a) Überblick

 

Tz. 593

Der Begriff des Geschäfts- oder Firmenwerts (goodwill) lässt sich nicht nur in der internationalen, sondern auch in der nationalen Rechnungslegung vortrefflich und intensiv diskutieren. Mit Einführung des BilMoG wurden die intensiven Diskussionen der Vor-BilMoG-Ära über den Charakter des goodwill allerdings ad acta gelegt. Seitdem unterliegt der goodwill der Vermögensgegenstandsfiktion und somit die Folgebewertung der planmäßigen Abschreibung gem. § 309 Abs. 1 i. V. m. 253 Abs. 3 HGB. Kernproblem des ersten Absatzes ist damit die Festlegung der "richtigen" Nutzungsdauer des goodwill zu Abschreibungszwecken. Damit geht das Handelsrecht einen konsequent anderen Weg als die internationale Rechnungslegung (vgl. Kapitel 6; IAS 36). Der zweite Absatz beschäftigt sich mit der bilanziellen Abbildung des passiven Unterschiedsbetrags. In Abhängigkeit von dessen Entstehung ergibt sich eine unterschiedliche Behandlung bzgl. des Zeitpunkts der erfolgswirksamen oder -neutralen Auflösung.

 

Tz. 594

Mit der Regelung des § 309 HGB möchte der Gesetzgeber vor allen Dingen die periodengerechte Gewinn­ermittlung fördern, um die tatsächliche wirtschaftliche (Ertrags-)Lage des Unternehmens i. S. der Generalnorm des § 297 HGB darzustellen. Die vorherige Regelung der erfolgsneutralen Verrechnung oder willkürlichen Abschreibung wurde als offenes Wahlrecht und Einfallstor der Bilanzpolitik[799] zugunsten der planmäßigen Abschreibung abgeschafft. Damit eröffnet sich jedoch ein verdecktes Wahlrecht durch Schätzung der Nutzungsdauer seitens des Bilanzerstellers. Es stellt sich die Frage, inwiefern hierdurch der Zielsetzung entsprochen wurde.

[799] Busse von Colbe, in: MüKo-HGB, § 309 HGB Rn. 2.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 595

Mit Einführung des BiRiLiG (1985) wurde erstmalig die Behandlung des Unterschiedsbetrags mit Vorschriften versehen und in nationales Recht vollständig umgesetzt.[800] Die Regelung vor BilMoG enthielt Wahlrechte, welche mit Umsetzung des BilMoG gestrichen wurden. Neben der pauschalierten Abschreibung (ein Viertel pro Geschäftsjahr), wurde auch die Verrechnung mit den Rücklagen aufgegeben. Letztere rührte aus einer vormaligen Angleichung an die internationale Rechnungslegung, wobei letztere die Verrechnung bereits im Vorfeld des BilMoG wieder abschaffte. Eine Neuregelung des passiven Unterschiedsbetrags wurde im Rahmen des BilMoG nicht geschaffen.

[800] Oser, DB 2008, 361.

c) Geltungsbereich

aa) Sachlicher Geltungsbereich

 

Tz. 596

Neben Kapitalgesellschaften die nach § 290 HGB sowie nach § 264a HGB einen Konzernabschluss aufstellen, gilt § 309 HGB auch für andere Rechtsformen die konsolidierte Abschlüsse aufstellen müssen (§ 11 PublG). In gleicher Weise muss auch die Anwendung von DRS 4 beachtet werden.[801] Die gesetzliche Regelung des § 309 HGB ist auch bei der Equity-Bewertung (§ 312 Abs. 2 Satz 3 HGB) oder der anteilmäßigen Konsolidierung (§ 310 Abs. 2 HGB) anzuwenden.[802]

[801] Senger, in: MüKo-BilR, § 309 HGB Rn. 3.
[802] Förschle/Hoffmann, in: BeckBilKo, § 309 HGB Rn. 1; Wiedmann, in: Ebenroth u. a., HGB, § 309 HGB Rn. 4.

bb) Zeitlicher Geltungsbereich

 

Tz. 597

Der durch das BilMoG 2009 modifizierte § 309 HGB ist zwingend auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2009 beginnen (Art. 66 Abs. 5 EGHGB).

d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven

 

Tz. 598

§ 309 Abs. 1 HGB in der Fassung des BilRiLiG sah vor, Geschäfts- oder Firmenwerte aus der Kapitalkonsolidierung entweder in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Viertel zu tilgen, ihn planmäßig abzuschreiben oder Verrechnung mit den offenen Rücklagen vorzunehmen. Dieses Wahlrecht wurde seit Inkrafttreten des BilMoG auf die Abschreibung verengt, d. h. die Tilgung zu mindestens einem Viertel sowie die Möglichkeit der Verrechnung mit den offenen Rücklagen wurden ersatzlos gestrichen. Diese Modifikation des § 309 Abs. 1 HGB soll nach Auffassung des Gesetzgebers der Verbesserung der Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen Konzernabschlusses dienen und für eine sachgerechtere Information der Abschlussadressaten sorgen. Die bis zum Inkrafttreten des BilMoG mögliche erfolgsneutrale Verrechnung führte hingegen dazu, dass ein hoher Anteil des Geschäfts- oder Firmenwertes aus der Kapitalkonsolidierung nicht in den Konzernbilanzen ausgewiesen wurde, sodass die Abschlussadressaten die wahre Bedeutung dieser Größe für die wirtschaftliche Lage des Konzerns nicht sachgerecht einschätzen konnten.[803]

[803] Vgl. BT-Drucks. 16/10067, 84.

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