Tz. 260

Insbesondere § 271 Abs. 2 HGB gilt als missglückt.[505] Die Vorschrift definiert verbundene Unternehmen anders als §§ 15 ff. AktG. Seither hat es immer wieder Diskussion um die Anwendung des aktienrechtlichen Begriffs der verbundenen Unternehmen im Bilanzrecht gegeben.[506] Kardinalproblem ist, dass § 271 Abs. 2 HGB verbundene Unternehmen nur vorsieht, wenn die abhängige Gesellschaft in den Konzernabschluss des herrschenden Unternehmens einzubeziehen ist. Einen Konzernabschluss müssen aber nur Gesellschaften im Sinne von §§ 264, 264a HGB aufstellen.[507] Vielfach nimmt das HGB-Bilanzrecht auf verbundene Unternehmen Bezug, so insbesondere beim Beteiligungs-, Forderungs- und Verbindlichkeitsausweis in § 266 HGB sowie bei der Unzulässigkeit der Abschlussprüfung (vgl. § 319; 319a HGB). Trotz wirtschaftlich gleichartiger Risiken, kommt man für vergleichbare Sachverhalte zu unterschiedlichen Lösungen, was mit dem Begriff der verbundenen Unternehmen gem. §§ 15 ff. AktG zu vermeiden wäre.

 

BEISPIEL

Die T-AG ist zu 100 % Gesellschafterin der E-AG. Die T-GmbH ist zu 100 % Gesellschafterin der E-GmbH. Sowohl die T-AG als auch die E-AG stehen im Mehrheitsbesitz einer gesetzestypischen deutschen OHG bzw. KG oder russischen Gesellschaft. Verbundenheit zwischen T-AG und E-AG bzw. T-GmbH und E-GmbH ist zwar zu bejahen, jedoch nicht zwischen T-AG/E-AG und T-GmbH/E-GmbH.[508] Das wäre anders, würde Konzernspitze eine Gesellschaft gem. §§ 264, 264a HGB sein. Trotz vergleichbarer Risiken sind daher Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen der T-AG/E-AG und T-GmbH/E-GmbH nicht als solche unter verbundenen Unternehmen auszuweisen. Ebenfalls kann ein Abschlussprüfer ohne Verstoß gegen § 319 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 HGB sowohl die T-AG als auch die T-GmbH prüfen.

Die Rechtsprechung hat sich ausdrücklich zu unterschiedlichen Konzepten für das Aktienrecht und für das Bilanzrecht bekannt[509] und der Gesetzgeber sieht derzeit keinen Handlungsbedarf an einer Änderung der Lage.[510]

[505] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 271 HGB Rn. 1; Kropff, in: MüKo-BilR, § 271 HGB Rn. 6.
[506] Vornehmlich zu nennen sind: Kropff, Wie lange noch: Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht?, in: Habersack (Hrsg.), Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag am 2. Januar 2003, Berlin 2003, 847 ff.; Küting, DStR 1987, 347 ff.; Schulze-Osterloh, in: Goerdeler, FS Fleck, 313 ff.; Ulmer, Begriffsvielfalt im Recht der verbundenen Unternehmen als Folge des Bilanzrichtlinien-Gesetzes, in: Havermann (Hrsg.), Bilanz- und Konzernrecht: Festschrift zum 65. Geburtstag von Dr. Dr. h. c. Reinhard Goerdeler, Düsseldorf 1987, 623 ff.
[507] Siehe dazu Reiner, in: MüKo-HGB, § 271 HGB Rn. 44 f.
[508] Siehe dazu Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 271 HGB Rn. 21.
[509] BGH v. 3.6.2004, X R 104/03, BGHZ 159, 234 (236 ff.).
[510] So die Einschätzung nach dem BilMoG; Scherrer, in: KK-RechnR, § 271 HGB Rn. 5; Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 271 HGB Rn. 1.

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