a) Allgemeine Grundsätze der Gliederung

 

Tz. 289

Die GuV beruht auf dem Wahlrecht von Art. 22 der 4. EG-Richtlinie. Der Gesetzgeber hat die Staffelform zugelassen und die Kontoform abgelehnt. Innerhalb der Staffelform hat er sowohl das Gesamtkostenverfahren als auch das Umsatzkostenverfahren zugelassen. Für Kleinstkapitalgesellschaften hat das MicroBilG mit § 275 Abs. 5 HGB eine Erleichterung geschaffen. In Umsetzung von Art. 2 Nr. 5 der RL 2013/34/EU wurden Posten zu außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen eliminiert, sodass es bei sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen nicht mehr auf die typische Geschäftstätigkeit ankommt.[568] Im Gefolge sind auch § 276, § 277 Abs. 1, Abs. 4 HGB geändert bzw. gestrichen worden. § 277 Abs. 3 HGB wurde der Änderung von § 253 Abs. 3 HGB angepasst; § 278 HGB wurde wegen praktischer Bedeutungslosigkeit abgeschafft.[569]

 

Tz. 290

In § 275 Abs. 1 Satz 1 HGB fordert das Gesetz zwingend die Staffelform[570]; auch zugunsten des true and fair view (vgl. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB) ist die Kontoform ausgeschlossen.[571] Hingegen sind Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren gleichwertige Alternativen. Beide haben Vor- und Nachteile.[572] Deshalb gebietet § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht, dass unbedingt ein bestimmtes Verfahren gewählt werden muss.[573] Allerdings sind unter Umständen die durch das gewählte Verfahren bedingten Informationsdefizite durch Anhangangaben gem. § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB auszugleichen.[574] Das einmal gewählte Verfahren ist beizubehalten (Gliederungsstetigkeit gem. § 265 Abs. 1 HGB),[575] jedoch kann i. V. m. § 265 Abs. 6 HGB die Gliederungsreihenfolge in begründeten Fällen geändert werden.[576] Eine Postenzusammenfassung ist aus beiden in § 265 Abs. 7 HGB genannten Gründen möglich.[577]

 

Tz. 291

Die Zuordnung einzelner Erträge und Aufwendungen zu bestimmten Posten steht nicht im Belieben der Gesellschaft. Zwar kommt es aus der Perspektive des Gläubiger- und Gesellschafterschutzes auf den zutreffenden Jahreserfolg an, der unabhängig von der Zuordnung in der GuV richtig ausgewiesen wird. Jedoch ist eine zutreffende Postenzuordnung als Informationsinstrument unabdingbar. Außerdem ergeben sich unmittelbare Auswirkungen auf den Gewinn bzw. Zins für typisch stille Gesellschafter bzw. partiarische Darlehensgeber. Bei Ihnen werden vielfach einzelne Posten aus der GuV herausgerechnet; z. B. um allein eine Beteiligung am betrieblichen Gewinn zu erreichen und die Teilhabe an vorvertraglich gelegten stillen Reserven auszuschließen. Letztlich ist – zumindest bei Bestehen typisch stiller Beteiligungen oder partiarischer Darlehen – einer Postenuntergliederung bzw. der Einfügung zusätzlicher Posten[578] stets der Vorzug vor einer ergänzenden Erläuterung im Anhang zu geben.

[568] RefE BilRUG, 68, abrufbar unter: http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_BilanzRichtlinieUmsetzungsGesetz.pdf;jsessionid= 7AB8188BA18B6DB3DB71B5468C2E2E81.1_cid297?__blob=publicationFile&v= 6, abgerufen am 17.02.2016.
[569] RefE BilRUG, 68, abrufbar unter: http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_BilanzRichtlinieUmsetzungsGesetz.pdf;jsessionid= 7AB8188BA18B6DB3DB71B5468C2E2E81.1_cid297?__blob=publicationFile&v= 6, abgerufen am 17.02.2016; Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 278 HGB Rn. 3.
[570] Ausführlich zur Staffelform Kessler/Freisleben, in: MüKo-BilR, § 275 HGB Rn. 7 ff.
[571] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 275 HGB Rn. 7; a. A. Förschle/Peun, in: BeckBilKo, § 275 HGB Rn. 11.
[572] Dazu ausführlich ADS, § 275 HGB Rn. 29 ff.; kurzer Überblick bei Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 275 HGB Rn. 10 ff.
[573] Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 275 HGB Rn. 13.
[574] ADS, § 275 HGB Rn. 35.
[575] ADS, § 275 HGB Rn. 36; Kessler/Freisleben, in: MüKo-BilR, § 275 HGB Rn. 21; kurzer Überblick bei Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 275 HGB Rn. 13.
[576] ADS, § 275 HGB Rn. 41.
[577] ADS, § 275 HGB Rn. 47 ff.; Förschle/Peun, in: BeckBilKo, § 275 HGB Rn. 18.
[578] Zur Anwendung von § 265 Abs. 5 HGB auf die GuV siehe ADS, § 275 HGB Rn. 41 f.; Förschle/Peun, in: BeckBilKo, § 275 HGB Rn. 16 f.; zur Aufgliederung von Sammelposten in der GuV siehe ADS, § 265 HGB Rn. 57.

b) Das Gesamtkostenverfahren

 

Tz. 292

Im Gesamtkostenverfahren werden die Aufwendungen nach Arten (Personal, Material etc.) aufgegliedert, während im Umsatzkostenverfahren nach Funktionen (Herstellungskosten, Vertriebskosten) aufgegliedert wird.[579] Der Posten Umsatzerlöse (vgl. § 275 Abs. 2 Nr. 1 HGB) ist in beiden Verfahren identisch, wird in § 277 Abs. 1 HGB definiert und daher dort erörtert (vgl. Tz. 335 ff.).

 

Tz. 293

Der Posten gem. § 275 Abs. 2 Nr. 2 HGB weist die Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen aus. Auszuweisen sind die Mengenänderungen aufgrund einer Leistung an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie selbsterzeugten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. Ebenso sind unfertige Leistungen und Wertänderungen durch Abschreibungen erfasst.[580]

 

Tz. 294

Der Posten gem. § 275 Abs. 2 Nr. 3 HGB weist andere aktivierte Eigenlei...

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