Tz. 311

Im Umsatzkostenverfahren werden die Aufwendungen nach Funktionen (Herstellungskosten, Vertriebskosten) aufgegliedert, während im Gesamtkostenverfahren nach Arten (Personal, Material etc.) aufgegliedert wird.[623] Der Posten Umsatzerlöse (§ 275 Abs. 3 Nr. 1 HGB) ist in beiden Verfahren identisch, wird in § 277 Abs. 1 HGB definiert und daher dort erörtert (vgl. Tz. 335 ff.).

 

Tz. 312

Im Posten gem. § 275 Abs. 3 Nr. 2 HGB sind die Herstellungskosten auszuweisen. Nach h. M. ist der Herstellungskostenbegriff nicht deckungsgleich mit dem des § 255 Abs. 2 HGB.[624] Insbesondere die unterschiedlichen Zwecke beider Vorschriften werden angeführt. In der Bilanz ist das Vorsichtsprinzip zu beachten, während es in der GuV um ein reines Gliederungs- bzw. Zuordnungsproblem geht. Alle tatsächlichen Aufwendungen sollen den Umsatzerlösen gegenübergestellt werden. Zudem wird auf sprachliche Unterschiede in der englischen Fassung der 4. EG-Richtlinie verwiesen ("cost of sales" und "production cost"). Daher sind unangemessene Gemeinkosten hier anzusetzen, obwohl sie in der Bilanz nicht aktivierbar wären. Ebenso sind alle dem Herstellungsprozess zuordnungsfähige Kosten wie Forschungs- und Entwicklungskosten, Gewährleistungskosten und Versicherungskosten anzusetzen.[625] Allgemeine bzw. Verwaltungskosten sind anzusetzen, soweit sie einen Bezug zum Umsatz haben (z. B. Personalkosten des Vertriebs).[626] Ebenfalls umstritten ist die Einbeziehung von Zinsen und Steueraufwendungen. Hier soll gegen eine Einbeziehung in die Herstellungskosten sprechen, dass der Informationsausweis kein anderer sein darf als beim Gesamtkostenverfahren.[627] Werden Produkte nicht im laufenden Geschäftsjahr abgesetzt bzw. Produkte abgesetzt, die in einer früheren Periode bereits hergestellt worden sind, ist danach zu differenzieren, ob zu Vollkosten oder Teilkosten bewertet worden ist. Bei Vollkostenbewertung mindern die nicht abgesetzten Produkte die Herstellungskosten (ihnen steht ja kein Umsatz gegenüber) bzw. die nunmehr abgesetzten Produkte erhöhen die Herstellungskosten (es ist zum Umsatz gekommen). Beim Teilkostenansatz müsste vergleichbar mit den nicht aktivierten Aufwendungen verfahren werden. Gleichwohl ist der nicht angesetzte Aufwand unter Nr. 2 und nicht unter Nr. 7 auszuweisen, weil er im entsprechenden Funktionsbereich bereits angefallen ist. Zudem entspricht diese Methode internationalen Gepflogenheiten.[628] Bei all den benannten Konstellationen ist im Anhang gem. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB anzugeben, welche Darstellungsmethode gewählt worden ist. Gem. § 265 Abs. 1 HGB ist auch hier der Grundsatz der Methodenstetigkeit beizubehalten.[629]

 

Tz. 313

Im Posten gem. § 275 Abs. 3 Nr. 3 HGB ist das Bruttoergebnis vom Umsatz auszuweisen. Die Posten Nr. 1 und Nr. 2 sind zu saldieren.

 

Tz. 314

Im Posten gem. § 275 Abs. 3 Nr. 4 HGB sind die Vertriebskosten auszuweisen. Sie dürfen gem. § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB nicht als Herstellungskosten angesetzt werden. Nicht umsatzbezogen, sondern periodenbezogen sind sowohl die Vertriebseinzelkosten als auch die Vertriebsgemeinkosten anzusetzen.[630]

 

Tz. 315

Im Posten gem. § 275 Abs. 3 Nr. 5 HGB sind allgemeine Verwaltungskosten auszuweisen. Sind Verwaltungskosten vorrangig dem Umsatz oder Vertrieb zuzuordnen, sind sie entsprechend in § 275 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 4 HGB auszuweisen.[631] Es sind als periodenbezogene Aufwendungen alle anderen Verwaltungskosten zu erfassen wie z. B. Geschäftsführergehälter, Kosten für den Betriebsrat, Aufsichtsratsvergütungen, Kosten für nicht mit der Produktion zusammenhängende Betriebsabteilungen, Kosten für Sozialeinrichtungen und den Werkschutz, aber auch außerplanmäßige Abschreibungen auf das Anlagevermögen und Umlaufvermögen.[632]

 

Tz. 316

Im Posten gem. § 275 Abs. 3 Nr. 6 HGB sind die sonstigen betrieblichen Erträge auszuweisen. Er stimmt mit dem entsprechenden Posten des Gesamtkostenverfahrens (§ 275 Abs. 2 Nr. 4 HGB) überein. Aktivierte Eigenleistungen werden im Umsatzkostenverfahren nicht ausgewiesen, weil auch entsprechender Aufwand nicht ausgewiesen wird.[633]

 

Tz. 317

Im Posten gem. § 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB sind die sonstigen betrieblichen Aufwendungen auszuweisen. Dieser Posten ist dem theoretischen Konzept des Umsatzkostenverfahrens fremd und fehlt auch in Art. 25, 26 der 4. EG-Richtlinie.[634] Gleichwohl bedarf es dieses Auffangpostens für Aufwendungen, die zu sonstigen betrieblichen Erträgen geführt haben. Ebenso müssen Aufwendungen erfasst werden, die keinem anderen Posten zuzuordnen sind. Da ist an Kosten für Grundlagenforschung zu denken, die mangels Produktbezugs nicht § 275 Abs. 3 Nr. 2 HGB zugeordnet werden kann.[635] Soweit man sich bei den umstrittenen Sachgebieten von § 275 Abs. 3 Nr. 2 HGB gegen einen Ausweis als Herstellungskosten entscheidet, muss im vorliegenden Posten ausgewiesen werden.

 

Tz. 318

Die Posten § 275 Abs. 3 Nr. 8 bis Nr. 16 HGB entsprechen denen des Gesamtkostenverfahrens.[636]

[623] Kessler/Freisleben, in: MüKo-BilR, § 275 HGB Rn. 23 ff., 28 ff.
[624] Gelh...

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