Tz. 231

Ebenfalls markante Unterschiede trotz zahlreicher und durch das BilMoG 2009 noch vermehrter Übereinstimmungen gibt es schließlich bei den Bewertungsvorschriften. Für Aktiva bilden nach beiden Systemen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Bewertungsobergrenze. Nach dem HGB gibt es davon keine, nach den IFRS hingegen zahlreiche Ausnahmen. Die grundsätzliche Unterscheidung der IFRS zwischen Erst- und Folgebewertung ist dem HGB unbekannt. Anschaffungskosten werden in beiden Systemen aus Anschaffungspreis zuzüglich Nebenkosten abzüglich Preisminderungen ermittelt. Bei den Herstellungskosten nach HGB müssen die Einzelkosten, können die Gemeinkosten, dürfen aber nicht die Vertriebskosten in die Bewertung eingehen. Nach § 255 Abs. 2 HGB zählen zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten auch die angemessenen Teile der Materialkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit dies durch die Fertigung veranlasst ist. Auch insoweit hat sich das HGB den IFRS angenähert. Bei der Bewertung von Sachanlagen gelten nach HGB wie auch – allerdings nur für die Erstbewertung – nach den Standards als Obergrenze die Anschaffungs- und Herstellungskosten. Nach beiden Systemen sind über die Nutzungsdauer planmäßige Abschreibungen vorzunehmen. Außerplanmäßige Abschreibungen sind nach HGB bei dauernder Wertminderung Pflicht, bei vorübergehender optional hinsichtlich Finanzanlagen. Nach den IFRS ist eine außerplanmäßige Abschreibung auf den sog. recoverable amount Pflicht. Zuschreibungen sind nach HGB Pflicht, für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert jedoch verboten. Nach den Standards sind Zuschreibungen grundsätzlich Pflicht, nach dem cost model höchstens auf fortgeführte Anschaffungs- und Herstellungskosten, nach dem revaluation model durch erfolgsneutrale Neubewertung auch über die Anschaffungs- und Herstellungskosten hinaus. Bei immateriellen Vermögensgegenständen gilt in beiden Systemen weitgehend übereinstimmend die Bewertungsobergrenze der Anschaffungs- und Herstellungskosten mit planmäßiger Abschreibung über die Nutzungsdauer sowie außerplanmäßiger Abschreibung und Zuschreibung wie bei Sachanlagen.

 

Tz. 232

Während der Firmenwert nach den Standards ein asset, nach HGB hingegen kein Vermögensgegenstand ist, bildet in beiden Systemen der Unterschiedsbetrag die Bewertungsobergrenze. Nach HGB ist wahlweise pauschal oder planmäßig abzuschreiben, nach den Standards planmäßig über die Nutzungsdauer. Eine außerplanmäßige Abschreibung ist nach HGB Pflicht, falls der Wert gesunken ist. Eine Zuschreibung ist verboten. Nach den Standards ist eine außerordentliche Abschreibung auf den recoverable amount Pflicht, eine Zuschreibung hingegen nur unter den Voraussetzungen von IAS 36 (2004) möglich (vgl. Tz. 109 ff.).

 

Tz. 233

Bei Finanzinstrumenten hat das BilMoG 2009 für das HGB zu einer Differenzierung geführt. Sie sind grundsätzlich höchstens mit den fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten. Lediglich die von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente dürfen demgegenüber mit ihrem Zeitwert bewertet werden, § 340e Abs. 3 und 4 HGB. Außerplanmäßige Abschreibungen sind nach den Änderungen durch das BilMoG 2009 rechtsformunabhängig nach § 253 Abs. 3 HGB nur noch einheitlich dann vorzunehmen, wenn es sich voraussichtlich um eine dauerhafte Wertminderung handelt. Bei nur vorübergehender Wertminderung besteht für alle Unternehmen nur noch bezogen auf die Finanzanlagen ein Abschreibungswahlrecht. Nach den Standards ist zwischen zwei Gruppen von Instrumenten zu unterscheiden: Instrumente der Kategorie at fair value sind zum beizulegenden Zeitwert (IFRS 9) zu bewerten. Für Eigenkapitalinstrumente gilt ein Wahlrecht zwischen erfolgswirksamer und erfolgsneutrale Bewertung. Financial assets held for trading sind allerdings immer erfolgswirksam zu bewerten. Instrumente der Kategorie at amortised cost sind mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen, wenn das zugrunde liegende Geschäftsmodell auf die Erzielung von Erträgen gerichtet ist und fester Zahlungen vorgesehen sind.

 

Tz. 234

Vorräte werden in beiden Systemen höchstens mit den Anschaffungskosten bewertet. Außerplanmäßige Abschreibungen auf den Börsen- oder Marktwert (HGB) bzw. den net realisable value (IFRS) sind Pflicht, ebenso Zuschreibungen. Das HGB kennt verschiedene Verbrauchsfolgeverfahren und sieht Festbewertung vor. Nach den Standards gibt es wenige Verbrauchsfolgeverfahren (Fifo, Lifo) und keine Festbewertung. Für die Langfristfertigung gilt nach HGB die Completed-Contract-Methode , nach den Standards die Percentage-of-Completion-Methode. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen werden in beiden Systemen höchstens zum Anschaffungswert bewertet. Außerplanmäßige Abschreibungen sind bei Ausfallrisiko vorgesehen. Eine Pauschalwertberichtigung ist zwar nach HGB, nicht aber nach den Standards zulässig. Verbindlichkeiten werden nach HGB mit dem Erfüllungsbetrag (i. d. R. ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge