Tz. 66
Wenngleich die wesentlichen Teile des deutschen Bilanzrechts im Dritten Buch des HGB geregelt sind, findet sich eine ganze Reihe verschiedener Einzelregelungen in anderen Gesetzen. Dabei lassen sich insbesondere branchen- von rechtsformspezifischen Bestimmungen unterscheiden.
a) Branchenspezifisches Rechnungslegungsrecht
aa) Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute
Tz. 67
Privatrechtlich verfasste Kreditinstitute dürfen in Deutschland nur in der Rechtsform der Personen- oder der Kapitalgesellschaft betrieben werden (§ 2b Abs. 1 KWG). Als solche unterliegen sie, wie auch die Finanzdienstleistungsinstitute, den Vorschriften der Rechnungslegung nach dem HGB. Daneben unterliegen sowohl Kredit- als auch Finanzdienstleistungsinstitute ergänzenden Offenlegungs- und Prüferpflichten nach dem KWG. Während es in §§ 25 bis 25i KWG um bankspezifische Informations- und Dokumentationspflichten als Ausfluss von besonderen Sorgfaltspflichten geht, regelt § 26 KWG die Vorlage von Rechnungslegungsunterlagen gegenüber der BaFin und der Bundesbank. § 26a KWG enthält spezifische Offenlegungspflichten und §§ 27–30 KWG regeln besondere Pflichten in Bezug auf die Prüfung und die Prüferbestellung.
Tz. 68
Sowohl für Kreditinstitute als auch für Finanzdienstleistungsinstitute gilt ergänzend eine Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredV).[104] Sie regelt unter anderem die Bilanzierung der nachrangigen Vermögensgegenstände und Schulden (§ 4 RechKredV) sowie der Eventualverbindlichkeiten (§ 26 RechKredV).
Tz. 69
Für Großbanken mit einem Bilanzvolumen ab 30 Mrd. Euro kommt die Überwachung durch die Europäische Finanzmarktaufsicht hinzu. Im Rahmen des Single Supervisory Mechanism (SSM) wird die Europäische Zentralbank (EZB) diese Großbanken einem sog. comprehensive assessment unterziehen, bei dem neben einer Risikoanalyse und einem Stresstest als dritte Säule eine Bilanzprüfung (asset quality review) vorgenommen wird.[105] Die Prüfung orientiert sich an Vorgaben der European Banking Authority (EBA).[106] Inwieweit diese Bilanzprüfung durch die Europäische Finanzmarktaufsicht zukünftig verstetigt werden wird, ist noch offen.
bb) Versicherungsunternehmen
Tz. 70
Auch für Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds gelten neben den handelsrechtlichen Vorschriften nach dem VAG einige ergänzende Rechnungslegungsvorschriften. Zunächst enthält § 54d VAG eine Vorschrift zur Berichterstattung an die Aufsichtsbehörde. Sodann finden sich in den §§ 55–84 VAG Vorschriften zu Rechnungslegung und Prüfung, wobei es sich zum Teil um Vorschriften für öffentlich-rechtliche Unternehmen (§ 55 VAG) und zum Teil um Bestimmungen für Versicherungsunternehmen handelt, die nicht der Aufsicht durch die Aufsichtsbehörden der Länder unterliegen (§ 55a VAG). Auch im Versicherungssektor gilt ergänzend eine Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV).[107]
b) Rechtsformspezifisches Rechnungslegungsrecht
aa) Publizitätsgesetz
Tz. 71
An erster Stelle ist hier das Publizitätsgesetz zu nennen. Das Publizitätsgesetz regelt die Offenlegung des Jahresabschlusses von Unternehmensträgern, die nicht schon zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses verpflichtet sind.[108] Dazu gehören insbesondere Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute. Sie sind nur zur Offenlegung verpflichtet, wenn ihr Geschäftsbetrieb einen erheblichen Umfang übersteigt.[109] Der Schwellenwert für die Anwendung des Gesetzes wird nach § 1 Abs. 1 PublG erreicht, wenn in drei aufeinanderfolgenden Jahren mindestens zwei der drei folgenden Betriebsgrößen-Merkmale erfüllt sind:
- Bilanzsumme von mehr als 65 Mio. EUR
- Umsatzerlöse von mehr als 130 Mio. EUR
- mehr als 5.000 Arbeitnehmer
Damit beläuft sich der Schwellenwert hinsichtlich der Bilanzkennzahlen auf das Vierfache der großen Kapitalgesellschaften, hinsichtlich der Arbeitnehmerzahl sogar auf das Zwanzigfache.
bb) Aktiengesetz
Tz. 72
Für Aktiengesellschaften gelten ergänzend zum Dritten Buch des HGB die §§ 150–174 AktG.[110] Es handelt sich um aktienrechtliche Vorschriften zur Gewinnverwendung, die von besonderem Gewicht sind, weil die Aktionäre typischerweise kaum Einblick in die Gewinnentstehung haben. Wegen der Nähe dieser Regeln zum Organisationsrecht sind sie im AktG verblieben. In § 256 AktG
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