Tz. 228

Bei den Rechnungslegungsgrundsätzen besteht zwischen den HGB-Vorschriften und den internationalen Standards in vielfacher Hinsicht relative Übereinstimmung, wenn es auch in einzelnen Punkten markante Divergenzen gibt. Der Abschluss hat nach beiden Systemen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Das gilt nach dem HGB allerdings nur für Kapitalgesellschaften und besondere Personenhandelsgesellschaften (§ 264 Abs. 2 HGB). Für sonstige Kaufleute gilt nur die allgemeine Anforderung, dass der Abschluss nach den GoB aufzustellen ist und klar, übersichtlich und vollständig zu sein hat (§ 243 Abs. 1 und 2 HGB). Das True-and-Fair-View-Prinzip hat nach HGB im Unterschied zu den internationalen Standards nicht den Status eines overriding principle. So ist dessen Beachtung in §§ 264 und 297 HGB mit dem Zusatz "unter Beachtung der GoB" versehen, und bei Verletzung verlangt das HGB nur Zusatzangaben im Anhang, während Einzelvorschriften nicht verletzt werden dürfen. Daran ändert sich nach verbreiteter Einschätzung auch durch die Bilanzrichtlinie 2013 nichts.[315] Nach den IFRS darf von den Vorgaben der Standards hingegen nur abgewichen werden, wenn – äußerst selten – die Vermittlung eines tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes dies erfordert (IAS 1.13). Die Periodenabgrenzung erfolgt der Sache und der Zeit nach. Für beide Systeme gelten die Annahme der Unternehmensfortführung (going concern) sowie die Grundsätze der Verständlichkeit, der Entscheidungsrelevanz, der glaubwürdigen Darstellung, der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, der Neutralität, der Willkürfreiheit, der Vorsicht, der Vollständigkeit, der Vergleichbarkeit und der Einzelbewertung, ferner der Grundsatz der formellen und materiellen Stetigkeit; allerdings ist er nach HGB relativ leicht, nach internationalen Standards nur relativ schwer zu durchbrechen. In beiden Systemen gelten Stichtagsprinzip und Wertaufhellung. Anders als das HGB lassen die Standards die Berücksichtigung von Ereignissen nach dem Stichtag ausnahmsweise dann zu, wenn diese Ereignisse die Going-Concern-Annahme nicht mehr rechtfertigen.

[315] Etwa Velte, GmbHR 2013, 1125 (1127); anders Kreipl, BC 2013, 399.

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