a) Informationsbereitstellungsfunktion des Konzernabschlusses

 

Tz. 552

Der Konzernabschluss als fiktive rechtliche Einheit (gem. § 297 Abs. 3 HGB; Einheitstheorie) bedingt konsequenter Weise eine Vereinheitlichung der Bewertungsmethoden im Rechtsgebilde Konzern.[740] Die Anpassung bzw. Neubewertung der Vermögensgegenstände und Schulden erfolgt, sofern deren einzelbilanzielle Behandlung mit den Vorgaben des Konzernabschlusses kollidiert. Dies fördert die Informationsfunktion des Konzernabschlusses, da Posten nach einheitlichen Methoden bei zeitlicher und materieller Stetigkeit bewertet werden.[741]

 

Tz. 553

Die Anpassung der Jahresabschlüsse bedarf zunächst zumindest z. T. der Angleichung an das Handelsrecht (nationale Rechnungslegung) im Zuge der Aufstellung der sogenannten Handelsbilanz I. Die Bewertungsstetigkeit schlägt überdies auch auf den Konzernabschluss durch.[742] Daher sind weitere Anpassungen zum Zwecke konzerneinheitlicher Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden vorzunehmen (Handelsbilanz II).[743] Die Einheitlichkeit der Bewertungsmethoden folgt dabei auch dem Gedanken des § 297 HGB zur Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse der Vermögens-, Finanz und Ertragslage im Konzern im Lichte der Einheitstheorie. Aufgrund der allumfassenden Vereinheitlichung sind daher neben den verlangten (Bilanz, GuV usw.) auch die zusätzlich (z. T. auch freiwillig) aufzustellenden Rechenwerke (z. B. Segmentberichterstattung) gem. § 297 Abs. 1 Satz 2 HGB dem Einheitlichkeitsgedanken zu unterwerfen.

 

Tz. 554

Mit der Vereinheitlichung der Bewertungsmethoden bietet der Konzernabschluss dem Bilanzersteller die Möglichkeit den Bilanzadressaten mit geeigneten Informationen zur Unternehmenslage zu versorgen. Die Informationsfunktion des Konzernabschlusses wird insbesondere auch nicht durch die Maßgeblichkeit steuerbilanzieller Regelungen, wie beim Jahresabschluss, gestört.[744] Damit begründet sich jedoch auch eine vom Jahresabschluss der Tochterunternehmen abstrahierende "eigenständige Konzernabschlusspolitik".[745] In Folge der Abkopplung des Konzernabschlusses vom Jahresabschluss können u. a. positive Effekte auf den Eigenkapitalausweis auftreten.[746]

 

Tz. 555

Um einer willkürlichen Ausübung der Bewertungsmethoden vorzubeugen, bedarf es einer Konzernbilanzrichtlinie, die die gewählten Bilanzierungsmethoden i. S. stetiger Ausübung konzernweit festhält und erläutert. Diese sollte dann sowohl die handelsrechtlichen als auch die Vorgaben für den IFRS-(Konzern-)Abschluss beinhalten, da sich auch aus den IFRS heraus eine Pflicht zur konzerneinheitlichen Bilanzierung und Bewertung ergibt (IFRS 10.19).

[740] Wiedmann, in: Ebenroth u. a., HGB, § 308 HGB Rn. 1; Weirich, WPg 1987, 77.
[741] Busse von Colbe, in: MüKo-HGB, § 308 HGB Rn. 1.
[742] IDW RS HFA 38 Rn. 1, WPg Supplement 3/2011, 74.
[743] Baetge/Kirsch/Thiele, KonzernBil, 129.
[744] Zur Informationsfunktion des Konzernabschlusses Busse von Colbe, in: MüKo-HGB, § 308 HGB Rn. 6.
[745] Wiedmann, in: Ebenroth u. a., HGB, § 308 HGB Rn. 2; Havermann, in: Döllerer, FS Döllerer, 187.
[746] ADS, § 308 HGB Rn. 67.

b) Ausstrahlungswirkung der Bewertungsmethoden des Jahresabschlusses

aa) Maßgeblichkeit des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens

 

Tz. 556

Die Anwendbarkeit der Bewertungsmethoden im Konzernabschluss setzt zum einen deren zulässige Anwendung im Jahresabschluss, zum anderen deren einheitliche Ausübung im Konzernabschluss voraus (§ 308 Abs. 1 Satz 1 HGB). Den Bezugspunkt im mehrstufigen Konzern bildet das oberste – einen Konzernabschluss aufstellende – Mutterunternehmen, sodass eine Teilkonzernperspektive unerheblich ist.

Konsequenterweise werden somit die Auswahlmöglichkeiten an Bewertungsmethoden durch den Jahresabschluss des zu betrachtenden Mutterunternehmens vorgegeben. Im Konzernabschluss (gem. § 290 HGB) konkretisiert sich dies für Kapitalgesellschaften (KapGes) anhand der Bewertungsnormen der §§ 252 bis 256 HGB.[747] Die Regelung des § 308 Abs. 1 HGB sind insoweit "redundant", als dass auch § 298 Abs. 1 HGB die Erstellung des Konzernabschlusses an die für den Jahresabschluss gültigen Vorschriften bindet. Ausnahmen bestehen nur, wenn besondere Eigenschaften des Konzernabschlusses zur Abweichung führen (§ 298 Abs. 1 Satz 1 HGB).

 

Tz. 557

Bestimmte Spezialvorschriften – (gem. §§ 340e ff. und gem. §§ 341b ff. HGB) ausgeklammert – unterliegen auch Kreditinstituten (vgl. § 340a HGB) und Versicherungsunternehmen (vgl. § 341a HGB) diesen Bewertungsregelungen. Umgekehrt fehlt diesen Spezialvorschriften i. d. R.[748] die Eigenschaft der Maßgeblichkeit für Tochtergesellschaften, so z. B. wenn das Tochterunternehmen entgegen dem Mutterunternehmen kein Kreditinstitut ist, jedoch spezielle Vorschriften beim Mutterunternehmen ausgeübt werden.[749]

 

Tz. 558

Wegen der Konzentration auf die beim Mutterunternehmen im Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden, kann die Bewertungsmethodik von nicht beim Mutterunternehmen stattfindenden Transaktionen bei Aufstellung des Konzernabschlusses erstmalig frei gewählt werden.

[747] Zur Bewertung im Rahmen des Konzernabschlusses bei Personengesellschaften Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 308 HGB Rn. 5.
[748] U. a. stellen Pensionsgeschäfte eine Ausnahme dar ...

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