Tz. 67

Immaterielle Vermögensgegenstände werden im Gesetz nirgends definiert; auch § 248 Abs. 2 HGB setzt diese voraus.[181] § 266 HGB umschreibt lediglich den Kreis derartiger Vermögensgegenstände, obwohl sie gänzlich unterschiedlicher Natur sind. Daher sind beide Vorschriften nicht deckungsgleich – vielmehr trifft § 248 Abs. 2 HGB nur eine Regelung zu einem Bruchteil der unter § 266 Abs. 2 A. I. HGB zu fassenden Vermögensgegenstände. So eignen sich Patente oder Lizenzen durchaus als veräußerungsfähige Vermögensgegenstände im Rechtsverkehr. Hingegen ist der entgeltlich erworbene Geschäfts- und Firmenwert lediglich kraft Fiktion ein Vermögensgegenstand.[182] Er ist gerade nicht zur Einzelveräußerung geeignet; ggf. ist ein Dritter bereit, ihn bei Erwerb des gesamten Geschäfts abzugelten. Vielmehr wird Aufwand für erwartete Geschäftschancen neutralisiert. Der Vorschlag, auf die Definition aus DRS 12 zurückzugreifen, überzeugt.[183] Immaterielles Vermögen ist "identifizierbares, nicht-monetäres Nutzenpotenzial ohne physische Substanz, das für die Herstellung von Produkten oder Erbringung von Dienstleistungen, die entgeltliche Überlassung an Dritte oder für die eigene Nutzung verwendet werden kann".

 

Tz. 68

§ 248 Abs. 2 HGB gestattet die Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, nimmt aber in Satz 2 selbstgeschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte oder Kundenlisten aus.[184] Anzusetzen sind gem. § 255 Abs. 2a HGB lediglich die Entwicklungskosten, die sich von den (vorangehenden) Forschungskosten abgrenzen lassen müssen. Unklar bleibt der Ausweis noch nicht fertig entwickelter Immaterialgüter des Anlagevermögens. So man überhaupt einen Ansatz akzeptiert, darf der Bilanzierende entweder durch Anpassung der Postenbezeichnung oder Ausweis in einem gesonderten Posten diesen (eigentlich noch unfertigen) immateriellen Vermögensgegenstand ausweisen.[185] Keinesfalls dürfen derartige Aufwendungen als Anzahlung auf Immaterialgüterrechte gem. § 266 Abs. 2 A. I. 4. HGB angesetzt werden.[186] Mit diesem Posten korrespondiert nicht die Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB. Den selbstgeschaffenen Immaterialgüterrechten sind die unentgeltlich erworbenen gleichzustellen.[187] Ebenfalls um selbstgeschaffene Immaterialgüterrechte handelt es sich, wenn kraft Dienstvertrags mit Auftragscharakter Immaterialgüterrechte durch einen Dritten entwickelt werden sollen, dem alle Unkosten ersetzt werden.

 

Tz. 69

Entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände sind zwingend zu aktivieren.[188] Konzessionen sind befristete öffentlich-rechtliche Genehmigungen zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes oder Handels oder zur Nutzung einer öffentlichen Sache.[189] Typische Beispiele sind UMTS-Lizenzen, bergrechtliche Konzessionen oder Emissionszertifikate. Gewerbliche Schutzrechte sind Immaterialgüterrechte wie Patente, Marken oder Gebrauchs- bzw. Geschmacksmusterrechte. Ähnliche Rechte und Werte sind ähnliche Positionen wie Konzessionen und gewerbliche Schutzrechte, die Ausschließlichkeitscharakter haben und gewerblich verwertet werden.[190] Beispiele sind Urheber- und Verlagsrechte, ungeschützte Erfindungen oder dingliche Nutzungsrechte wie Nießbrauch oder Erbbaurecht.[191] Lizenzen sind auf privatrechtlicher Vereinbarung beruhende Befugnisse, entsprechende Rechte und Werte anderer zu benutzen.[192] Es ist nur bei einer Einmalzahlung anzusetzen, weil andernfalls ein schwebendes Geschäft vorliegt.[193]

 

Tz. 70

Notwendig ist jedoch, dass die entsprechenden Rechte und Werte den Charakter eines Vermögensgegenstands haben. Der Vermögensgegenstand ist im Gesetz nicht definiert. Wie § 246 HGB setzt § 266 HGB voraus, dass ein Vermögensgegenstand überhaupt vorliegt. Zu allen Streitfragen vgl. § 246 HGB. § 266 Abs. 2 A. I. HGB regelt nur, wie ein entsprechender Vermögensgegenstand auszuweisen ist. Insbesondere für die entgeltlich erworbenen ähnlichen Rechte und Werte stellt sich immer wieder die Frage, ob bloße Nutzbarkeit für das Unternehmen oder Eigenschaft als Gegenstand der Einzelzwangsvollstreckung notwendig ist.[194] § 266 HGB kann zur Lösung dieser Frage nicht herangezogen werden, sondern setzt nur die zu § 246 HGB gefundene Entscheidung um.

 

Tz. 71

§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB fingiert die Eigenschaft des entgeltlich erworbenen Geschäfts- und Firmenwerts als Vermögensgegenstand.[195] Damit ist jedoch nur der Geschäfts- und Firmenwert gemeint, der sich auf das vom bilanzierenden Rechtsträger betriebene Unternehmen bezieht. Die Abgeltung eines Geschäfts- und Firmenwerts beim Erwerb von Geschäftsanteilen an einem anderen Rechtsträger äußert sich im Ansatz der Anschaffungskosten für Anteile an verbundenen Unternehmen oder Beteiligungen oder sonstigen Wertpapieren. Das gilt auch beim Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft.[196] Bis zum BilMoG gewährte § 255 Abs. 4 HGB a. F. ein Wahlrecht zum Ansatz des derivativen Geschäfts- und Firmenwerts als Bilanzierungshilfe. Die Nachaktivierung damals s...

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