Norm

 

Tz. 196

Nach Abs. 2 braucht ein Tochterunternehmen nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn es für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung ist. Bei der Auslegung des unbestimmten Begriffs "untergeordnete Bedeutung" ist eine restriktive Auslegung geboten.[328]

[328] Kindler, in: GroßKo-HGB, § 296 HGB Rn. 17; weiterführend Meyer, BB 2013, 2411 ff.

bb) Unternehmen von untergeordneter Bedeutung

 

Tz. 197

Bei der Beurteilung der Bedeutung eines Tochterunternehmens kommt es auf das Gesamtbild aller relevanten Umstände an. Diese sind insbesondere:[329]

  • Struktur des Abschlusses des Unternehmens
  • Geschäftstätigkeit
  • Beziehungen zu anderen Konzernunternehmen

Entscheidend ist die Perspektive des Adressaten des Abschlusses: Eine untergeordnete Bedeutung kann nur vorliegen, wenn der Konzernabschluss bei Nichteinbeziehung des in Rede stehenden Tochterunternehmens weiterhin kein wesentlich anderes Bild bietet als bei seiner Einbeziehung. Dabei muss das Unternehmen kumulativ sowohl für die Vermögens-, Finanz-, als auch die Ertragslage von untergeordneter Bedeutung sein.[330]

Relevant sind zum einen quantitative Aspekte, wie z. B.:[331]

  • Bilanzsumme
  • Jahresergebnis
  • Umsatzerlöse

Eine feste Wesentlichkeitsschwelle gibt das Gesetz nicht vor.

Vielmehr sind daneben qualitative Faktoren zu berücksichtigen, die dazu führen können, dass das Tochterunternehmen, obwohl quantitativ von untergeordneter Bedeutung, in den Konzernabschluss einzubeziehen ist. Qualitative Faktoren sind z. B.:[332]

  • Tochterunternehmen mit verlustreichen Tätigkeiten (z. B. Forschungs- und Entwicklungsgesellschaften)
  • Bedeutung des Unternehmens für die Darstellung eines "Turnaround"
  • Möglicher Einfluss des Unternehmens auf die (erfolgsabhängige) Vergütung von Führungskräften
  • Möglicher Einfluss auf Kreditvereinbarungen (breach of covenants etc.)
  • Einstieg des Unternehmens in neue, ungewöhnliche und/oder besonders risikoreiche Geschäftsbereiche
  • Übernahme kleiner aber unternehmenstypischer Funktionen (z. B. Grundstücks- oder Finanzierungsgesellschaften)
 

Tz. 198

Die Norm fordert eine Gesamtbetrachtung. Sind mehrere Tochterunternehmen für sich genommen jeweils von untergeordneter Bedeutung, kommt eine Nichteinbeziehung nur in Betracht, wenn sie darüber hinaus in ihrer Gesamtheit von untergeordneter Bedeutung sind (sog. doppeltes Minusprinzip, Abs. 2 Satz 2).[333]

Für die Frage, ob ein Tochterunternehmen von untergeordneter Bedeutung ist, müssen darüber hinaus sämtliche Enkelunternehmen etc. in die Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden.[334]

[329] DRS 19.102.
[330] DRS 19.102; Kindler, in: GroßKo-HGB, § 296 HGB Rn. 18.
[331] DRS 19.103.
[332] DRS 19.103 f.; Senger/Hoehne, in: MüKo-BilR, § 296 HGB Rn. 53.
[333] DRS 19.105; Selchert/Baukmann, BB 1993, 1331 ff.
[334] DRS 19.105; Förschle/Deubert, in: BeckBilKo, § 296 HGB Rn. 36.

cc) Zeitliche Aspekte

 

Tz. 199

Die Prüfung hat an jedem Konzernabschlussstichtag neu zu erfolgen. Dabei ist nicht nur auf den einzelnen Konzernabschluss abzustellen, sondern (auch) auf den Vergleich der Konzernabschlüsse im Zeitablauf.[335]

[335] DRS 19.102.

dd) Folgen bei Nichtkonsolidierung

 

Tz. 200

Eine Einbeziehung nach Maßgabe der Equity-Methode ist (unter den dort genannten Voraussetzungen, vgl. Kapitel 16 Tz. 41 ff.) grundsätzlich möglich. Allerdings wird das Unternehmen regelmäßig auch i. S. v. § 311 Abs. 2 HGB von untergeordneter Bedeutung sein. Dann kommt leidglich eine Bilanzierung als einfache Beteiligung nach fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten in Betracht. Eine Quotenkonsolidierung scheidet aus.[336]

[336] Senger/Hoehne, in: MüKo-BilR, § 296 HGB Rn. 64.

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