a) Überblick

 

Tz. 145

Mit der Einführung der Erklärung zur Unternehmensführung gem. § 289a HGB wurde das Ziel verfolgt, das durch verschiedene Unternehmenskrisen geschwächte Vertrauen in die Corporate Governance – d. h. den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung der Unternehmen – zu stärken. Dies soll durch eine gesteigerte Transparenz und einfache Verfügbarkeit von Daten zu unternehmensintern angewendeten Unternehmensführungspraktiken sowie zur Zusammensetzung und Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat erreicht werden. Im Fokus der Regelung stehen bestimmte Unternehmen, die den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen.

 

Tz. 146

Dieser Zielsetzung sind auch die Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex gewidmet. Der Kodex wurde 2002 von der vom BMJV eingesetzten Regierungskommission DCGK verabschiedet. Im Fokus stehen dabei die wesentlichen Kritikpunkte an der dualistischen Leitungsstruktur nach deutschem Aktienrecht, wonach der Vorstand die AG eigenverantwortlich leitet und der Aufsichtsrat diesen im Wesentlichen bestellt, überwacht und berät. Der deutschen Corporate Governance werden häufig Intransparenz sowie eine mangelnde Unabhängigkeit von Aufsichtsrat und Abschlussprüfer vorgeworfen. Der DCGK gibt in diesem Zusammenhang Empfehlungen hinsichtlich einer verantwortungsvollen Unternehmensführung, die die Unternehmen i. S. einer Selbstverpflichtung umsetzen sollen (comply). Wird von den Empfehlungen des Standards abgewichen, ist dies zu begründen (explain).

 

Tz. 147

Dem grundsätzlichen Zweck, Transparenz zu bestimmten Maßnahmen zur Förderung des Anteils weiblicher Führungskräfte zu schaffen, dienen schließlich die entsprechenden Berichtspflichten, die mit dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Gesetz zur Frauenquote)[124] Eingang in die Erklärung zur Unternehmensführung gefunden hat.

[124] Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. April 2014, BGBl. I 2015, 642.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 148

§ 289a HGB wurde 2009 mit dem BilMoG in das deutsche Handelsrecht aufgenommen. Damit wurde Art. 46a Abs.  1 der EU-Bilanz-RL 78/660/EWG i. d. F. der EU-Abänderungs-RL 2006/46/EG umgesetzt. Jedoch wurden bereits mit dem KonTraG im Jahre 1998 sowie in den darauffolgenden Jahren mit dem KapAEG, dem KapCoRiLiG, dem TransPuG und dem BilReG Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance im HGB verankert.

 

Tz. 149

Mit dem Gesetz zur Frauenquote wurde die Erklärung zur Unternehmensführung 2015 schließlich für betroffene Unternehmen um Berichtspflichten zur fixen Geschlechterquote für den Aufsichtsrat sowie zu Zielgrößen für den Frauenanteil in bestimmten Organen der Gesellschaft erweitert.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 150

Die Erklärung zur Unternehmensführung ist gem. § 289a Abs.  1 Satz 1 HGB zumindest von börsennotierten AG abzugeben. Darunter sind AG zu verstehen, deren Aktien am organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs.  5 WpHG zugelassen sind. Dieser umfasst nach § 2 Abs.  7 WpÜG den regulierten Markt sowohl an einer inländischen Börse als auch in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat. Die Abgabe einer Erklärung zur Unternehmensführung ist aber auch für solche AG verpflichtend, die ausschließlich andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs.  5 WpHG ausgegeben haben. Hierbei ist der Wertpapierbegriff des § 2 Abs.  1 WpHG zugrunde zu legen. Er umfasst alle Gattungen übertragbarer Wertpapiere mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, z. B. Anteile an in-/ausländischen juristischen Personen, PersGes und sonstigen Gesellschaften (vergleichbar mit Aktien), Zertifikate, die Aktien vertreten, sowie Schuldtitel, z. B. Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen. Die Aktien müssen über ein multilaterales Handelssystem i. S. d. § 2 Abs.  3 Satz 1 Nr. 8 WpHG – in Deutschland im Freiverkehr – gehandelt werden. Da der Handel der Aktien einer Gesellschaft über ein multilaterales Handelssystem dem Unternehmen nicht zwingend bekannt sein muss – es existieren keine Zustimmungs- oder Informationspflichten – erwächst die Berichtspflicht nur für den Fall, dass der Handel durch die Gesellschaft selbst veranlasst wurde.[125]

Gem. § 289a Abs.  3 HGB sind Abs.  1 und 2 entsprechend auf börsennotierte KGaA anzuwenden.

 

Tz. 151

Ein anders abgegrenzter Geltungsbereich liegt den Angabepflichten zur fixen Geschlechterquote im Aufsichtsrat zugrunde. Die Angabepflichten (sowie die Quotenregelung selbst) gelten für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Gesellschaften, also für Gesellschaften in der Rechtsform der AG, KGaA und der SE – allerdings nur, sofern sie dem MitbestG, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz oder dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung unterliegen.

 

Tz. 152

Davon abweich...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


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