Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbringung eines Nutzungsrechts als Sacheinlage

 

Leitsatz (amtlich)

a) Sacheinlagen können im GmbH-Recht - nicht anders als im Aktienrecht (vgl. § 27 Abs. 2 AktG) - nur Vermögensgegenstände sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist.

b) Obligatorische Nutzungsrechte haben jedenfalls dann einen i.S.d. Sacheinlagefähigkeit feststellbaren wirtschaftlichen Wert, wenn ihre Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit oder als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (BGH v. 15.5.2000 - II ZR 359/98, BGHZ 144, 290 = GmbHR 2000, 870 = AG 2000, 475). Der Zeitwert eines solchen Nutzungsrechts errechnet sich aus dem für die Dauer des Rechts kapitalisierten Nutzungswert.

 

Normenkette

GmbHG § 5 Abs. 4, § 56; AktG § 27 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 14.11.2001; Aktenzeichen 7 U 3430/01)

LG München I (Urteil vom 23.03.2001; Aktenzeichen 3 HKO 22454/00)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG München v. 14.11.2001 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG München I, 3. Kammer für Handelssachen, v. 23.3.2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt auf Grund einer vom Zentralfinanzamt M. am 29.4.1999 wegen einer Steuerforderung i.H.v. 259.185,61 DM gegen die E. B. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung den Beklagten als deren Gesellschafter auf Einzahlung der Stammeinlage aus einer Kapitalerhöhung in Anspruch.

Die - im Frühjahr 1998 in die masselose Insolvenz geratene - Schuldnerin wurde im Jahre 1983 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM zu gleichen Teilen von dem Beklagten und seinem Bruder K. B. gegründet und in das Handelsregister des AG M. eingetragen; beide Gesellschafter waren seitdem zugleich alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Die Schuldnerin pachtete am 13.2.1986 das bebaute Grundstück P.straße 42 in M. von den Grundstückseigentümern zu einem - indexierten - monatlichen Pachtzins von 15.000,00 DM; der Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis zum 31.12.1996 und enthielt eine 10-jährige Verlängerungsoption für die Pächterin zu gleichen Bedingungen. Auf dem ihm nicht gehörenden Grundstück hatte der Vater der beiden Gesellschafter zuvor auf seine Kosten eine Möbelverkaufshalle errichtet und alle daraus ableitbaren Ansprüche an seine Söhne abgetreten. Im Auftrag der Schuldnerin ermittelte das Ingenieurbüro F. mit Gutachten v. 18.7.1989 für das anteilige Nutzungsrecht an dieser Verkaufshalle ("Halle 2") auf der Grundlage des von ihm als günstig bezeichneten Pachtvertrages einen über den vereinbarten Pachtanteil hinaus erzielbaren Ertragswert von 600.000 DM und einen Verkehrswert von 625.000 DM. Durch Vereinbarung v. 7.8.1989 wurde der Pachtvertrag mit sofortiger Wirkung im Verhältnis zur Schuldnerin beendet und gleichzeitig zu denselben Bedingungen mit dem Beklagten abgeschlossen und fortgesetzt. Der Beklagte schloss seinerseits am 8.8.1989 mit der Schuldnerin einen Unterpachtvertrag über das Grundstück zu denselben Konditionen, zu denen er es von den Grundstückseigentümern gepachtet hatte.

Am 27.4.1990 beschlossen der Beklagte und sein Bruder, das Stammkapital der Schuldnerin von 50.000 auf 600.000 DM durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile von je 275.000 DM zu erhöhen, die sie anteilig übernahmen. Dabei wurde u.a. Folgendes bestimmt:

"Die Stammeinlage wird erbracht durch die Unterverpachtung gemäß Vertrag v. 8.8.1989. Kopien des Vertrages, einschließlich des Hauptpachtvertrages werden heute dem Notar übergeben und sind dieser Niederschrift als Beilage beigefügt. Die Sacheinlage bezieht sich jeweils auf die beiden Geschäftsanteile zu je 275.000 DM je in ihrem vollen Betrag."

Die Kapitalerhöhung wurde in das Handelsregister eingetragen.

Nachdem die Schuldnerin bereits Ende 1997 mit einem Räumungsverkauf ihr Geschäft aufgegeben hatte, wurde der Unterpachtvertrag zwischen ihr und dem Beklagten mit Wirkung zum 31.3.1998 aufgehoben; danach übernahm die C. Handels GmbH die Betriebsräume der Schuldnerin.

Das LG hat die in Höhe der noch offenen Steuerforderung von 241.587,46 DM erhobene Klage wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des LG (§§ 564, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).

I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dem Kläger stehe auf Grund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung v. 29.4.1999 im Umfang der gegen die Schuldnerin noch bestehenden Steuerforderung ein - übergegangener - Anspruch gegen den Beklagten auf Einzahlung der noch nicht erbrachten anteiligen Stammeinlage aus der Kapitalerhöhung v. 27.4.1990 zu, weil die als Sacheinlage übernommene Einbringung des mit der Schuldnerin geschlossenen Unterpachtvertrages v. 8.8.1989 als völlig wertlose und daher zur Tilgung der Einlageschuld ungeeignete Scheineinlage anzusehen sei. Eine Scheineinlage liege auch dann vor, wenn das durch den Unterpachtvertrag vermittelte Nutzungsrecht nach dem vom Beklagten vorgelegten Gutachten des Ingenieurbüros F. einen den Wert des vereinbarten Pachtzinses um 600.000 DM übersteigenden wirtschaftlichen Wert gehabt haben sollte. Denn der Beklagte habe der Schuldnerin durch den Aufhebungsvertrag v. 7.8.1989 den bereits in ihrem Vermögen befindlichen Nutzungswert genommen und ihn einen Tag später durch den Abschluss des Unterpachtvertrages wieder zugeführt. Auch wenn er dabei im Einverständnis mit seinem Mitgesellschafter gehandelt habe, stelle die "Einverleibung" dieses Vermögenswertes in das eigene Vermögen ohne adäquate Gegenleistung eine Treuepflichtverletzung gegenüber der Schuldnerin dar. Daher sei bei der gebotenen Gesamtbewertung der Vorgänge das Vermögen der Schuldnerin wertgleich geblieben. Bei der hier anzunehmenden Scheineinlage bestehe nicht lediglich ein - nach § 9 Abs. 2 GmbHG verjährter - Differenzhaftungsanspruch, sondern ein unverjährter originärer Bareinlageanspruch gegen den Beklagten.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II. Die anlässlich der Kapitalerhöhung v. 27.4.1990 getroffene Sacheinlagevereinbarung ist nicht auf Grund von Mängeln, die aus der Art des Einlagegegenstandes oder ihres Vollzuges abzuleiten wären, nichtig mit der Rechtsfolge, dass die Schuldnerin gegen den Beklagten noch einen - unverjährten - Anspruch auf Erfüllung einer "wiederaufgelebten" primären Bareinlageverbindlichkeit hätte.

Das vom Beklagten im Zuge der Kapitalerhöhung in Form des Unterpachtvertrages v. 8.8.1989 in die GmbH eingebrachte obligatorische Nutzungsrecht an dem Betriebsgrundstück P.straße 42 in M. war jedenfalls bei einem - vom Berufungsgericht unterstellten und daher für die Revisionsinstanz zu Grunde zu legenden - marktüblichen Wert von 600.000 DM über dem kapitalisierten vereinbarten Pachtzins sacheinlagefähig und stellte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine Scheineinlage dar.

1. Nach § 27 Abs. 2 AktG können Sacheinlagen nur Vermögensgegenstände sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist; da es sich um eine Kodifizierung der im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht allgemein anerkannten Grundsätze über Sacheinlagen handelt, ist diese Inhaltsbestimmung entsprechend auf das GmbH-Recht übertragbar (h.M.: vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 5 Rz. 30; vgl. auch amtl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 8/1678, 12). Obligatorische Nutzungsrechte haben - wie der Senat bereits für das Aktienrecht entschieden hat - jedenfalls dann einen i.S.d. Einlagefähigkeit feststellbaren wirtschaftlichen Wert, wenn ihre Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit oder als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (vgl. BGH v. 15.5.2000 - II ZR 359/98, BGHZ 144, 290 [294] = GmbHR 2000, 870 = AG 2000, 475 - zu § 27 Abs. 2 AktG m.w.N.); der Zeitwert eines solchen Nutzungsrechts errechnet sich aus dem für die Dauer des Rechts kapitalisierten Nutzungswert.

Nach diesen auch für das GmbH-Recht gültigen Maßstäben kann die Sacheinlagefähigkeit des im vorliegenden Fall der Schuldnerin vom Beklagten eingeräumten obligatorischen Nutzungsrechts in Gestalt des Unterpachtvertrages an dem Betriebsgrundstück nicht zweifelhaft sein. Zwar besteht hier die Besonderheit, dass die im Unterpachtvertrag vereinbarte Gegenleistung in Form des laufenden Pachtzinses von 15.000 DM monatlich nicht vom Beklagten als Einleger, sondern (weiterhin) von der Schuldnerin aufzubringen war. Gleichwohl verblieb für die Gesellschaft ein wirtschaftlicher Vorteil in dem Umfang, in dem der kapitalisierte marktübliche Nutzungswert den auf Basis des vereinbarten Pachtzinses ermittelten konkreten Pachtwert überstieg. Dieser - im Gutachten F. mit 600.000 DM bewertete - wirtschaftliche Mehrwert war sacheinlagefähig und sollte bei objektiver Auslegung der Sacheinlagevereinbarung v. 27.4.1990 auch durch die "aufschlagfreie" Unterverpachtung als Sacheinlage in die Schuldnerin eingebracht werden (vgl. zu einer derartigen Konstellation allgemein auch Röhricht in Großkomm. z. AktG, 4. Aufl., § 27 Rz. 53, 57).

2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Einbringung des Unterpachtvertrages handele es sich um eine (unwirksame) Scheineinlage, weil der Beklagte zunächst infolge der Kündigung des ursprünglichen Pachtvertrages mit den Grundstückseigentümern das Nutzungsrecht aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen habe, um es sogleich am folgenden Tage - wertgleich - wiedereinzulegen. Zwar ist nach der rechtlichen Umstrukturierung des Pachtverhältnisses der effektiv von der Schuldnerin aufzuwendende Pachtzins mit 15.000 DM monatlich wegen des Gleichklangs der Nutzungsverträge in den unveränderten Vertragsregelungen im wirtschaftlichen Ergebnis gleich geblieben. Gleichwohl handelt es sich im vorliegenden Fall nicht - was dem Berufungsgericht vorgeschwebt haben mag - um eine dem unzulässigen Hin- und Herzahlen oder dem Ausschüttungs-Rückhol-Verfahren bei der Bareinlage vergleichbaren verdeckten Umgehungsvorgang der Einlagenaufbringung (BGH v. 18.2.1991 - II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 = AG 1991, 230 = MDR 1991, 606 = GmbHR 1991, 255; v. 26.5.1997 - II ZR 69/96, BGHZ 135, 381 = GmbHR 1997, 788). Der Beklagte und sein Bruder haben vielmehr den gebotenen Weg der Sachkapitalerhöhung gewählt, bei dem nicht nur die gesamte Umstrukturierung des Pachtverhältnisses durch die Inbezugnahme und Beifügung auch des mit dem Änderungszusatz versehenen Hauptpachtvertrages offen gelegt, sondern auch dem Registergericht im Eintragungsverfahren eine Werthaltigkeitskontrolle ermöglicht wurde (vgl. §§ 56, 57a, 9c GmbHG); dass hier offenbar das Registergericht keinen Anlass zu einer besonderen Werthaltigkeitskontrolle gesehen hat, ist dem Beklagten nicht anzulasten. Der im Einvernehmen mit seinem Bruder handelnde Beklagte war auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht verpflichtet, der Beklagten das zunächst unmittelbar von den Grundstückseigentümern abgeleitete Nutzungsrecht an dem Grundstück in vollem Umfang zu den bisherigen, deutlich unter dem marktüblichen Wert liegenden Bedingungen zu belassen. Vielmehr blieb es den Gesellschaftern unbenommen, nach freiem kaufmännischen Ermessen zu ihren Gunsten über solche Vermögensteile der Schuldnerin zu verfügen, die nicht den Bindungen des § 30 Abs. 1 GmbHG (BGHZ 76, 327 [333]) oder weiter gehend dem Verbot des existenzvernichtenden Eingriffs unterlagen. So lag es hier bezüglich des den vereinbarten Pachtwert um 600.000,00 DM übersteigenden Mehrwertes des Nutzungsrechts. Diesen Mehrwert hat sich der Beklagte mit Zustimmung des Mitgesellschafters durch die Neukonstruktion der Pachtverhältnisse in zulässiger Weise "einverleibt" und ihn dann im Wege der aufschlagfreien Unterverpachtung aus seinem Vermögen der Schuldnerin wieder zugeführt, um ihn auf diesem Wege durch die spätere Einbringung als Sacheinlage bei der Kapitalerhöhung zu seinen und seines Bruders Gunsten nutzbar zu machen. Dass dabei die durch die Kapitalerhaltungsvorschriften und das Verbot des existenzvernichtenden Eingriffs gezogenen Grenzen nicht eingehalten worden wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und scheidet auch deshalb aus, weil der Gesamtvorgang im Ergebnis nicht darauf angelegt war, der Gesellschaft einen Vermögenswert zu entziehen, sondern es lediglich darum ging, ihn als Bestandteil ihres Stammkapitals zu binden.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen, die der Kläger mit der Revisionserwiderung im Wege der Gegenrüge geltend macht, als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).

1. Die am 27.4.1990 beschlossene Stammkapitalerhöhung gegen Sacheinlagen ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht wegen Fehlens eines Sacheinlageberichts unwirksam.

Ob bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen überhaupt ein Sachkapitalerhöhungsbericht im Rahmen des Eintragungsverfahrens vorgelegt werden muss, erscheint zweifelhaft, weil das Gesetz einen solchen mangels Verweisung auf § 5 Abs. 4 GmbHG in den einschlägigen Vorschriften der § 56 ff. GmbHG nicht verlangt und ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen fern liegt (h.M., vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 56 Rz. 49; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 56 Rz. 11m.u.N. zum Meinungsstand). Letztlich kann dies jedoch offen bleiben. Denn selbst wenn eine solche Pflicht zur Vorlage eines Sachkapitalerhöhungsberichts grundsätzlich zu bejahen wäre, so würde dessen Fehlen nach erfolgter Eintragung keine materiellrechtlichen Folgen in Bezug auf die Sacheinlagevereinbarung oder gar die gesamte Kapitalerhöhung zeitigen, insb. nicht zu deren Unwirksamkeit führen (vgl. Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 5 Rz. 54; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 5 Rz. 142).

2. Der Wirksamkeit der am 27.4.1990 beschlossenen Einbringung des Nutzungsrechts als Sacheinlage steht auch nicht entgegen, dass der Abschluss des Unterpachtvertrages bereits am 8.8.1989 - also geraume Zeit vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss - erfolgte. Wie der Senat schon entschieden hat, können Gegenstände und Sachwerte, deren Besitz einer GmbH bereits vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss überlassen worden ist, jedenfalls dann als Sacheinlage mit schuldtilgender Wirkung eingebracht werden, wenn sie zumindest im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses noch gegenständlich im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind (BGH v. 18.9.2000 - II ZR 365/98, BGHZ 145, 150 [154] = GmbHR 2000, 1198; im Anschluss an BGHZ 51, 157; vgl. auch für die Bareinlage: BGH, Urt. v. 15.3.2004 - II ZR 210/01, BGHReport 2004, 953 = MDR 2004, 694 = GmbHR 2004, 736 = ZIP 2004, 849). So lag es hier. Das bereits im August 1989 durch Abschluss des Unterpachtvertrages der Schuldnerin vom Beklagten zugewendete obligatorische Nutzungsrecht bestand im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses fort und konnte daher - mangels vorheriger Leistungsbestimmung - noch zum Gegenstand der Sacheinlage im Umfang des Mehrwertes ("aufschlagfreie" Unterverpachtung) gewidmet werden (vgl. BGHZ 51, 157 [162]; Scholz/Priester, GmbHG, 9. Aufl., § 56a Rz. 33; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 56a Rz. 26). Soweit auf Grund des kurzen Zeitraums zwischen Abschluss des Unterpachtvertrages und Kapitalerhöhungsbeschluss eine allenfalls geringfügige Minderung des eingebrachten Mehrwerts des Nutzungsrechts eingetreten sein sollte, würde dies - entgegen der Ansicht des Klägers - die Tilgungswirkung der Voreinbringung nicht vollständig beseitigen, sondern allenfalls in Höhe des - angesichts der langen Gesamtlaufzeit geringen - Fehlbetrages zu einer (verjährten) Differenzhaftung des Beklagten führen.

IV. Auf Grund der rechtsfehlerhaften Bewertung der vom Beklagten erbrachten Sacheinlage durch das Berufungsgericht unterliegt dessen Urteil der Aufhebung (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Eine Zurückverweisung kommt nicht in Betracht, weil der Senat wegen Endentscheidungsreife in Bezug auf den festgestellten Sachverhalt in der Sache selbst zu entscheiden hat (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).

Danach steht bereits jetzt fest, dass dem Kläger - selbst unter Berücksichtigung der für ihn günstigsten Sachverhaltskonstellation - aus der Kapitalerhöhung v. 27.4.1990 ein von der Schuldnerin abgeleiteter unverjährter primärer Bareinlageanspruch wegen Unwirksamkeit der Sacheinlagevereinbarung gegen den Beklagten nicht zusteht; ein allenfalls in Betracht kommender Differenzhaftungsanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten ist verjährt (§§ 56 Abs. 2, 9 Abs. 2 GmbHG).

1. Zwar hat das Berufungsgericht den vom Beklagten vorgetragenen Mehrwert des eingebrachten obligatorischen Nutzungsrechts von 600.000 DM entsprechend dem Privatgutachten F. nur zu dessen Gunsten unterstellt. Gleichwohl bedarf es vor einer - die Klage abweisenden - Endentscheidung keiner weiteren tatrichterlichen Aufklärung über den genauen Wert dieser Sacheinlage. Selbst wenn man - nunmehr zu Gunsten des Klägers - unterstellt, dass das Nutzungsrecht hinsichtlich der Halle 2 im Gutachten F. krass überbewertet wurde, so hätte eine solche nachträglich offenbar gewordene Überbewertung der Sacheinlage nicht zur Unwirksamkeit der Sacheinlageverbindlichkeit, sondern nur zu einer - allerdings verjährten - Differenzhaftung des Beklagten nach § 9 GmbHG führen können (vgl. BTDrucks. 8/1347, 35; vgl. auch inzidenter: BGH, Urt. v. 12.10.1999 - II ZR 164/97, GmbHR 1999, 232 = ZIP 1999, 84).

2. Einer Endentscheidung des Senats entgegenstehendes relevantes neues Tatsachenvorbringen ist auch nicht insoweit zu erwarten, als es um die Sacheinlagefähigkeit des eingebrachten Nutzungsrechts selbst geht. Sogar eine gravierende gutachterliche Fehlbewertung des Nutzungsrechts im Hinblick auf die preisbildenden Faktoren - wie sie vorstehend entsprechend dem Vortrag des Klägers zu dessen Gunsten unterstellt wurde - ändert an der grundsätzlichen Feststellbarkeit des wirtschaftlichen Wertes i.S.d. Sacheinlagefähigkeit nichts, da nach den nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts zu den Pachtbedingungen die Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit bzw. als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (BGH v. 15.5.2000 - II ZR 359/98, BGHZ 144, 290 [294] = GmbHR 2000, 870 = AG 2000, 475). Allenfalls könnten Bedenken gegen die Einlagefähigkeit des Nutzungsrechts bestehen, wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass dieses Recht auf der Grundlage des Unterpachtvertrages trotz dessen allgemeiner langer Laufzeit der Schuldnerin nur für die Dauer der Gesellschaftszugehörigkeit des Beklagten überlassen sein sollte (vgl. zu einer solchen Situation: Brandes, ZGR 1989, 244 [247]; Bork, ZGR 1990, 205 [212 ff.]). Da indessen dem Beklagten nach dem Gesellschaftsvertrag kein jederzeitiges, sondern nur ein mit einer Frist von neun Monaten zum Ablauf eines Geschäftsjahres auszuübendes ordentliches Kündigungsrecht zustand, konnte die Mitgliedschaft grundsätzlich nicht vor Ablauf dieser Mindestfrist gelöst werden. Auch in diesem Fall wäre aber die Sacheinlagefähigkeit des Nutzungsrechts zu bejahen, weil die Mindestdauer der Mitgliedschaft zugleich als Mindestdauer der Überlassung des Nutzungsrechts zu werten ist und insofern ein wirtschaftlicher Wert - wenngleich unter erheblichen Risikoabschlägen - grundsätzlich feststellbar ist (vgl. dazu: Röhricht in Großkomm. z. AktG, 4. Aufl., § 27 Rz. 65; Bork, ZGR 1990, 205 [234]). Selbst unter diesen besonderen Umständen käme also eine Unwirksamkeit der Sacheinlagevereinbarung nicht in Betracht; vielmehr bewendete es nach der unbeanstandet erfolgten Eintragung der Kapitalerhöhung bei einem Differenzhaftungsanspruch gem. § 9 Abs. 1 GmbHG, der hier jedoch in jedem Fall verjährt ist (§ 9 Abs. 2 GmbHG).

 

Fundstellen

BB 2004, 1925

DB 2004, 1985

DStR 2004, 1662

DStZ 2004, 695

WPg 2004, 1091

NWB 2004, 3194

BBK 2004, 1112

NJW-RR 2004, 1341

DNotI-Report 2004, 154

NZG 2004, 910

StuB 2004, 1039

WM 2004, 1778

WuB 2004, 939

ZAP 2004, 1339

ZIP 2004, 1642

AG 2004, 548

DNotZ 2005, 62

MDR 2004, 1245

Rpfleger 2004, 631

GmbHR 2004, 1219

NotBZ 2004, 343

LMK 2004, 210

SJ 2004, 37

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