a) Überblick

 

Tz. 49

§ 266 HGB regelt den Ausweis der einzelnen Posten, ihre Bezeichnung, ihre Reihenfolge und ihre Unterteilung in der Bilanz.[145] Dadurch werden Art. 8 und 9 der 4. EG-Richtlinie umgesetzt, wobei das Wahlrecht zur Bilanz in Kontoform nicht übernommen worden ist.[146] Die Vorschrift verwirklicht vor allem die Informationsfunktion der Rechnungslegung und konkretisiert das in § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB statuierte Einblicksgebot.[147] Sie hat daher zwingenden Charakter, sodass nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen von ihr abgewichen werden darf.[148] Das sind z. B. Besonderheiten bei mehreren Geschäftszweigen (vgl. § 265 Abs. 4 HGB), weitere Untergliederungen bzw. neue Posten, die hinzugefügt werden können (vgl. § 265 Abs. 5 HGB), Postenbezeichnung und Gliederung, die geändert werden dürfen (vgl. § 265 Abs. 6 HGB), oder die Zusammenfassung oder das Weglassen von Posten nach § 265 Abs. 7 und 8 HGB. § 268 Abs. 1 HGB gestattet die Aufstellung des Jahresabschlusses unter Berücksichtigung der Ergebnisverwendung, § 266 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 HGB gestattet allgemeine Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften und Kleinstgesellschaften. § 274a Nr. 3 (n. F.) HGB = § 274a Nr. 4 (a. F.) HGB erlässt den separaten Ausweis des Disagios (vgl. Tz. 211) bzw. § 274a Nr. 4 (n. F.) HGB = § 274a Nr. 5 (a. F.) HGB erlässt den separaten Ausweis zur Abgrenzung latenter Steuern (vgl. Tz. 122, 155). Letztlich sind die Formblätter für bestimmte Geschäftszweige vorrangig (vgl. § 330 HGB).[149]

 

Tz. 50

Durch § 266 HGB soll eine vernünftige Bilanzanalyse ermöglicht werden.[150] Daher sollen die Vorschriften im Lichte der Informationsvermittlung ausgelegt werden.[151] § 266 HGB gilt zwar unmittelbar nur für die Jahresbilanz. Ohne direkte Nennung wird auf die Regeln des JA verwiesen: in § 242 Abs. 1 Satz 2 HGB für die Eröffnungsbilanz, in § 270 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 71 Abs. 2 Satz 2 GmbHG für die Abwicklungsbilanz und in § 209 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 57f Abs. 1 Satz 1 GmbHG für die Bilanz, die einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zugrunde gelegt wird. Auch für die Verschmelzungsbilanz (§ 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG) und bei der Vermögensübertragung (§ 176 UmwG[152]) wird auf die Regeln des JA nach HGB verwiesen.[153] Daher soll § 266 HGB entsprechend anwendbar sein.[154] Dieser Sichtweise ist dem Grunde nach beizupflichten. Das gilt aber nur für den Aufbau der genannten Bilanzen. Es ist nicht nötig, die Vorschriften bei Zweifelsfragen allein im Lichte einer Informationsvermittlung auszulegen, wenn die entsprechende Bilanz einmalig ist und auf ihr keine Folgeabschlüsse aufbauen. Nur für die Eröffnungsbilanz gem. § 242 Abs. 1 Satz 2 HGB bzw. den Halbjahresfinanzbericht gem. § 37w Abs. 3 Satz 2 WpHG oder den Quartalsbericht gem. § 37x Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 37w Abs. 3 Satz 2 WpHG ist § 266 HGB exakt so anzuwenden, wie er auf einen JA angewendet würde.

[145] Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 1; Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 1.
[146] Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 6.
[147] Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 2; Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 3.
[148] Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 2; Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 2.
[149] Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 2.
[150] ADS, § 266 HGB Rn. 2; Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 2; i.Erg. auch Suchan, in: MüKo-BilR, § 266 HGB Rn. 3.
[151] Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 6.
[152] Zum Verweis Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 176 UmwG Rn. 8.
[153] Z. T. wird (unzutreffend) auf eine solche Bilanz beim Formwechsel verwiesen, z. B. ADS, § 266 HGB Rn. 17; Schubert/Krämer, in: BeckBilKo, § 266 HGB Rn. 3. Das ist nicht nötig, vgl. Förschle/Hoffmann, in: Winkeljohann u. a., Sonderbilanzen, L 30 – weder Schlussbilanz noch Eröffnungsbilanz.
[154] ADS, § 266 HGB Rn. 14 ff.; Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 8; Schubert/Krämer, in: BeckBilKo, § 266 HGB Rn. 3.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 51

Gliederungsvorschriften gibt es bereist seit der Verordnung des Reichspräsidenten vom 19.9.1933 und vom 30.5.1933 für Aktiengesellschaften, Banken und Genossenschaften. Diese wurden in § 131 AktG 1937 bzw. § 151 AktG 1965 übernommen. Diese Vorschriften wurden in Umsetzung der 4. EG-Richtlinie aufgehoben und durch §§ 266, 336 HGB und § 5 PublG ersetzt.[155]

[155] Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 HGB Rn. 1.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 52

§ 266 HGB trifft keine Aussage über den Ansatz, die Bewertung und den Ausweis der Posten.[156] Die Grundfrage zum Aktivvermögen, ob es sich um Anlage- oder Umlaufvermögen handelt, ist anhand von § 247 Abs. 2 HGB zu lösen. Rückstellungen sind allein anhand von § 249 HGB zu bilden und der Eigenkapitalausweis richtet sich nach § 272 HGB. Der Ausweis latenter Steuern richtet sich allein nach § 274 HGB.

 

Tz. 53

§ 266 HGB gilt für Kapitalgesellschaften sowie durch Verweis in § 336 Abs. 2 Satz 1 HGB für Genossenschaften. Durch die Gleichstellung der Kapitalgesellschaft & Co. KG bzw. OHG mit Kapitalgesellschaften in § 264a HGB ist § 266 HGB auch auf die Kapitalge...

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