Tz. 43

Die inhaltliche Ausgestaltung des Lageberichts wird grundsätzlich in § 289 HGB geregelt. So hat der Lagebericht nach § 289 Abs.  1 HGB den Geschäftsverlauf des Unternehmens einschließlich des Geschäftsergebnisses sowie die Lage der Gesellschaft darzustellen. Dieser als Wirtschaftsbericht bezeichnete Berichtsteil enthält zudem eine ausgewogene und umfassende Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage, die sich an Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit des Unternehmens orientiert und die bedeutsamsten finanziellen – für bestimmte Unternehmen auch nichtfinanziellen (§ 289 Abs.  3 HGB) – Leistungsindikatoren einbezieht und erläutert.

Ferner umfasst der Lagebericht eine Beurteilung und Erläuterung der voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens (Prognosebericht) mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken (Chancen- und Risikobericht). Mit dem sog. Lageberichtseid versichern schließlich die gesetzlichen Vertreter bestimmter KapGes die Ordnungsmäßigkeit der Lageberichterstattung.

 

Tz. 44

§ 289 Abs.  2 HGB fordert außerdem ein Eingehen auf das Risikomanagement in Bezug auf Finanzinstrumente, die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Unternehmens (Forschungs- und Entwicklungsbericht), bestehende Zweigniederlassungen (Zweigniederlassungsbericht) sowie die Grundzüge des Vergütungssystems (Vergütungsbericht).

In § 289 Abs.  4 HGB finden sich überdies für Unternehmen bestimmter Rechtsform übernahmerelevante Angabeerfordernisse, § 289 Abs.  5 HGB regelt die Berichterstattung zum internen Kontroll- und des Risikomanagementsystems bezogen auf den Rechnungslegungsprozess.

aa) Wirtschaftsbericht (§ 289 Abs.  1 Satz 1–3, Abs.  3 HGB)

aa1) Allgemeines

 

Tz. 45

Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage des Unternehmens so darzustellen, dass dem Adressaten ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Die Berichterstattung zum Geschäftsverlauf fokussiert dabei auf die Vergangenheit – nämlich das abgelaufene Geschäftsjahr. Das Geschäftsergebnis, konkretisiert als Periodenergebnis der GuV (DRS 20.11),[33] wird in diesem Zusammenhang nur klarstellend mit aufgeführt. Unter dem Lagebegriff ist die weit gefasste wirtschaftliche Gesamtlage des Unternehmens und damit mehr als die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu verstehen.[34] Sie bezieht vielmehr ein breiteres Spektrum an Einflussfaktoren ein, denen das Unternehmen regelmäßig ausgesetzt ist und die sich auf die Fähigkeit des Unternehmens auswirken, künftige Einzahlungsüberschüsse zu erzielen (DRS 20.11). Damit wird die Lage dynamisch, d. h. gegenwarts- und zukunftsbezogen, verstanden.[35]

 

Tz. 46

Das Gesetz spricht davon, dass Geschäftsverlauf und Lage des Unternehmens darzustellen und zu analysieren sind, ohne diese Begriffe jedoch weiter zu konkretisieren. Nach DRS 20.11 entspricht die Darstellung der Nennung von Fakten oder der Beschreibung von Sachverhalten, also einer rein deskriptiven Angabe. Als Analyse wird hingegen das Aufzeigen von Ursachen und Wirkungszusammenhängen verstanden. Aufgrund der schwierigen Abgrenzung der Termini und der vielen Interdependenzen und Zusammenhänge zwischen den Begriffen wird eine gemeinsame Behandlung der Darstellung und Analyse von Geschäftsverlauf und Lage als sachgerecht erachtet (DRS 20.55).

 

Tz. 47

Nach § 289 Abs.  1 Satz 2 HGB muss die Analyse von Geschäftsverlauf und Lage ausgewogen und umfassend sein. Ausgewogenheit bedeutet dabei, dass keine einseitige Fokussierung auf positive oder negative Sachverhalte erfolgen darf. Der Begriff "umfassend" ist dagegen stets unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten zu verstehen. So sind in die Analyse alle internen und externen Faktoren einzubeziehen, die für die Entwicklung von Geschäftsverlauf und Lage relevant sind. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich die Analyse hinsichtlich ihrer Breite und Tiefe an Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit zu orientieren. Nach h. M. reichen verbale Angaben grundsätzlich nicht zur Erfüllung der Angabepflichten aus.[36] Dies wird auch durch die Forderung des Gesetzgebers deutlich, die bedeutsamsten finanziellen – unter bestimmten Umständen auch nichtfinanziellen – Leistungsindikatoren in die Analyse einzubeziehen (vgl. Tz. 58 ff.). Zudem wird mit DRS 20.53 die Pflicht zur wertenden und kommentierenden Berichterstattung i. S. einer Beurteilung von Geschäftsverlauf und Lage statuiert. Fraglich ist indes, ob eine derartige Beurteilung vom Gesetzeswortlaut gedeckt ist, da der Begriff in § 289 Abs.  1 HGB lediglich in Satz 4 mit Bezug auf die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken verwendet wird. Vor dem Hintergrund der Informationsfunktion des Lageberichts erscheinen derartige Angaben jedoch als sachgerecht.[37]

[33] So auch IDW, RH HFA 1.007, Rn. 6.
[34] ADS, § 289 HGB Rn. 81; Fink, Lageberichterstattung und Erfolgspotenzialanalyse, Marburg, 2007, 207; Kajüter, in: HdR, § 289 HGB Rn. 67; Kleindiek, in: MüKo-BilR, § 289 HGB Rn. 49; bedingt auch Lück, in: HdR, § 289 HGB Rn. 45; a. A. Grottel, in: BeckBilK...

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