Tz. 93

Die viel zitierte Stärke deutscher Unternehmen in forschungsintensiven Bereichen führt dazu, dass Angaben zu Forschung und Entwicklung im Rahmen der Informationsfunktion des Lageberichts oft unabdingbar sind. Der Adressat soll damit in die Lage versetzt werden, von den Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Geschäftsjahr auf etwaige Erfolgspotenziale in der Zukunft zu schließen.[82] Allerdings bewegen sich die Berichtspflichten zu Forschung und Entwicklung regelmäßig in einem Spannungsfeld zwischen den Informationsinteressen des Adressaten und dem Bedürfnis des Erstellers, wettbewerbssensible Daten zu schützen. Eine entsprechende Schutzklausel enthält das Gesetz jedoch nicht.

 

Tz. 94

Angabepflichtig sind grundsätzlich Unternehmen, die für eigene Zwecke selbst forschen/entwickeln oder Dritte damit beauftragen. Forschung und Entwicklung werden dabei in § 255 Abs.  2a HGB definiert. Nicht der Berichtspflicht unterliegt hingegen die Auftragsforschung, die ein Unternehmen zugunsten eines Dritten betreibt. In bestimmten Fällen kann aber auch das Unterlassen von Forschung und Entwicklung eine Berichtspflicht auslösen, z. B. wenn das Unterlassen wesentliche Auswirkungen auf die Lage oder die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens hat.[83] Die Berichtspflicht besteht unabhängig davon, ob Entwicklungskosten in der Bilanz aktiviert wurden (§ 248 HGB, vgl. Kapitel 5 Tz. 400 ff.). Allerdings knüpft DRS 20.52 bestimmte Zusatzangaben (Aktivierungsquote, Abschreibungen) an die Inanspruchnahme des Aktivierungswahlrechts.

 

Tz. 95

Über die generelle Forderung nach dem Eingehen auf Forschung und Entwicklung hinaus macht der Gesetzgeber in § 289 Abs.  2 Satz 1 Nr. 2 HGB keine Vorgaben zu den Inhalten des Forschungs- und Entwicklungsberichts. Konkretisierend fordert DRS 20.49 Angaben zu Zielen und Schwerpunkten der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, zum Faktoreinsatz (z. B. Höhe des Forschungs- und Entwicklungsaufwands, Investitionen, Mitarbeiter) sowie zu ihren wesentlichen Ergebnissen (z. B. Patentanmeldungen, Lizenzvergaben). Ein Herunterbrechen der genannten Angaben auf Einzelprojekte oder Produkte ist nicht erforderlich.[84] Auch kann von einer Quantifizierung der Angaben im Regelfall abgesehen werden.[85] DRS 20.49 sieht quantitative Angaben bei Wesentlichkeit der Information für den Adressaten als erforderlich an.

Im Hinblick auf die Berichtsinhalte sind die Angaben im Lagebericht von den Anhangangaben gem. § 285 Nr. 22 HGB zu unterscheiden. Ein bloßer Verweis auf die Anhangangaben zu Forschung und Entwicklung reicht zur Erfüllung der Berichtspflichten im Lagebericht nicht aus. Grenzen findet die Berichterstattung zu Forschung und Entwicklung regelmäßig dort, wo Betriebsgeheimnisse preiszugeben wären.[86]

[82] Fink, Lageberichterstattung und Erfolgspotenzialanalyse, Marburg, 2007, 163.
[83] Kuhn, DStR 1993, 491 (491).
[84] Nonnenmacher, in: Ballwieser/Coenenberg/von Wysocki, Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart, 2012, 846.
[85] ADS, § 289 HGB Rn. 118; Grottel, in: BeckBilKo, § 289 HGB Rn. 87; Kuhn, DStR 1993, 491 (492).
[86] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 289 HGB Rn. 86; Paetzmann, in: Bertram u. a., HGB, § 289 HGB Rn. 91; Wittmann/Boecker, in: Petersen/Zwirner/Brösel, Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, 2. Aufl., Köln, 2014, § 289 HGB Rn. 75.

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