Tz. 152

Dass die Auslegung von Rechtsnormen ebenso wie die Rechtsnormen selbst die Verfassung zu achten hat, stellt an sich eine Selbstverständlichkeit dar.[219] Die verfassungskonforme Auslegung gebietet, dass bei unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten nicht diejenige gewählt wird, die gegen die Verfassung verstößt und damit zur Nichtigkeit der Norm führt, sondern diejenige, die verfassungskonform ist und damit den Bestand der auszulegenden Norm gewährleistet. Diese Auslegung darf aber nicht zu einem Resultat führen, das mit dem Wortlaut eines Gesetzes nicht mehr übereinstimmt. Insoweit bildet die grammatische Auslegung wiederum die Grenze. Da die Verfassung Vorrang vor dem "einfachgesetzlichen" Recht genießt, steht der Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung an erster Stelle vor allen anderen Auslegungsmaximen. Gleichwohl werden Fälle, in denen die Auslegung bilanzrechtlicher Normen in die Gefahr gerät, die Verfassung zu verletzen, in der Praxis recht selten sein.[220]

[219] Winnefeld, Bilanz-Hdb., Einf. Rn. 77.
[220] Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 111.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge