a) Bestimmung berichtspflichtiger Segmente

aa) Zuschnitt operativer Segmente – Identifikation

 

Tz. 115

Die Segmentberichterstattung spiegelt die interne oberste Ebene der Berichterstattung an das Management des Unternehmens wider. Technisch wird diese allerdings bottom up erstellt. Auf der kleinsten Ebene werden die operativen Segmente identifiziert. IFRS 8.5 definiert diese als Unternehmensbestandteile, die

  • durch ihre Geschäftstätigkeit Umsatzerlöse erwirtschaften und Aufwendungen verursachen (ohne Bedeutung ist, ob die Umsatzerlöse extern oder intern erwirtschaftet werden),
  • von den Hauptentscheidungsträgern (chief operating decision maker) hinsichtlich des operativen Ergebnisses und der Allokation von Ressourcen zu den Segmenten überprüft werden,
  • separate Finanzinformationen aufweisen.
 

Tz. 116

Erlöse und Aufwendungen müssen nicht realiter anfallen. Bei im Aufbau befindlichen Segmenten genügt ein potenzieller zukünftiger Ertragsstrom (IFRS 8.5). IFRS 8 verlangt indessen das Vorliegen einer Geschäftsaktivität (engages in business activities). Abteilungen, die strukturell keine Umsatzerlöse erwirtschaften, wie zum Beispiel die Konzernzentrale oder Rechtsberatungsstellen (Stabsstellen), können kein operatives Segment darstellen (IFRS 8.6). IFRS 8 schließt nicht das Vorliegen operativer single asset Segmente aus, wenn diese regelmäßig separate Aufwendungen und Erträge erwirtschaften und damit einhergehende Informationen an den CODM berichtet werden.[54]

 

BEISPIEL

Containerschiffe

Die mittelständische T-AG hält und betreibt (vier) Containerschiffe. Das Management der T-AG ist für die Aktivität der Schiffe voll verantwortlich, d. h. das Management umfasst eine Reihe von Aktivitäten darunter u. a.:

  • die Auswahl der Besatzung
  • die Durchführung der Logistikplanung
  • die Akquise von Aufträgen
  • die Restverwertung des Schiffs am Ende der Nutzungsdauer

Das Management steuert das Unternehmen auf Basis der Erträge und Aufwendungen der einzelnen Schiffe (IFRS 8.5(a)), d. h. deren Ergebnisse werden an den Vorstand berichtet (IFRS 8.5(c)), woraufhin dieser die entsprechende Ressourcenverteilung zur laufenden Bewirtschaftung vornimmt (IFRS 8.5(b)). In der Folge bilden die Schiffe jeweils separate operative Segmente.

 

Tz. 117

Hauptentscheidungsträger können einzelne Personen oder Gruppen von Personen sein, denen intern in regelmäßigen Abständen berichtet wird und die regelmäßig über die Ressourcenallokation entscheiden. Die Abgrenzung ist funktional zu verstehen (IFRS 8.7). Zumeist ist der Hauptentscheidungsträger auf oberster Unternehmensebene angesiedelt. Bei einer Aktiengesellschaft muss nicht zwangsläufig der Vorstand bzw. der Vorsitzende diese Rolle einnehmen.[55] Der Aufsichtsrat kann infolge der ihm zugewiesenen gesetzlichen Funktion die Rolle des Hauptentscheidungsträgers nicht bekleiden, auch wenn dieser etwaige Zustimmungsvorbehalte im Rahmen der Ressourcenallokation hält.[56] Die Bestimmung sollte zumeist anhand von Organigrammen, der Geschäftsordnung oder den Kompetenzrichtlinien möglich sein.[57] Daneben kann auch der Berichtsweg des Segmentmanagers als Indikator dienen. Die Ressourcenallokation ist dennoch nicht ausschließlich mit der Entscheidungsgewalt über monetäre Mittel i. S. eines Investitionsbudgets gleichzusetzen. In unterschiedlichen Branchen ergeben sich u. U. andere entscheidungserhebliche Allokationsaspekte, wie z. B. die Entscheidung über Personalressourcen oder Werbeetats. Insofern ergibt sich nicht immer ein klares Bild.[58] Folglich bedarf es in diesen Fällen einer Analyse des Geschäftsmodells, um den verantwortlichen Hauptentscheidungsträger bestimmen zu können.[59]

 

Tz. 118

Hierbei fordert IFRS 8 keine Eingrenzung der Allokation auf strategische Entscheidungen. Werden die Finanzinformationen eines Geschäftsbereichs regelmäßig dem Vorstand berichtet, bleibt auch dessen Qualifikation als aufgegebene Geschäftsbereiche (discontinued operation; vgl. Kapitel 10) unbeachtlich.[60]

 

Tz. 119

Allokationsentscheidungen beruhen vielfach auf unterschiedlichen Reportingstrukturen, weshalb das Zusammenspiel von relevanter Allokationsentscheidung und entscheidender Finanzinformation eine bedeutende Rolle einnimmt. Werden verschiedene Finanzberichte (z. B. monatlich oder quartalsweise) oder mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad im Rahmen unterschiedlicher Unternehmensbestandteile erstellt, bedingt die Auswahl der darzustellenden Informationen eine Orientierung an der Entscheidungsnützlichkeit.[61]

[54] Lüdenbach/Lukat, PiR 2013, 181 (182).
[55] Schulz-Danso, in: Beck IFRS-Hdb., § 21 Rn. 23 f.
[56] Heintges/Urbanczik/Wulbrand, DB 2008, 2773 (2773).
[57] Schulz-Danso, in: Beck IFRS-Hdb., § 21 Rn. 25 f.
[58] Kampmann, in: Buschhüter/Striegel, IFRS, IFRS 8 Rn. 22.
[59] Böckem/Pritzer, KoR 2010, 614 (616).
[60] Lüdenbach, PiR 2012, 164 (164).
[61] Böckem/Pritzer, KoR 2010, 614 (616).

bb) Zuschnitt operativer Segmente – Abgrenzung

 

Tz. 120

Die interne Berichterstattung und Steuerung bildet die Grundlage der Abgrenzung für die Segmentberichterstattung. Diese muss vorliegen, da die Steuerung eines kapitalmarktorientierten Unternehmens die Implementierung eines internen Berichts-...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


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