LfSt Bayern, 28.1.2011, S 2137.1.1 - 5/17 St 32

Der BFH hat in seinem Urteil vom 30.1.2002 (BStBl 2003 II S. 279) entschieden, dass für die Verpflichtung, Pensionären und aktiven Mitarbeitern während der Zeit ihres Ruhestandes in Krankheitsfällen, Geburtsfällen und Todesfällen Beihilfe zu gewähren, eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeit zu passivieren ist. Die Erörterung auf Bund-Länder-Ebene hat ergeben, dass die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen für diese Verpflichtung auch dann noch vorliegen, wenn eine sog. Beihilfeversicherung abgeschlossen wird.

Rückstellungsbildung

Auch bei Abschluss einer Beihilfeversicherung, die gegen laufend zu zahlende individuelle Monatsbeiträge die Krankheitskosten übernimmt, ist aus Sicht des Bilanzstichtags eine Inanspruchnahme des Verpflichteten wahrscheinlich.

Die Verpflichtung zur Zahlung der Beihilfe in der Ruhestandszeit ist durch den aktiven Dienst in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht. Durch den Abschluss einer Beihilfeversicherung werden die Verpflichtungen gegenüber den Beihilfeberechtigten nicht berührt. Der Arbeitgeber wird deshalb mit Sicherheit in Anspruch genommen. Der Sachverhalt ist nicht mit dem System der umlagefinanzierten Versorgungskasse (BFH-Urteile vom 5.4.2006, BStBl 2006 II S. 688, und vom 8.10.2008, BStBl 2010 II S. 186) identisch und auch nicht vergleichbar, da es sich bei der Beihilfeversicherung um ein zweiseitiges (Versicherungs-) Vertragsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Versicherungsunternehmen handelt und keine Solidargemeinschaft vorliegt.

Die Versicherungsbeiträge für einen bestimmten Zeitraum begründen keine Ansprüche auf nach Ablauf des Versicherungszeitraums entstehende Beihilfeaufwendungen und führen auch zu keiner Kapitalbildung. Die Erstattung künftiger Krankheitskosten setzt künftige Versicherungsbeiträge voraus. Mit letzteren muss sich der Arbeitgeber also die Erstattung künftiger Krankheitskosten erst erkaufen. Künftige Vorteile im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sind daher nicht gegeben.

Höhe der Rückstellung

Zurückzustellen sind – entsprechend der wirtschaftlichen Verursachung während der aktiven Zeit – die voraussichtlich zu tragenden Krankheitskosten, nicht dagegen künftige Versicherungsbeiträge.

Bilanzberichtigung

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine Berichtigung der Bilanz zulässig, soweit die Bilanz nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den einkommensteuerbilanziellen Vorschriften entspricht und deshalb fehlerhaft ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Bilanzansatz nur dann fehlerhaft, wenn der Steuerpflichtige den objektiv gegebenen Rechtsverstoß nach den Erkenntnismöglichkeiten eines ordentlichen Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung – bezogen auf die am Bilanzstichtag bestehenden Verhältnisse – erkennen konnte. Dieser subjektive Fehlerbegriff gilt nach bisheriger Rechtsprechung nicht nur für Tatsachenerkenntnisse, sondern auch für die Beurteilung der rechtlichen Verhältnisse. Zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung war die Nichtbilanzierung der Rückstellung subjektiv richtig, daher ist eine Berichtigung des Bilanzansatzes nicht möglich. Aufgrund des Vorlagebeschlusses des I. Senats vom 7.4.2010 (I R 77/08, BStBl 2010 II S. 739) wird der Große Senat des BFH zu klären haben, ob sich der subjektive Fehlerbegriff auch weiterhin auf die Beurteilung bilanzrechtlicher Rechtsfragen erstreckt.

Bilanzänderung

Eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist unter den dort genannten Voraussetzungen möglich.

Noch offen gehaltene Fälle können nun im Sinne des Ergebnisses abgeschlossen werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 2

EStG § 5

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