Tz. 66

Geht es um Inhalt und Umfang des Prognoseberichts, spalten sich regelmäßig die Sichtweisen von Adressaten und Erstellern. Während dem Adressaten mit dem Prognosebericht i. d. R. eine wertvolle Einschätzung der Unternehmensleitung zur voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens vermittelt wird, dominieren aus Sicht der Ersteller oft Bedenken hinsichtlich des Unsicherheitsgrades der Angaben und der Folgen einer Prognoseverfehlung. Entsprechend variieren die Vorstellungen von der inhaltlichen Ausgestaltung des Prognoseberichts erheblich. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass der vollständige Verzicht auf einen Prognosebericht in keinem Fall in Frage kommt.[57]

 

Tz. 67

Die gesetzlichen Vorgaben des § 289 Abs.  1 HGB geben keine Hinweise darauf, wie der Prognosebericht inhaltlich auszugestalten ist. Da der Prognosebericht jedoch inhaltlich eng mit dem Wirtschaftsbericht verbunden ist, ist nach h. M. für beide Berichtselemente ein grundsätzlich gleicher Berichtsgegenstand zugrunde zu legen.[58] Entsprechend sind alle wesentlichen Entwicklungen und Ereignisse zu beschreiben, die nach Einschätzung der Unternehmensleitung künftig Einfluss auf Geschäftsverlauf und Lage des Unternehmens haben werden. In Anknüpfung an den Gesetzeswortlaut fordert DRS 20.126 zudem Prognosen zu den bedeutsamsten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, wobei sich der Standard auf die entsprechenden Angaben im Wirtschaftsbericht bezieht (vgl. Tz. 45 ff.).

 

Tz. 68

§ 289 Abs.  1 Satz 4 verlangt, die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens zu beurteilen und zu erläutern. Rein deskriptive Ausführungen sind daher regelmäßig nicht ausreichend. Stattdessen sind i. S. einer Erläuterung weitergehende Erklärungen, Kommentierungen und Interpretationen eines Sachverhalts erforderlich. Die Beurteilung erfordert zusätzlich wertende Aussagen (DRS 20.11).

 

Tz. 69

Um die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens zu beurteilen und zu erläutern, reichen verbale Ausführungen i. d. R. aus.[59] Die konsequente Umsetzung des Management Approach kann aber auch die Angabe quantitativer Daten unverzichtbar machen,[60] z. B. im Zusammenhang mit intern zur Steuerung verwendeten finanziellen Leitungsindikatoren. Dabei muss klar erkennbar sein, dass es sich bei den Angaben um Prognosen handelt. Eine Berichtspflicht für Zeitreihen oder Planungsrechnungen besteht hingegen nicht.

 

Tz. 70

Uneinigkeit besteht indes darüber, welcher Zeitraum den Prognosen zugrunde zu legen ist. In der Literatur wird gemeinhin ein Prognosezeitraum von zwei Jahren ab dem Abschlussstichtag als sachgerecht erachtet,[61] unter Berücksichtigung der Branche oder der Tätigkeit des Unternehmens ggf. auch länger. Begründet wird diese Forderung insbesondere damit, dass in der Praxis meist vier bis zwölf Monate zwischen Abschlussstichtag und Veröffentlichung des Lageberichts liegen. Bei einem nur einjährigen Prognosehorizont würde daher die Aussagekraft stark eingeschränkt. Als Gegenargument kann jedoch angeführt werden, dass die Unsicherheit von Prognosen steigt, je weiter sich diese in die Zukunft bewegen. Zudem wird u. a. darauf hingewiesen, dass gerade im Mittelstand oft maximal Einjahresprognosen vorliegen würden und ein darüber hinausgehender Prognosehorizont auch international unüblich sei (DRS 20.B32 ff.). Unter sorgfältiger Abwägung der Argumente hat sich das DRSC dazu entschlossen, den Prognosehorizont von ursprünglich zwei auf nunmehr mindestens ein Jahr zu reduzieren (DRS 20.B33). Ausgenommen davon sind absehbare Sondereinflüsse auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Diese sind auch über den Prognosezeitraum hinaus darzustellen und zu analysieren (DRS 20.127).

 

Tz. 71

Neben dem Prognosehorizont konkretisiert DRS 20 auch die Anforderungen an die Prognosegenauigkeit. So fordert DRS 20.128, dass Prognoseangaben Richtung und Intensität der voraussichtlichen Entwicklung darzustellen haben, was eine Angabe der voraussichtlichen Veränderung gegenüber dem Istwert im Berichtsjahr (Bezugspunkt) nach sich zieht. Die Richtungsangabe zeigt dabei an, ob die Veränderung eine positive oder negative Tendenz aufweist (z. B. steigend, fallend), die Intensitätsangabe macht die Stärke der Veränderung (z. B. stark, leicht) deutlich (DRS 20.129). Der Standard spricht in diesem Zusammenhang von qualifiziert-komparativen Prognosen. Neben qualifiziert-komparativen Prognosen erfüllen auch Punkt- und Intervallprognosen regelmäßig die Anforderungen des DRS 20 an die Prognosegenauigkeit. Ausschließlich komparative oder qualitative Prognosen werden nicht als ausreichend erachtet.[62]

 

BEISPIEL

Eine Aussage wie "Wir erwarten für das Geschäftsjahr 2015 einen stark steigenden Jahresüberschuss" wäre damit standardkonform, wohingegen die Aussage "Wir gehen für das Geschäftsjahr 2015 von einem angemessenen operativen Ergebnis aus" (qualitative Prognose) die Anforderungen an die Prognosegenauigkeit verfehlt.

 

Tz. 72

Eine Ausnahme hinsichtlich der Anforderungen an die Prognosegenauigkeit sieht ...

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