Tz. 251

§ 270 Abs. 2 HGB ist eng mit § 268 Abs. 1 HGB verknüpft.[490] § 268 Abs. 1 HGB gestattet die Bilanzaufstellung unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses. Für diesen Fall statuiert § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB einen abweichenden Postenausweis. § 270 Abs. 2 HGB ergänzt diese Regelungen insoweit, als in diesem Fall Entnahmen aus oder Einstellungen in Gewinnrücklagen ebenfalls bei der Bilanzaufstellung zwingend zu berücksichtigen sind.[491] Das Wahlrecht von § 268 Abs. 1 HGB wird dadurch eingeschränkt.[492] Wie bei § 270 Abs. 1 HGB handelt es sich bei § 270 Abs. 2 HGB um eine bloße Bestimmung des Zeitpunktes, nicht jedoch der Kompetenz. Trotz § 270 Abs. 2 HGB bestimmen letztlich der Aufsichtsrat als gemeinsam mit dem Vorstand gem. § 172 AktG zur Feststellung befugtes Organ bzw. die Gesellschafterversammlung gem. § 46 Nr. 1 GmbHG über die Gewinnverwendung bzw. die Auflösung von Gewinnrücklagen.

 

Tz. 252

Im Vertragskonzern ist gem. § 302 Abs. 1 AktG der Jahresverlust auszugleichen. Soweit während der Vertragslaufzeit Gewinnrücklagen gebildet worden sind, können diese ebenfalls zum Verlustausgleich herangezogen werden. § 270 Abs. 2 HGB wird bei einem Jahresverlust nicht berührt, wenn dieser durch Leistung des herrschenden Unternehmens auszugleichen ist. Anders verhält es sich, wenn innervertraglich gebildete Rücklagen existieren und diese zur Verlustdeckung herangezogen werden sollen. Dann ist § 270 Abs. 2 HGB anwendbar. Der Jahresgewinn ist gem. § 301 AktG an das herrschende Unternehmen abzuführen; er kann aber auch in Gewinnrücklagen eingestellt werden. Sieht z. B. der Unternehmensvertrag für diesen Fall zwingend die Rücklagenbildung vor, ist § 270 Abs. 2 HGB anzuwenden. Praktisch wird das wegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG selten der Fall sein. Ob § 264 Abs. 3 HGB die Regelungen des § 270 Abs. 2 HGB entbehrlich sein lässt, ist unklar.

 

Tz. 253

Ein Verstoß gegen § 270 HGB hat sanktionsrechtlich keine Folgen, jedoch kann der Jahresabschluss gem. § 256 Abs. 1 Nr. 4 AktG nichtig sein, wenn der unzutreffende Rücklagenausweis nicht spätestens bei der Feststellung berichtigt wird.[493]

[490] ADS, § 270 HGB Rn. 9; Berndt, in: KK-RechnR, § 270 HGB Rn. 13; Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 270 HGB Rn. 4.
[491] ADS, § 270 HGB Rn. 9.
[492] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 270 HGB Rn. 4; Reiner, in: MüKo-HGB, § 270 HGB Rn. 6
[493] Siehe dazu Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 270 HGB Rn. 18; Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 270 HGB Rn. 5; Reiner, in: MüKo-HGB, § 270 HGB Rn. 3.

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