Tz. 48

Die Bedeutung der Identifizierung von relevanten Aktivitäten beruht darauf, dass die Erfüllung des Kriteriums der Entscheidungsgewalt hiervon abhängt. So hat diejenige Person Entscheidungsgewalt über ein Unternehmen, die auf der Grundlage schuld- oder gesellschaftsrechtlicher Rechtspositionen die relevanten Aktivitäten bestimmen kann (IFRS 10.10 f.).[108]

Per definitionem handelt es sich bei relevanten Aktivitäten um solche, durch welche die Ergebnisse bzw. Rückflüsse des investee signifikant beeinflusst werden können (IFRS 10.10 und 10.Anhang A). Ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, nimmt der Standardsetzer in diesem Kontext eine inhaltliche Differenzierung zwischen voting interest entities und structured entities vor.[109]

 

Tz. 49

Bei voting interest entities können die relevanten Aktivitäten in Abhängigkeit zu Zweck und Konzeption des investee äußerst unterschiedlich sein. IFRS 10.B11 enthält eine beispielhafte Auflistung relevanter Aktivitäten. Hierzu gehören bspw.

  • der Kauf und Verkauf von Waren bzw. Dienstleistungen,
  • die Forschung und Entwicklung neuer Produkte oder Verfahren sowie
  • die Festlegung von Finanzierungsstrukturen oder die Mittelbeschaffung.

Ausschlaggebend ist, wie die auf relevante Aktivitäten bezogenen Entscheidungen inklusive der Budgetfestsetzungen und der Metaentscheidungen zu Bestellung und Abberufung des zur Entscheidungsfindung autorisierten Personals (Geschäftsführer) bestimmt werden können. Hierzu sind gemäß IFRS 10.B16 im Regelfall Stimmrechte oder vergleichbare Rechte (u. a. Beherrschungsverträge) notwendig.[110]

 

Tz. 50

Sofern Stimmrechte bzw. vergleichbare Rechte keine Entscheidungsgewalt gewähren, da sie sich primär auf administrative Aspekte beziehen und die relevanten Aktivitäten der Gesellschaft im Wesentlichen durch (schuld-)rechtliche Vereinbarungen vorherbestimmt sind (sog. Autopilot), liegt eine structured entity vor. In diesen Fällen muss der Investor gemäß IFRS 10.B17 die vertraglichen Vereinbarungen dahingehend beurteilen, ob er über ausreichende Rechte verfügt, um Verfügungsgewalt über den investee zu haben. Zu berücksichtigen hat der Investor laut IFRS 10.B17 dabei

  • Zweck und Struktur bzw. Design des investee (IFRS 10.B5–B8) sowie
  • die praktischen Beeinflussungsmöglichkeiten, speziellen Beziehungen (u. a. finanzielle oder technologische Abhängigkeiten) und das Ausmaß, in dem die Risiken und Chancen aus den Aktivitäten des investee beim investor liegen (IFRS 10.B51–54 i. V. m. IFRS 10.B18–21).[111]
 

Tz. 51

Sofern bei normalen Unternehmen die Entscheidung hinsichtlich einer auf Stimmrechten beruhenden Beherrschung nicht eindeutig ist, sind zusätzlich die primär für structured entities relevanten Kriterien heranzuziehen.[112] Abgesehen hiervon gibt die nachfolgende Abbildung die Arbeitsteilung – wenn auch nicht explizit in IFRS 10 als solche bezeichnet – wieder:

Normale Unternehmen versus Zweckgesellschaften[113]

[108] Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 32 Rn. 12.
[109] Böckem/Stibi/Zoeger, KoR 2011, 399 (404).
[110] Lüdenbach/Freiberg, PiR 2012, 41 (43). Hierzu auch Theile/Pawelzik, in: Heuser/Theile, IFRS, Rn. 5031–5033.
[111] Lüdenbach/Freiberg, PiR 2012, 41 (43).
[112] Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 32 Rn. 12.
[113] In Anlehnung an Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 32 Rn. 12.

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