Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter; Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob in den Schutzbereich des Vertrages zwischen einer GmbH, die verbriefte Genussrechte an der eigenen Gesellschaft vertreibt, mit einem Wirtschaftsprüfer über die (hier: freiwillige) Prüfung des Jahresabschlusses die zukünftigen Genussrechtserwerber einbezogen sind.

2. Allein daraus, dass im Verkaufsprospekt im Einverständnis mit dem für den Unternehmer tätigen Wirtschaftprüfer dessen Bestätigungsvermerk zum letzten geprüften Jahresabschluss abgedruckt worden ist - verbunden mit seiner Erklärung, im Rahmen der Vorprüfung zur Jahresabschlussprüfung für das nächste Geschäftsjahr seien keine Anhaltspunkte für eine vom Vorjahr abweichende Beurteilung bekannt geworden -, ergibt sich keine prospekthaftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Es trifft diesen also selbst dann keine "Prospektaktualisierungspflicht", wenn ihm eine nachträgliche wesentliche Verschlechterung des Unternehmens bekannt wird, die die Vermögensinteressen der potentiellen Anleger gefährdet.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 328; HGB §§ 316, 267, 264, 321

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 19.10.2004; Aktenzeichen 5 U 23/04)

LG Hof (Urteil vom 15.01.2004; Aktenzeichen 32 O 353/03)

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Bamberg v. 19.10.2004 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) je 35 v.H. und der Kläger zu 3) 30 v.H. zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte zu 1) - eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - und den Beklagten zu 2), deren vor Ort tätig gewordenen Prüfer, auf Ersatz der Schäden in Anspruch, die ihnen durch die Zeichnung von Genussrechten der insolvent gewordenen S. GmbH (im Folgenden: S.) entstanden sind.

Bei der S. handelte es sich um ein Unternehmen, das seit 1997 unverbriefte Genussrechte an der eigenen Gesellschaft auflegte und diese vertrieb; das eingezahlte Genussrechtskapital legte sie in Aktien an. Für den Vertrieb gab die S. erstmals im Jahr 1999 einen Genussrechtsprospekt heraus, ebenso einen solchen im Februar 2000 (Serie "C/2000"). Im Januar 2001 erfolgte eine Neuauflage des Prospekts, mit dem ebenfalls die Genussrechte der Serie "C/2000" beworben wurden. Im Prospekt vom Februar 2000 waren die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz für das Jahr 1999 und im Prospekt vom Januar 2001 eine "vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung" sowie die "vorläufige Bilanz" der S. für das Jahr 2000 abgedruckt. Im Prospekt vom Januar 2001 war einige Seiten danach - unter Voranstellung eines fett gedruckten Hinweises auf "Dr. R. & Partner - die Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte der S. ..." - ein von dem Beklagten zu 2) am 27.10.2000 unterzeichnetes Wirtschaftsprüfertestat wiedergegeben. Darin wird dem Jahresabschluss der S. zum 31.12.1999 (Prospekt vom Februar 2000: Jahresabschluss v. 31.12.1998) ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt. In einem unmittelbar darunter gesetzten Zusatz heißt es:

"Die Dr. R. & Partner GmbH (= Beklagte zu 1)) führt derzeit eine Vorprüfung zur Jahresabschlussprüfung auf den 31.12.2000 ... durch. Im Rahmen dieser Vorprüfung wurden keine Anhaltspunkte bekannt, die eine vom Vorjahr abweichende Beurteilung von Buchführung und Jahresabschluss nach sich ziehen würde."

Der Kläger zu 3) zeichnete am 3.12.2001 250 Genussrechte der S. im Nennwert von 25.000 DM zzgl. 2 % Agio, die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) zeichneten am 16.5.2002 jeweils 300 Genussrechte im Nennwert von 15.000 EUR zzgl. 2 % Agio. Bei diesen - jeweils durch Anlageberater vermittelten - Vertragsabschlüssen lag den Klägern der Genussscheinprospekt der S. von Januar 2001 (bzw. - nach der Behauptung der Beklagten bei der Zeichnung des Klägers zu 3) - derjenige von Februar 2000) vor. Am 23.1.2003 wurde über das Vermögen der S. das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Grund für die Insolvenz lag im Folgenden: Ab Herbst 1999 hatte sich eine weltweite negative Entwicklung der Aktienmärkte ergeben. Wegen der damit einhergehenden Verluste änderte die Geschäftsleitung der S. ihre Anlagestrategie und legte die Genussrechtsgelder auch in spekulativen, risikoreichen Aktien des Technologiebereichs an. Die negative Entwicklung der Aktienmärkte setzte sich allerdings fort, so dass es durch weiteren Kursverfall der Aktien der S. bei dieser im Jahre 2000 zu erheblichen Verlusten kam. In einer Besprechung v. 16.10.2001, in der die verschlechterte wirtschaftliche Situation der S. besprochen wurde, wies der Beklagte zu 2) den Geschäftsführer H. der S. darauf hin, dass ein weiterer Vertrieb der Genussrechte nur bei Aufklärung der Interessenten über die "Schieflage" der Gesellschaft in Betracht komme. Eine entsprechende Zusage hielt H. nicht ein.

Die Kläger behaupten, die von der Beklagten zu 1) testierte Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.1999 sei in mehrerer Hinsicht fehlerhaft gewesen, u.a., weil die Aktien im Depot der S. nicht zum aktuellen, erheblich niedrigeren Kurswert des Stichtages, sondern mit dem Anschaffungswert angegeben waren, und weil eine bilanzierte Forderung der S. gegen eine von den Geschäftsführern der S. gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts mangels eigenen Vermögens der Gesellschaft und der Gesellschafter nicht werthaltig gewesen sei. Weiterhin lasten die Kläger den Beklagten als Pflichtverletzung an, dass sie trotz der wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage der S. und des sich daraus ergebenden Risikos für die Anleger keine Schritte zur Einstellung des Vertriebs der Genussrechte der S. oder zur Offenbarung der desolaten Finanzlage der S. ggü. den Zeichnungsinteressenten unternommen hätten. Sie machen ferner geltend, der Beklagte zu 2) sei, insb. wegen seiner Zugehörigkeit zur sog. Sechser-Runde, faktischer Geschäftsführer der S. gewesen. Er und die Beklagte zu 1) - auch infolge weiterer personeller Verflechtungen und ihrer tatsächlichen Einbeziehung in das Unternehmen S. - seien damit auch Herausgeber des Prospekts gewesen. Spätestens bei einer Sitzung am 25.7.2001 habe der Beklagte zu 2) die aktuellen Verlustzahlen erfahren. Bei pflichtgemäßem Verhalten hätte der Beklagte zu 2) als faktischer Geschäftsführer der S. die Stellung eines Insolvenzantrags veranlassen müssen.

LG und OLG haben die auf Zahlung von je 15.300 EUR nebst Zinsen an die Klägerin zu 1) und an den Kläger zu 2) sowie von 13.037,94 EUR nebst Zinsen an den Kläger zu 3) - jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der Ansprüche der Kläger aus den Zeichnungsverträgen mit der S. - gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom OLG zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageansprüche weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht verneint Schadensersatzansprüche der Kläger gegen beide Beklagten aus jedem Rechtsgrund. Ersatzansprüche aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter schieden aus, weil der Vertrag zwischen der S. und der Beklagten zu 1) über die Prüfung des Jahresabschlusses keine Schutzwirkung zu Gunsten der potentiellen Erwerber von Genussrechten der Gesellschaft gehabt habe. Den Klägern stehe auch kein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung gegen die Beklagten zu. Weder der Beklagte zu 2) noch die Beklagte zu 1) seien Prospektverantwortliche gewesen. Keinesfalls seien, wie von den Klägern geltend gemacht, die Geschäftsführer H. und K. der S. nur "Strohmänner" der Berater der S., zu denen der Beklagte zu 2) gehörte, gewesen. Eine prospekthaftungsrechtliche Schadensersatzpflicht der Kläger lasse sich auch nicht aus einer Garantenstellung der Beklagten als beruflichen Sachkennern, die im Prospekt eigene Erklärungen abgegeben hätten, herleiten. Diese Garantenstellung bestehe allenfalls innerhalb der Reichweite des - stichtagbezogenen - Prüfertestats und des Vorprüfungsvermerks. Das Testat über den Jahresabschluss 1999 habe sich nur auf dieses Datum bezogen und keine Aussage über die Entwicklung des Unternehmens im Geschäftsjahr 2000 enthalten, noch geringer sei die Reichweite des "Postskriptums" gewesen, aus dem sich für einen durchschnittlich aufmerksamen Leser zwangsläufig ergeben habe, dass der Jahresabschluss noch nicht vorlag. Ob die danach lediglich auf die Stichtage 31.12.1999 (Testat) und 27.10.2000 (Postskriptum), allein den Beklagten zuzurechnenden Erklärungen inhaltlich unrichtig gewesen seien, bedürfe keiner Entscheidung (an anderer Stelle verneint das Berufungsgericht allerdings die Fehlerhaftigkeit dieser prospektierten Erklärungen der Beklagten), weil etwaige Fehler dieser Prospektaussagen für die Anlageentscheidung der Kläger nicht ursächlich gewesen seien. Zur Begründung dieser Annahme verweist das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung des BGH, wonach die durch einen Wertpapierprospekt geschaffene "Anlagestimmung" nur eine begrenzte Zeit nach der Veröffentlichung desselben andauert. Vorliegend hätten zwischen der Anlageentscheidung des Klägers zu 3) im Dezember 2001 und dem Jahresabschluss v. 31.12.1999 mehr als 23 Monate gelegen, zwischen der Anlageentscheidung der Kläger zu 1) und 2) im Mai 2002 und diesem "Stichtag" sogar mehr als 28 Monate.

Eine "Aktualisierungspflicht" bezüglich Testat und Postskriptum - so das Berufungsgericht weiter - habe die Beklagten nicht getroffen. Es komme daher auch nicht darauf an, ob und ab wann dem Beklagten zu 2) der Wertverfall des im Depot der S. gehaltenen Aktienbestandes bekannt gewesen sei.

Schadensersatzansprüche der Kläger aus Delikt verneint das Berufungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung, es fehle an einem (aktiven) täterschaftlichen Handeln bzw. einer vorsätzlichen Beteiligung an möglichen Straftaten der Geschäftsführer der S. und - für den Tatbestand des § 826 BGB - an einem Schädigungsvorsatz. Für einen Straftatbestand durch Unterlassen fehle es an einer Verpflichtung zum Handeln. Im Übrigen hätten die Beklagten, soweit eine mögliche Schädigung Dritter durch Genussrechtszeichnung in Betracht gekommen sei, mit der Aufforderung des Beklagten zu 2) an den Geschäftsführer der S., die Zeichnungsinteressenten über die "Schieflage" der Gesellschaft aufzuklären, das ihnen Mögliche getan, um Zeichnungsinteressenten vor Schaden zu bewahren.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH kann in den Schutzbereich des Abschlussprüfvertrages zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem Abschlussprüfer ein Dritter einbezogen sein (BGH v. 2.4.1998 - III ZR 245/96, BGHZ 138, 257 = GmbHR 1998, 600 = MDR 1998, 993 = MDR 1998, 1124 = AG 1998, 424). Das Bestehen und die Reichweite eines etwaigen Drittschutzes sind durch Auslegung des jeweiligen Prüfvertrages zu ermitteln. Allerdings kann, wie der Senat betont hat (BGH v. 2.4.1998 - III ZR 245/96, BGHZ 138, 257 [262]= GmbHR 1998, 600 = MDR 1998, 993 = MDR 1998, 1124 = AG 1998, 424), regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Abschlussprüfer ein so weites Haftungsrisiko zu übernehmen bereit ist, wie es sich aus der Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich ergäbe (vgl. allerdings in Abgrenzung dazu das Urteil des X. Zivilsenats BGH v. 20.4.2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1 [9] = MDR 2004, 1345 = BGHReport 2004, 1480 m. Anm. Grunewald, für den Fall eines Gutachterauftrags zur Wertermittlung eines als Kapitalanlage einer Vielzahl von Anlegern gedachten Grundstücks).

b) Unter diesem Blickwinkel ist die tatrichterliche Auslegung des Berufungsgerichts, angesichts der von vornherein nicht überschaubaren Anzahl von Anlegern mit Genussschein-Verträgen bei der S. seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Beklagte zu 1) bei Vertragsschluss bereit gewesen sei, eine Haftung ggü. den Anlegern zu übernehmen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die von der Revision in diesem Zusammenhang herangezogene Entscheidung des X. Zivilsenats v. 8.6.2004 (BGH v. 8.6.2004 - X ZR 283/02, MDR 2004, 1357 = BGHReport 2004, 1483 = NJW 2004, 3420) betrifft eine nicht vergleichbare Fallkonstellation. Dort war die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Prüfung des gesamten Prospekts beauftragt worden, in dem die Beteiligung an einer konkreten Anlage (Abwasserentsorgungssystem einer Gemeinde) beworben wurde. Vorliegend geht es allein um die Haftung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen eines Fehlverhaltens bei (für das Jahr 1999) oder im Vorfeld (für das Jahr 2000) einer Testaterteilung. Dazu hat der Senat ausgesprochen, dass die in § 323 HGB zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Intention, das Haftungsrisiko des Wirtschaftsprüfers angemessen zu begrenzen, auch im Rahmen der vertraglichen Dritthaftung des Abschlussprüfers zu beachten ist. Zwar hat hier keine Pflichtprüfung, sondern eine freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses der S. stattgefunden. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) laut Bestätigungsvermerk die Prüfung nach den für die Pflichtprüfung maßgeblichen §§ 316, 317 HGB vorgenommen hat. Dies spricht dafür, dass ein Zeichnungsinteressent billigerweise keinen weiter gehenden Drittschutz erwarten konnte, als dieser bei einer Pflichtprüfung gegeben gewesen wäre. Entgegen der Revision ist das Berufungsgericht auch nicht von einem falschen Obersatz - nämlich von dem, bei der Deutung der Willenserklärung des Wirtschaftprüfers bei Abschluss des Prüfvertrages komme es entscheidend auf den "inneren Willen" des Wirtschaftsprüfers an - ausgegangen. Die weiteren Beanstandungen der Revision hierzu beinhalten nur den unzulässigen Versuch, die eigene Auslegung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen.

2. Auch einen Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verneint.

a) Für den Prospektinhalt müssen in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen, einschließlich der sog. "Hintermänner". Darüber hinaus haften auch diejenigen, die auf Grund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder auf Grund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind (BGH v. 12.2.2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110 [115] = MDR 2004, 801 = BGHReport 2004, 655 m. Anm. Rohlfing, m.w.N. aus der Rspr. des BGH). Diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen, sind auch auf den Handel mit Genussrechten der hier in Rede stehenden Art anwendbar (BGH v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 = AG 1994, 32 = MDR 1993, 1068).

b) Vorliegend ist das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagten nicht zu den eigentlichen Prospektherausgebern, sei es auch nur als Hintermänner, gehörten. Danach hat - auch auf der Grundlage des Vortrags der Kläger - die Beklagte zu 1) weder in gewichtiger Weise auf den Inhalt des Gesamtprospekts Einfluss genommen, noch war der Beklagte zu 2) - unbeschadet dessen Mitwirkung in der Sechser-Runde (bestehend aus einem der Geschäftsführer der S. und als Berater hinzugezogenen Personen) - faktischer Geschäftsführer der S. .

Die Revision will dies zwar nicht gelten lassen, durchgreifende Rechtsfehler in der diesbezüglichen Gesamtwürdigung des Berufungsgerichts vermag sie jedoch nicht aufzuzeigen. Das Berufungsgericht hat sich an die nach der Rechtsprechung für die Begründung einer (umfassenden) Prospektverantwortlichkeit geltenden Maßstäbe gehalten. Einen verfehlten rechtlichen Obersatz hat es entgegen der Revision auch nicht im Zusammenhang mit seiner Formulierung, das Mitwirken des Beklagten zu 2) bzw. von anderen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) in der Sechser-Runde habe nicht zu einer "Ersetzung der Geschäftsführer der S. " geführt, angewendet.

Eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten für den hier in Rede stehenden Prospekt der S. als Ganzen scheidet danach aus.

c) Eine Haftung (der Beklagten zu 1)) für den Prospekt könne allerdings, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, im Ansatz insoweit in Betracht kommen als sie durch ihre (fachkundige) Mitwirkung an der Prospektgestaltung - als Wirtschaftsprüfungsunternehmen - nach außen hin als "Garant" in Erscheinung getreten ist (BGH v. 12.2.2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110 [115] = MDR 2004, 801 = BGHReport 2004, 655 m. Anm. Rohlfing, m.w.N.). Diese Einstandspflicht beschränkt sich jedoch auf die ihr selbst zuzurechnenden Prospektaussagen (BGH, Urt. v. 21.11.1983 - II ZR 27/83, MDR 1984, 470 = WM 1984, 19 [20]).

Im Streitfall könnte eine (begrenzte) Prospekthaftung der Beklagten zu 1) als "Garantin" zweierlei bedeuten: Zum einen die Haftung für Fehler in ihren auf bestimmte zeitliche Daten (im Prospekt Januar 2001: 31.12.1999 [Jahresabschlusstestat] und 27.10.2000 [Vorprüfungsvermerk]) bezogenen Erklärungen; zum anderen eine Schadensersatzpflicht in Folge des Unterlassens einer "Aktualisierung" der ihr insgesamt zuzurechnenden Prospekterklärungen trotz nachträglich eingetretener wesentlicher Veränderungen der Umstände, die für die Entschließung der mit dem Prospekt angesprochenen Anlageinteressenten von Bedeutung waren (zur Aktualisierungspflicht der Prospektverantwortlichen allgemein vgl. BGH v. 24.4.1978 - II ZR 172/76, BGHZ 71, 284 [291]; v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 [110] = AG 1994, 32 = MDR 1993, 1068; Urt. v. 15.12.2003 - II ZR 244/01, MDR 2004, 457 = BGHReport 2004, 514 = WM 2004, 379 [381]; v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225 [232] = MDR 1998, 1234 = AG 1998, 520; Assmann, FS für Peter Ulmer, 2003, S. 757, 760 ff.).

Unter beiden Gesichtspunkten scheidet hier im Ergebnis eine prospekthaftungsrechtliche Verantwortlichkeit der beiden Beklagten - des Beklagten zu 2) schon deshalb, weil er keine eigene Prospekterklärungen, sondern nur Prüfertestate im Namen der Beklagten zu 1 abgegeben hat - ggü. den Klägern aus.

aa) (1) Es ist zweifelhaft, ob eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nach Prospekthaftungsgrundsätzen aus dem ersteren Tatbestand mit der vom Berufungsgericht gegebenen (Haupt-)Begründung verneint werden kann, es fehle mangels Fortwirkung der durch die Prospekte erzeugten "Anlagestimmung" bis zu den Anlageentscheidungen der Kläger an einem Ursachenzusammenhang zwischen den von den Klägern behaupteten - vom Berufungsgericht zunächst unterstellten - Unrichtigkeiten in den veröffentlichten Wirtschaftsprüfertestaten und dem durch den Erwerb der Genussrechte der S. entstandenen Schaden der Kläger. Die vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 19.7.2004 - II ZR 218/03, AG 2004, 543 = BGHReport 2004, 1489 m. Anm. Terlau = NJW 2004, 2664: ad hoc-Mitteilungen, insb. S. 2666 f. mit dem Hinweis auf BGH v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225 [233] = MDR 1998, 1234 = AG 1998, 520) betrifft in erster Linie die Frage der Anwendbarkeit der Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Vorliegen einer Anlagestimmung im Zusammenhang mit der Emission von (kursabhängigen) Wertpapieren. Um den Kauf solcher Papiere handelte es sich bei dem Erwerb von Genussrechten der S. nicht. Die Einkünfte, an denen die Genussrechtsinhaber beteiligt wurden, hingen nur mittelbar vom Kurswert der einzelnen Aktien ab, die die S. jeweils im Depot hatte. Ein weiteres Bedenken liegt darin, dass im Streitfall der Erwerb der Genussrechte der S. durch die Kläger über einen Vermittler anhand des Prospekts erfolgte. Daraus dürfte sich die tatsächliche Vermutung ergeben, dass es den Klägern auf die Richtigkeit aller wesentlichen Aussagen in dem bei den Vertragsverhandlungen verwendeten Prospekt ankam. Dass die Erklärungen der Beklagten zu 1) im Prospekt wegen ihres Bezugs auf einen "überholten" Stichtag für die Kläger zum Zeitpunkt ihres Erwerbs völlig bedeutungslos gewesen wären, wie die Revisionserwiderung meint, lässt sich nicht sagen. Die Revision rügt auch mit Recht, dass das Berufungsgericht sich nicht mit dem Vortrag der Kläger auseinander gesetzt hat, sie hätten die Genussrechte im Vertrauen auf die Angaben in dem Genussrechtsprospekt erworben.

(2) Dieser Begründungspunkt braucht indessen nicht abschließend beurteilt zu werden. Auf die Erwägungen des Berufungsgerichts über die (fehlende) Kausalität kommt es nicht an, denn das Berufungsgericht hat in seinem Urteil, wenn auch in anderem rechtlichen Zusammenhang (bei der Prüfung deliktischer Schadensersatzansprüche) - und nur als Hilfserwägung (im Konjunktiv) - festgestellt, dass die Erteilung des uneingeschränkten Bestätigungsvermerks für den Jahresabschluss zum 31.12.1999 und der Vorprüfungsvermerk für das Rumpfjahr 2000 als solche nicht falsch waren. Hiervon ist im Revisionsverfahren auszugehen. Die Revision vertritt zwar den gegenteiligen Standpunkt. Eine nähere, Rechtsfehler in der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts aufzeigende, Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil fehlt aber, bis auf die Verfahrensrüge (Verstoß gegen § 138 ZPO) dagegen, dass das Berufungsgericht den Klägern vorgehalten hat, sie hätten zu dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P. zur Werthaltigkeit der GmbH-Anteile substantiiert Stellung nehmen müssen. Diese Verfahrensrüge hat der Senat geprüft. Er hält sie für nicht durchgreifend; von einer Begründung wird gem. § 564 ZPO Abstand genommen.

bb) Der Senat tritt dem Berufungsgericht auch bei, soweit es im Streitfall eine "Aktualisierungspflicht" der beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Hinblick auf den in ihrem Einverständnis im Prospekt veröffentlichten Prüfervermerk mit "Postskriptum" selbst für den Fall abgelehnt hat, dass dem Beklagten zu 2) nach der Prospektherausgabe der Wertverfall des im Depot der S. gehaltenen Aktienbestandes bekannt geworden ist. Es kann daher offen bleiben, auf welche (zumutbare) Art und Weise die Beklagte zu 1) einer solchen Verpflichtung hätte nachkommen können und müssen.

(1) Anders als etwa in den Fällen, in denen der Wirtschaftsprüfer die Prüfung des gesamten Prospekts der Kapitalanlage übernommen hatte und der betreffende Prüfbericht in den Prospekt aufgenommen worden war (BGH, Urt. v. 8.6.2004 - X ZR 283/02, MDR 2004, 1357 = BGHReport 2004, 1483 = NJW 2004, 3420), oder er als im Prospekt vorgesehener Mittelverwendungstreuhänder im Rahmen eines Kapitalanlagemodells die Ordnungsmäßigkeit des Mittelzuflusses und der Mittelverwendung geprüft hatte (BGH v. 26.9.2000 - X ZR 94/98, BGHZ 145, 187 [197 f.] = AG 2001, 129), war die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft allein durch ihre in den Prospekten der S. vom Januar 2000 und Februar 2001 veröffentlichten Bestätigungsvermerke über die Prüfung der Jahresabschlüsse der S. für 1998 bzw. 1999 noch nicht dergestalt als Kontrollorgan in das Kapitalanlagesystem als solches eingebunden, dass es gerechtfertigt wäre, sie einer prospektmäßigen Vertrauenshaftung hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens in der Folgezeit zu unterwerfen.

Die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts von Kapitalgesellschaften durch einen Abschlussprüfer (vgl. § 316 ff. HGB), die bei kleinen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) freiwillig erfolgen kann, ist keine umfassende Rechts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern nur eine Rechnungslegungsprüfung (BGHZ 16, 17 [23]; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 31. Aufl., § 317 Rz. 5). Sie hat allerdings zum Ziel, dass Unrichtigkeiten und Rechtsverstöße, die sich auf die Darstellung des Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft (§ 264 Abs. 2 S. 1 HGB) wesentlich auswirken, bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden (Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 31. Aufl., § 317 Rz. 3). Unter diesem Blickwinkel kann die Prüfung auch die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage durch die Unternehmensführung betreffen, wie insb. aus der gesetzlichen Regelung über den Prüfbericht, soweit er den Lagebericht des Unternehmens betrifft, deutlich wird (§ 321 Abs. 1 S. 2 HGB): Danach ist in dem Bericht vorweg zu der Beurteilung der Lage des Unternehmens durch die gesetzlichen Vertreter Stellung zu nehmen, wobei insb. auf die Beurteilung des Fortbestandes und der künftigen Entwicklung des Unternehmens unter Berücksichtigung des Lageberichts einzugehen ist, soweit die geprüften Unterlagen und der Lagebericht eine solche Beurteilung erlauben. Wenn damit der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers i.V.m. dem Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) und dem Lagebericht des Unternehmens eine wichtige Informationsquelle für den Markt - insb. auch für Kapitalanlageinteressenten - über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens darstellt, so ist er doch, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, in seiner Reichweite begrenzt, weil er auf einen bestimmten Stichtag (des Jahresabschlusses) bezogen ist (im Prospekt vom Februar 2000: auf den 31.12.1998; im Prospekt vom Januar 2001: auf den 31.12.1999). Vertrauensbegründende Aussagen über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Zukunft kann der Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers - für den durchschnittlichen Anlageinteressen erkennbar - nicht enthalten.

(2) Auch der Umstand, dass im Streitfall die Aufnahme des Wirtschaftsprüfervermerks in den Verkaufsprospekt der S. im Einverständnis der Beklagten zu 1) erfolgt ist - und zwar ergänzt um einen Zusatzvermerk (im Prospekt vom Januar 2001: v. 27.10.2000), dass im Rahmen der zur Zeit durchgeführten Vorprüfung zur Jahresabschlussprüfung auf das Ende des nächsten Jahres keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung von Buchführung und Jahresabschluss bekannt geworden seien -, vermag entgegen der Auffassung der Revision keine weiter gehende prospekthaftungsrechtliche Einstandspflicht der Beklagten zu 1) für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der S. jedenfalls über das Datum dieses Zusatzes hinaus zu begründen.

Es ist zwar nicht zu übersehen, dass der Abdruck des Bestätigungsvermerks einschließlich des "Postskriptums" im Verkaufsprospekt, insb. auch nach der gesamten äußeren Form, nicht dazu dienen sollte, Publizitätspflichten des Unternehmens zu erfüllen, sondern darauf ausgerichtet war, werbend Einfluss auf die Anlageentscheidung von Anlageinteressenten zu nehmen. Das ändert aber nichts daran, dass die (werbend herausgestellten) Aussagen der Beklagten zu 1) als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft inhaltlich (zeitlich) so begrenzt waren, dass sie kein Vertrauen in die zukünftige Vermögenssituation der S. begründen konnten. Einem durchschnittlichen Anlageinteressent, dem der im Januar 2001 herausgebrachte Prospekt der S. in der Folgezeit vorgelegt wurde, musste klar sein, dass der unter dem 27.10.2000 abgegebene Bestätigungsvermerk über 2001 nichts aussagen konnte. Entgegen der Rüge der Revision ist eine über diesen, vom Berufungsgericht herausgestellten Befund hinausgehende "Gesamtaussage der Testate" nicht ersichtlich.

III.

Auch die Verneinung von Schadensersatzansprüchen der Kläger gegen den Beklagten zu 2) hat Bestand.

1. Ansprüche aus Prospekthaftung - wie gegen die Beklagte zu 1) - scheiden bereits deshalb aus, weil der Beklagte zu 2) eigene Prospekterklärungen nicht abgegeben hat. Soweit er als Prüfer Wirtschaftsprüfungstestate gegeben hat, geschah dies im Namen der Beklagten zu 1).

2. Schadensersatzansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu 2) aus unerlaubter Handlung scheitern nach der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts jedenfalls daran, dass der Beklagte zu 2) keine - jedenfalls nicht nachweislich vorsätzlich - strafbaren Handlungen begangen hat. Ebenso hat der Tatrichter keinen für den Tatbestand des § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) erforderlichen Schädigungsvorsatz festzustellen vermocht. Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung für eine Berufs- und Expertenhaftung nach § 826 BGB bereits ein leichtfertiges - vor allem grob fahrlässiges und gewissenloses Verhalten - den Sittenverstoß begründen könne, fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten für die Bewertung des Verhaltens des Beklagten zu 2) als gewissenlos.

 

Fundstellen

BB 2006, 770

DB 2006, 385

DStZ 2006, 387

WPg 2006, 298

NWB 2006, 1662

BGHR 2006, 498

NJW-RR 2006, 611

NZG 2006, 862

WM 2006, 423

WuB 2006, 221

WuB 2006, 237

ZIP 2006, 854

AG 2006, 197

MDR 2006, 736

NWB direkt 2006, 10

ZBB 2006, 150

Konzern 2006, 199

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