aa) Grundlagen

 

Tz. 126

Die Passivseite gibt Auskunft über die Mittelherkunft. Für die maßgeblichen Teile der Aktivseite – nämlich das Anlagevermögen und das Umlaufvermögen – geht das Gesetz davon aus, dass die entsprechenden Vermögensgegenstände existieren und gibt in den §§ 246 ff., 252 ff. HGB vor, ob und in welcher Höhe sie anzusetzen sind. Daher stellt sich bei § 266 Abs. 2 A. und B. immer wieder die Frage, welche Vermögenswerte welchen Posten zuzuordnen sind. Diese Technik existiert auf der Passivseite mit Blick auf den Ausweis der Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Aber bereits hier lässt sich erkennen, dass römische Ziffern fehlen. Bei der Gesetzesanwendung ist daher nicht ein derartiger Detaillierungsgrad wie beim Ausweis des Anlage- und Umlaufvermögens notwendig. Lediglich deklaratorischen Charakter hat hingegen § 266 Abs. 3 A. HGB. Die Maßstäbe für die Zuordnung für die einzelnen Eigenkapitalposten sind größtenteils § 272 HGB zu entnehmen bzw. müssen sich aus der Auslegung dieser Vorschrift ergeben.[331] Lediglich die Gewinnrücklage ist in § 272 Abs. 3 HGB zwar beschrieben, in § 266 Abs. 3 A.III. HGB jedoch genauer aufgegliedert. Ebensowenig ergibt sich aus dem Gesetz, was ein Gewinnvortrag bzw. Verlustvortrag ist.

[331] Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 92.

bb) Das Eigenkapital

 

Tz. 127

Aus der Gliederung des Eigenkapitals lassen sich sowohl die Herkunft der Mittel als auch Verfügbarkeit für die Gesellschaftsorgane ermitteln.[332] Mit Verlusten kann unterschiedlich verfahren werden: Entweder können diese durch Verlustvorträge bis zur Höhe der Eigenkapitalposten ausgewiesen werden oder es werden Rücklagen zur Verrechnung aufgelöst. Sind alle Rücklagen aufgelöst, müssen weitere Verluste bis zur Höhe des gezeichneten Kapitals ausgewiesen werden. Es gibt kein negatives Eigenkapital, sodass darüber hinausgehende Verluste gem. § 268 Abs. 3 HGB als nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag zu aktivieren sind.

 

Tz. 128

Die Gliederung ist allein auf eine juristische Person abgestimmt. Bei Personengesellschaften gibt es Gesellschafterkonten. Gem. § 264c Abs. 2 HGB müssen die Einlagen der Kommanditisten gegenüber den Kapitalanteilen von persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschaftern gesondert ausgewiesen werden. Weil der Gewinn den Gesellschafterkonten zugewiesen werden muss, kann es der Sache nach keine Rücklagen geben. Gleichwohl wird der auf dem Kapitalkonto II verbuchte Betrag als Rücklage angesehen. § 264c Abs. 2 Satz 1 HGB (vgl. Kapitel 3 Tz. 137 ff.) akzeptiert daher eine gegenüber § 266 Abs. 3 A. HGB modifizierte Gliederung, wonach Rücklagen ohne weitere Untergliederung ausgewiesen werden. Zudem bedarf es gem. § 264c Abs. 2 Satz 8 HGB einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung.

 

Tz. 129

Durch den Nettoausweis gehört nur das tatsächlich eingezahlte Kapital hier ausgewiesen. § 272 Abs. 1 Satz 2 HGB gestattet den Ausweis eingeforderter – aber noch nicht eingezahlter – Bestandteile des gezeichneten Kapitals als Posten "eingefordertes Kapital" in der Hauptspalte abzusetzen. Nicht eingeforderte ausstehende Einlagen sind offen vom gezeichneten Kapital abzusetzen. Es wird auf die Ausführungen zu § 272 HGB verwiesen (vgl. Kapitel 7 Tz. 15 ff.). Sind eigene Anteile erworben worden, ist der Nennbetrag der erworbenen eigenen Anteile wiederum offen vor dem gezeichneten Kapital abzusetzen (§ 272 Abs. 1a Satz 1 HGB; vgl. Kapitel 7 Tz. 25 ff.).

 

Tz. 130

Die Kapitalrücklage ist in § 272 Abs. 2 HGB definiert. Die Regelungen in § 272 Abs. 2 HGB sind viel detaillierter als bei § 266 Abs. 3 A. II. HGB und untergliedern Leistungen in das Kapital nach vier Kategorien (vgl. Kapitel 7 Tz. 42 ff.). Ob § 272 Abs. 2 HGB nur die einzelnen Fälle von Zahlungen in die Kapitalrücklage nennt oder zugleich einen entsprechend differenzierten Ausweis erwartet, ist nicht endgültig geklärt.[333] Im Aktienrecht müssen zumindest Kapitalrücklagen gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB gesondert ausgewiesen werden, weil nur diese ohne die Einschränkungen von § 150 Abs. 3 bzw. Abs. 4 AktG verwendet werden dürfen.[334] Die Posten Nr. 1 bis Nr. 3 können zusammengefasst werden. Auch im GmbH-Recht ist eine derartige Unterteilung vorzuziehen, obwohl jegliche Kapitalrücklagen aufgelöst und als Bilanzgewinn verteilt werden können. Die Unterteilung in solche gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 HGB und solche gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB stärkt jedoch den Informationscharakter.

 

BEISPIEL

A und B sind an der G-GmbH zu 50 % mit Stammeinlagen von je 400.000 EUR beteiligt. C wird mit einer Stammeinlage von 200.000 EUR zzgl. 550.000 EUR Agio aufgenommen. A und B leisten im gleichen Jahr jeweils 300.000 EUR in das Kapital. Bei einem undifferenzierten Ausweis erkennt man bei einem Vergleich mit dem Vorjahresabschluss nur, dass C nunmehr 20 % am Vermögen der GmbH hält, weil er weitere 200.000 EUR auf das gezeichnete Kapital geleistet hat, und dass 1,15 Mio. EUR (A 300.000 EUR, B 300.000 EUR, C 550.000 EUR) in die Kapitalrücklage geleistet worden sind. Durch den undifferenzierten Ausweis in der Kapitalrück...

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