Tz. 330

Gem. § 300 Abs. 2 Satz 2 HGB dürfen nach dem Recht des Mutterunternehmens zulässige Bilanzierungswahlrechte im Konzernabschluss unabhängig von ihrer Ausübung in den Jahresabschlüssen der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen ausgeübt werden. Somit ist weder die Ausübung von Wahlrechten im Einzelabschluss des Mutterunternehmens noch die die Ausübung von Wahlrechten in den Einzelabschlüssen der Tochterunternehmen maßgebend.[470]

 

Tz. 331

Die Neuausübung von Ermessensspielräumen ist nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung[471] unzulässig. Danach ist es etwa nicht möglich, im Einzelabschluss eine Rückstellung anzusetzen und im Konzernabschluss wegen einer abweichenden Ausübung des der Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit zugrunde liegenden Ermessensspielraums von einem Ansatz abzusehen. Ein Nichtansatz wäre in diesem Fall lediglich dann möglich, sofern bei der Aufstellung des Konzernabschlusses neue und bessere Erkenntnisse bezüglich des Eintretens des der Rückstellung zugrunde liegenden Sachverhalts bestehen würden.

Nach anderer Auffassung[472] ist die Bindung an Ermessensausübungen im Einzelabschluss hingegen oftmals nicht gegeben. So setzt die Ermessensausübung ein Bilanzierungssubjekt voraus, das nach seiner vertretbaren Einschätzung des Sachverhalts sowie seiner Interpretation der Rechtsvorschriften eine Entscheidung hinsichtlich der Bilanzierung zu treffen hat. Eine Bindung des Subjekts der Konzernbilanzierung an Einschätzungen und Interpretationen anderer Subjekte ist nicht möglich, sodass eine sachliche Differenzierung erforderlich ist:[473]

  • Betrifft die Ermessensentscheidung entweder einen beim Mutterunternehmen oder bei einem im Geschäftsführungsorgan personenidentischen Tochterunternehmen vorliegenden Sachverhalt, sodass die Subjekte der Einzel- und Konzernbilanzierung identisch sind, ist das Ermessen – dies gilt vorbehaltlich neuer Erkenntnisse – einheitlich auszuüben.
  • Betrifft die Ermessensentscheidung ein Tochterunternehmen, das in der Geschäftsleitung abweichend besetzt ist, so ist das Subjekt der Konzernbilanzierung nicht an die im Rahmen der Einzelbilanzierung getroffenen Entscheidungen gebunden.
[471] Förschle, in: BeckBilKo, § 300 HGB Rn. 51.
[472] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 300 HGB Rn. 16.
[473] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 300 HGB Rn. 16. Zur Diskussion, ob bei gleichen Sachverhalten Ansatz- und Bewertungswahlrechte zu einem Zeitpunkt im Konzernabschluss einheitlich und im Zeitablauf bei Auftreten neuer gleicher Sachverhalte stetig auszuüben sind, Senger, in: MüKo-BilR, § 300 HGB Rn. 26.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge